Die Bestie von Florenz
Beteiligung an den Morden der Bestie von Florenz sowie dem Sippenmord von 1968. Dann legte Mario Rotella den Fall nieder und wurde nach Rom versetzt.
»Mir blieb kein anderer Ausweg«, erklärte Rotella Spezi in einem Interview. »Dieser Ausgang hat bei mir und vielen anderen die größte Verbitterung hinterlassen.«
Damit war klar – und das ist es heute noch –, dass Rotella und die Carabinieri trotz all ihrer Fehler tatsächlich auf der richtigen Spur waren. Die Bestie von Florenz war sehr wahrscheinlich jemand aus diesem sardischen Clan.
Das offizielle Ende der Verfolgung der Sardinien-Spur bedeutete, dass die Ermittlungen nun in alle Richtungen fortgeführt werden konnten, außer in die richtige.
Kapitel 24
Die Carabinieri zogen ihre Männer aus der SAM ab, und die Anti-Bestien-Spezialeinheit wurde unter Hauptkommissar Perugini als reine Sonderkommission der Staatspolizei neu organisiert. Pacciani war nun der einzige Verdächtige, und sie fielen über ihn her, dass die Fetzen flogen. Der Hauptkommissar war überzeugt davon, dass das Finale kurz bevorstand, und er war wild entschlossen, den Fall zum Abschluss zu bringen.
1989 waren seit dem letzten Mord der Bestie vier Jahre vergangen. Die Florentiner glaubten allmählich, dass die Polizei vielleicht endlich dem richtigen Mann auf der Spur war.
Perugini trat als Gast in einer beliebten Fernsehsendung auf und wurde dadurch über Nacht zum Prominenten, dass er zum Schluss mit seiner dunkel getönten Sonnenbrille in die Kamera blickte und sich mit fester, aber mitfühlender Stimme direkt an die Bestie wandte: »Sie sind nicht so verrückt, wie alle behaupten. Ihre Phantasien, Ihre Impulse haben die Kontrolle übernommen und zwingen Sie, so zu handeln. Ich weiß, dass Sie selbst jetzt, in diesem Augenblick, versuchen, dagegen anzukämpfen. Ich möchte Ihnen sagen, dass wir Ihnen helfen werden, diese Zwänge zu besiegen. Ich weiß, dass Ihre Vergangenheit Sie Misstrauen und Schweigen gelehrt hat, aber so wahr ich hier sitze, ich belüge Sie nicht, und ich werde Sie auch nie belügen, wenn Sie die Entscheidung treffen, sich von dieser Bestie zu befreien, die Sie tyrannisiert.« Er machte eine kurze Pause. »Sie wissen, wie, wann und wo Sie mich finden können. Ich warte auf Sie.«
Diese kleine Ansprache, die Millionen von Zuschauern wunderbar spontan erschien, war in Wirklichkeit von einem ganzen Team von Psychologen vorbereitet worden. Perugini hatte sie auswendig gelernt. Sie war speziell auf Pacciani ausgerichtet, von dem sie wussten, dass er zu Hause sein und sich die Sendung ansehen würde. Tage vorher hatte die Polizei sein Haus verwanzt, in der Hoffnung auf irgendeine belastende Reaktion von Pacciani auf Peruginis sorgfältig maßgeschneiderte Rede.
Die Tonbandaufzeichnung der Wanze wurde am Tag nach der Sendung aus Paccianis Haus entfernt und mit größtem Interesse angehört. Sie enthielt tatsächlich eine Reaktion. Als Perugini seine kleine Fernsehansprache beendet hatte, brach Pacciani in eine wahre Flut von Beschimpfungen aus, in einem toskanischen Dialekt, der so alt und so vergessen war, dass ein Linguist die höchste Freude daran gehabt hätte. Dann jaulte er, immer noch in diesem Dialekt: »Wehe, die nennen irgendwelche Namen, ich bin doch nur ein alter, unschuldiger, vom Pech verfolgter Mann!«
Drei Jahre vergingen. Zwischen 1989 und 1992 kam Perugini mit den Ermittlungen gegen Pacciani kaum voran. Er fand einfach keinen stichhaltigen Beweis. Die Durchsuchung von Paccianis Haus und Grund hatte gerade genug Beute erbracht, um die Phantasien der Ermittler zu bestätigen, aber nicht genug, um den Mann auch tatsächlich als Verdächtigen festzunehmen.
Wenn Pacciani befragt wurde, reagierte er ganz anders als die kühlen, gesammelten Vinci-Brüder. Er stritt lauthals alles ab, log sogar bei unbedeutenden Kleinigkeiten, widersprach sich ständig selbst, brach schluchzend zusammen und jammerte, er sei ein armer Unschuldiger, der zu Unrecht verfolgt werde.
Je mehr Pacciani log und heulte, desto fester war Perugini von seiner Schuld überzeugt.
Eines Vormittags in den frühen neunziger Jahren schaute Mario Spezi, inzwischen freier Journalist, im Polizeipräsidium vorbei und besuchte einen alten Freund aus Kriminalreporter-Zeiten in der Hoffnung auf eine Story. Er hatte Gerüchte gehört, dass Perugini und die SAM vor Jahren das amerikanische FBI um Hilfe gebeten hätten. Das Ergebnis sei ein geheimes psychologisches Profil der Bestie gewesen,
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