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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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begrenzten Straße, so typisch für die Florentiner Landschaft. Die beiden Autos passten nur um Zentimeter aneinander vorbei, deshalb konnte das Pärchen den Insassen des anderen Wagens deutlich erkennen. Der Mann, berichteten die beiden der Polizei, sei so nervös gewesen, dass sein Gesicht vor Angst verzerrt gewesen sei. Sie beschrieben ihn auch einem Phantomzeichner, der das Porträt eines hart wirkenden Mannes mit groben Gesichtszügen erstellte. Eine tief zerfurchte Stirn lag über einem seltsamen Gesicht mit großen, hasserfüllten Augen, einer Hakennase und einem Mund so dünn und schmallippig wie eine Schnittwunde.
    Doch aus Angst vor der Hysterie, die in Florenz ohnehin schon um sich griff, entschieden die Ermittler, das Bild nicht zu veröffentlichen, um keine Hexenjagd auszulösen.
    Ein Jahr verging nach den Morden im Campo delle Bartoline, und die Untersuchung kam nicht voran. Als der Sommer 1982 anbrach, wurde die Stadt erneut von Angst erfasst. Und tatsächlich, am ersten Neumond-Samstag des Sommers, am 19. Juni 1982, schlug die Bestie wieder zu, im Herzen des Chianti südlich von Florenz. Die beiden Opfer waren Antonella Migliorini und Paolo Mainardi. Beide waren Anfang zwanzig, und sie waren verlobt. Sie verbrachten so viel Zeit zusammen, dass ihre Freunde sie mit dem Spitznamen Vinavyl aufzogen – so hieß ein bekannter Sekundenkleber.
    Das Pärchen kam aus Montespertoli, einem Ort, der für seine Weine und weißen Trüffeln berühmt war, außerdem für gleich mehrere faszinierende Burgen auf den umgebenden Hügeln. Die beiden verbrachten den frühen Abend mit einer großen Gruppe junger Leute auf der Piazza del Popolo, tranken Cola, aßen Eis und hörten Musik, die an warmen Samstagabenden aus der Eisdiele hallte.
    Danach überredete Paolo Antonella zu einer Ausfahrt in die Hügel, obwohl sie oft von ihrer Angst vor der Bestie sprach. Sie fuhren hinaus in die samtene toskanische Nacht und nahmen eine Straße, die an einem tosenden Fluss entlang hinauf in die Hügel führte. Sie kamen an den Toren der riesigen, zinnenbewehrten Burg von Poppiano vorbei, die neunhundert Jahre lang den Grafen von Gucciardini gehört hatte, und bogen in eine Sackgasse ab. Die Grillen zirpten in der warmen Nachtluft, die Sterne blinkten am Himmel, und Wände aus duftender Vegetation zu beiden Seiten boten Schutz.
    In diesem Moment waren Antonella und Paolo fast exakt am geographischen Mittelpunkt dessen, was man als Karte der vergangenen und zukünftigen Verbrechen der Bestie bezeichnen könnte.
    Die Rekonstruktion des Verbrechens klärte, was dann geschah. Das Pärchen hatte sich geliebt, und Antonella war auf den Rücksitz geklettert, um sich wieder anzuziehen. Paolo bemerkte offenbar den Mörder, der direkt vor dem Auto lauerte. Er trat das Gaspedal durch und setzte mit hoher Geschwindigkeit aus der Sackgasse zurück. Die Bestie, offenbar überrumpelt, schoss auf den Wagen und traf Paolo in die linke Schulter. Die zu Tode erschrockene junge Frau schlang die Arme um den Kopf ihres Freundes und klammerte sich so fest an ihn, dass man später den Verschluss ihrer Armbanduhr in seinem Haar fand. Der Wagen schoss rückwärts aus der Sackgasse, über die Hauptstraße hinweg und in den Graben auf der anderen Seite. Paolo legte den Vorwärtsgang ein und versuchte davonzufahren, aber die Hinterräder steckten im Graben fest und drehten durch.
    Die Bestie auf der anderen Straßenseite stand nun im vollen Licht der Scheinwerfer. Kühl zielte der Täter mit seiner Beretta auf den Wagen und zerstörte die Scheinwerfer, einen nach dem anderen, mit zwei perfekt gezielten Schüssen. Zwei Hülsen blieben am Straßenrand liegen und markierten die Stelle, von der aus er sorgfältig gezielt hatte. Er überquerte die Straße, riss die Tür auf und gab zwei weitere Schüsse ab, jeweils einen in die Köpfe seiner Opfer. Er zerrte den Jungen aus dem Wagen, setzte sich hinters Lenkrad und versuchte, den Wagen aus dem Graben zu befreien. Aber der steckte fest. Der Täter gab auf, verzichtete auf die übliche Verstümmelung und floh die Hügelflanke neben der Straße hinauf. Etwa hundert Meter entfernt warf er die Autoschlüssel weg. In der Nähe des Schlüsselbunds fanden die Ermittler ein leeres Medizinfläschchen Norzetam (Piracetam), ein Nahrungsergänzungsmittel, das frei erhältlich war und Erinnerungsvermögen und geistige Leistungsfähigkeit steigern sollte. Die Herkunft ließ sich nicht ermitteln.
    Die Bestie war ein großes Risiko

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