Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
Vom Netzwerk:
Dutzend zusammen. Und da, inmitten dieser auserwählten Gesellschaft, fand er den Namen Pietro Pacciani – den Bauern, der nach dem letzten Doppelmord der Bestie in einem anonymen Brief beschuldigt worden war.
    Perugini ließ den Computer feststellen, welche dieser Verdächtigen in der Nähe der Regionen wohnten, wo die Bestie zugeschlagen hatte. Wieder blieb Paccianis Name stehen, nachdem Perugini die Definition von »in oder nahe bei« so großzügig erweitert hatte, dass sie fast ganz Florenz und Umgebung umfasste.
    Das Auftauchen von Paccianis Namen in dieser zweiten Suche bestätigte erneut die anonyme Botschaft, die am 11. September 1985 eingegangen war und die Polizei aufforderte, »unseren Mitbürger Pietro Pacciani, geboren in Vicchio« zu befragen. Auf diese Weise wurde das fortschrittlichste System der kriminalpolizeilichen Ermittlung, der Computer, mit dem ältesten System vereint, dem anonymen Brief – und beide wiesen auf denselben Mann: Pietro Pacciani.
    Pietro Pacciani wurde Peruginis Lieblingsverdächtiger. Nun brauchte man nur noch genug Beweise gegen ihn zu sammeln.
    Hauptkommissar Perugini ordnete eine Durchsuchung von Paccianis Haus an, die seiner Ansicht nach weiteres belastendes Beweismaterial zutage förderte. Besonders wichtig war eine Reproduktion von Botticellis Primavera , dem berühmten Gemälde in den Uffizien, auf dem unter anderem eine heidnische Nymphe dargestellt ist, der Blumen aus dem Mund fallen. Das Bild erinnerte Perugini an die goldene Kette im Mund eines der ersten Opfer der Bestie. Dieses Indiz faszinierte ihn dermaßen, dass er das Motiv zum Cover des Buchs machen ließ, das er später über den Fall schreiben würde; darauf allerdings spie Botticellis Nymphe Blut statt Blumen. Diese Interpretation wurde für Perugini noch durch ein Pin-up aus einem Erotikheft bestätigt, das in Paccianis Küche an der Wand hing, umgeben von Bildern der Heiligen Jungfrau und einiger weiterer Heiliger; das Erotik-Poster zeigte eine Frau mit nackten Brüsten und einer provokativ zwischen die Zähne geklemmten Blume.
    Unmittelbar nach dem letzten Doppelmord der Bestie war Pietro Pacciani ins Gefängnis gekommen, weil er seine Töchter vergewaltigt hatte. Dies war für Perugini ein weiterer wichtiger Hinweis, der erklärte, warum es in den vergangenen drei Jahren keinen Pärchenmord mehr gegeben hatte.
    Vor allem aber war es der Mordfall aus dem Jahr 1951, der Peruginis Aufmerksamkeit erregte. Er hatte sich in der Nähe von Vicchio ereignet, Paccianis Geburtsort, wo die Bestie auch zweimal zugeschlagen hatte. Oberflächlich sah es nach einer Tat der Bestie aus: Zwei junge Leute, die sich im Tassinaia-Wäldchen in einem Auto geliebt hatten, waren von einem Mörder überfallen worden, der sich in der Nähe im Gebüsch versteckt hatte. Sie war erst sechzehn, galt als die Dorfschönheit und war die Freundin von Pacciani. Ihr Liebhaber war ein Vertreter, der von Dorf zu Dorf reiste und Nähmaschinen verkaufte.
    Doch bei näherem Hinsehen war das Verbrechen ganz anders – wüst, zornig und spontan. Pacciani hatte dem Mann mit einem Stein den Schädel eingeschlagen, ehe er auf ihn eingestochen hatte. Dann hatte er seine Freundin aus dem Auto gezerrt und neben dem Leichnam seines Rivalen vergewaltigt. Danach hatte er sich den toten Vertreter über die Schulter geworfen und versucht, ihn zu einem nahen See zu tragen. Nach einer Weile hatte er es aufgegeben und ihn mitten auf einer Wiese abgelegt. Amerikanische Kriminologen würden so etwas einen »planlos« begangenen Mord nennen, im Gegensatz zu dem sehr planvollen Vorgehen der Bestie. Ja, Pacciani hatte so planlos gehandelt, dass er rasch verhaftet und verurteilt worden war.
    Der Mord im Wäldchen Tassinaia hatte eine Art antikes Flair – ein Mord aus Eifersucht, der einer anderen Ära zu entstammen schien. Vielleicht war er die letzte Geschichte von Liebe und Mord, die auf die traditionelle toskanische Art in einem Lied unsterblich gemacht wurde. Damals war nur noch ein einziger Mann in der ganzen Toskana übrig, der dem uralten Beruf des cantastorie nachging, des »Geschichtensängers«, einer Art fahrendem Spielmann, der Geschichten in Liedern festhielt. Aldo Fezzi wanderte in einer leuchtend roten Jacke durch die Toskana, selbst im heißesten August; er zog von Ort zu Ort, von Dorffest zu Dorffest, sang gereimte Geschichten und zeigte dazu seine Bilder, die die Handlung illustrierten. Fezzi komponierte die meisten seiner Lieder selbst, nach

Weitere Kostenlose Bücher