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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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hatte.
    Spezi hatte gegen diese Sorte Journalismus große Vorbehalte, und er hatte sich oft geschworen, dass er so etwas nie tun würde. Es war schmutzig, jemanden auf diese Art hereinzulegen, um Schlagzeilen zu machen. Doch kurz bevor er die Station betrat, in der Minoliti ihn erwartete, verflogen seine Skrupel wie Weihwasser von einer Fingerspitze. Das Gespräch mit Minoliti heimlich aufzuzeichnen war vielleicht die einzige Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden, oder zumindest ein Stück davon. Es ging um sehr viel: Spezi war überzeugt davon, dass Pacciani unschuldig war und die Justiz sich einen ungeheuerlichen Fehlschlag geleistet hatte.
    Spezi blieb vor dem Eingang stehen und wandte sich leicht zur Seite, damit die Kamera an seiner Brust das Schild mit der Aufschrift »Carabinieri« erfasste. Er drückte auf den Klingelknopf und wartete. Irgendwo bellte ein Hund, und der eisige Wind fuhr ihm schneidend übers Gesicht. Er dachte keinen Moment lang an das Risiko, aufzufliegen. In seiner Gier nach sensationellem Exklusivmaterial fühlte er sich unbesiegbar.
    Die Tür wurde von einem Mann in einer blauen Uniform geöffnet, der argwöhnisch herausschaute.
    »Ich bin Mario Spezi. Ich habe einen Termin bei Maresciallo Minoliti.«
    Man ließ ihn so lange in einem kleinen Raum warten, dass es für eine weitere Zigarette reichte. Von seinem Platz aus konnte Spezi das leere Büro des Unteroffiziers sehen, dem er gleich die Wahrheit stehlen wollte. Er bemerkte, dass Minolitis Stuhl hinter dem Schreibtisch nach rechts versetzt stand, und konnte sich ausrechnen, dass die Kameralinse auf seiner linken Brustseite nur die leere Wand aufnehmen würde. Sobald Spezi vor dem Schreibtisch Platz genommen hatte, würde er sich mit einer unauffälligen Geste nach rechts drehen müssen, um den Carabiniere filmen zu können, während der sprach.
    Dabei kommt doch nichts heraus , dachte Spezi, der sich plötzlich unsicher fühlte. Das ist ja wie in einem Hollywood-Film, und nur ein Haufen überspannter Fernsehleute könnte es überhaupt für möglich halten, dass das hier funktioniert.
    Minoliti kam zu ihm. Er war groß, fast vierzig, trug einen Anzug von der Stange, und seine goldgerahmte Sonnenbrille verbarg nicht ganz das Gesicht eines intelligenten Mannes. »Verzeihen Sie, dass ich Sie habe warten lassen.«
    Spezi hatte sich einen Plan zurechtgelegt, wie er den Mann zum entscheidenden Punkt bringen wollte. Er zählte darauf, den Widerstand des Offiziers zu schwächen, indem er an Minolitis Gewissen als Gesetzeshüter appellierte und seiner Eitelkeit schmeichelte, falls der Mann denn eitel war.
    Minoliti wies auf einen Stuhl. Spezi ergriff die Lehne und rückte ihn mit einer einzigen, lockeren Bewegung zurecht. Dann setzte er sich dem Unteroffizier gegenüber und legte Zigaretten und Feuerzeug auf den Schreibtisch. Er war sicher, dass er Minoliti jetzt vor der Linse hatte.
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie während Ihrer Arbeitszeit störe«, begann er zögerlich, »aber ich habe morgen eine Besprechung mit meinem Chefredakteur in Mailand, und ich brauche etwas über die Bestie von Florenz. Neue Informationen, echte Neuigkeiten. Sie wissen vermutlich noch besser als ich, dass über den Fall bereits alles gesagt wurde und sich kaum mehr jemand dafür interessiert.«
    Minoliti bewegte sich unruhig auf seinem Stuhl und verdrehte auf eigenartige Weise den Hals. Er blickte von Spezi zum Fenster und wieder zurück. Schließlich suchte er Hilfe bei einer Zigarette.
    »Was wollen Sie wissen?«, fragte er und blies den Rauch durch die Nasenlöcher aus.
    »Arturo«, sagte Spezi und beugte sich vertraulich vor. »Florenz ist klein. Sie und ich bewegen uns in denselben Kreisen. Wir haben beide gewisse Gerüchte gehört, das lässt sich gar nicht vermeiden. Bitte verzeihen Sie meine Direktheit, aber offenbar hegen Sie Zweifel an den Ermittlungen gegen Pacciani. Schwerwiegende Zweifel …?«
    Der Unteroffizier nahm das Kinn zwischen die Hände und verzerrte diesmal auf seltsame Art die Lippen. Dann schossen die Worte wie ein Schwall der Erleichterung aus ihm hervor. »Nun ja, ja … Im Hinblick auf … Also, um es kurz zu machen: Wenn es einen merkwürdigen Zufall gibt, lässt man es gut sein. Wenn es zwei sind, kann man das immer noch durchgehen lassen. Aber wenn man bei drei ankommt … nun, dann muss man irgendwann sagen, dass das kein Zufall mehr sein kann. Und in dieser Sache gab es einfach zu viele Zufälle, oder eher seltsame

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