Die Bestie von Florenz
Vorfälle.«
Unter der Linse der winzigen Kamera begann Spezis Herz zu pochen.
»Wie meinen Sie das? Haben Sie den Eindruck, dass bei den Ermittlungen etwas nicht in Ordnung war?«
»Äh, ja. Hören Sie, ich bin überzeugt davon, dass Pacciani schuldig ist. Aber es war unsere Aufgabe, das zu beweisen … Da darf man keine Abkürzungen nehmen.«
»Und das bedeutet …?«
»Das bedeutet … nun, da ist zum Beispiel der Lappen. Diesen Lappen verstehe ich nicht, er ist mir unerklärlich.«
Der Lappen, von dem er sprach, war ein greifbares Indiz gegen Pacciani. Einen Monat nach der Durchsuchung von Haus und Grundstück, bei der die Patrone gefunden worden war, hatte Minoliti ein anonymes Päckchen geschickt bekommen. Es enthielt eine Federführungsstange aus einer Pistole, eingewickelt in einen Lumpen. Dabei lag ein Blatt Papier, auf dem in Großbuchstaben stand:
DIESES STÜCK GEHÖRT ZUR PISTOLE DER BESTIE VON FLORENZ. ES LAG IN EINEM GLAS MIT DECKEL, DAS WIEDER (JEMAND HATTE ES SCHON VOR MIR GEFUNDEN) UNTER EINEM BAUM IN LUIANO VERGRABEN WURDE. PACCIANI IST DORT OFT SPAZIEREN GEGANGEN. PACCIANI IST EIN TEUFEL, ICH KENNE IHN GUT, UND SIE KENNEN IHN AUCH. BESTRAFEN SIE IHN, UND GOTT WIRD SIE DAFÜR SEGNEN, DENN ER IST KEIN MENSCH, SONDERN EINE BESTIE. ICH DANKE IHNEN.
Die Sache war Minoliti auf Anhieb entschieden seltsam vorgekommen. Und dann, ein paar Tage später, hatten die Beamten der SAM bei einer weiteren Durchsuchung von Paccianis Garage ein ähnliches Stück Lappen gefunden, das bei der zwölftägigen Durchsuchung irgendwie übersehen worden war. Als man die beiden Stücke aneinanderlegte, passten sie genau zusammen.
Perugini stellte die Theorie auf, dass die Bestie selbst das Päckchen mit dem Lumpen geschickt hatte, aus dem unbewussten Wunsch heraus, sich selbst zu belasten.
»Dieser Lappen stinkt«, sagte Minoliti und wandte sich der an Spezi versteckten Kamera zu. »Weil mich niemand gerufen hat, als er gefunden wurde. Eigentlich sollten alle Operationen nur gemeinsam von der SAM und den Carabinieri von San Casciano durchgeführt werden. Aber als der Lappen gefunden wurde, haben sie mich nicht hinzugerufen. Merkwürdig. Dieser Lappen, das sage ich Ihnen, ist nicht sauber. Wir waren kurz vorher in der Garage und haben jede Menge Stofffetzen und Lumpen eingesammelt und katalogisiert. Dieser Lappen war zu dem Zeitpunkt nicht dort.«
Spezi zündete sich eine weitere Gauloises an, um seine Nervosität zu bekämpfen. Dies war ein echter Knüller, und dabei waren sie noch nicht einmal bei der Patrone aus dem Gemüsegarten.
»Wo ist der Lappen dann Ihrer Meinung nach hergekommen?«
Der Carabiniere hob ratlos die Hände. »Tja, das weiß ich nicht. Ich war nicht dabei, als er gefunden wurde, das ist ja das Problem. Und warum sollte jemand diese Federführungsstange schicken? Das ist das einzige von den vielen Bauteilen einer Pistole, das keiner bestimmten Waffe zugeordnet werden kann. Und ganz zufällig wurde ausgerechnet dieses Teil geschickt!«
Spezi beschloss, das Gespräch jetzt auf die Winchester-Patrone zu lenken. »Und die Patrone? Stinkt die Ihrer Meinung nach ebenfalls?«
Minoliti holte tief Luft und schwieg mehrere Sekunden lang. Er wandte sich zur Seite und begann plötzlich zu sprechen: »Wie diese Patrone gefunden wurde, das hat mir wirklich zugesetzt. Ich nehme es Hauptkommissar Perugini übel, dass er uns in eine so schwierige Lage gebracht hat, was die Wahrheit angeht …«
Spezi hatte alle Mühe, ruhig zu bleiben, so heftig hämmerte sein Herz.
»Wir waren in Paccianis Garten«, erzählte der Maresciallo, »Perugini, ich und zwei Polizisten von der Sonderkommission. Diese beiden haben sich an so einem Zementpfosten für Weinreben den Dreck von den Schuhsohlen gekratzt und dabei Witze darüber gemacht, dass sie beide die gleichen Schuhe trugen. Dann erschien ganz plötzlich neben dem Schuh einer der Männer der Boden der Patrone.«
»Aber«, unterbrach Spezi ihn, um sicherzugehen, dass die Sache in der heimlichen Aufnahme unmissverständlich deutlich wurde, »Perugini hat das in seinem Buch ganz anders beschrieben.«
»Richtig! So ist es, da steht: ›Der Lichtstrahl brachte die Patrone zum Glänzen.‹ Welcher Lichtstrahl! Aber vielleicht wollte er den Fund nur ein bisschen dramatischer schildern.«
Spezi fragte: »Minoliti, haben die die Patrone dorthin gebracht?«
Die Miene des Unteroffiziers verfinsterte sich. »Das ist eine Hypothese. Sogar mehr als nur eine Hypothese … Ich
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