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Die Bestie

Die Bestie

Titel: Die Bestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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jede freie Minute zum Lesen und Reden verbringen, nur um diese besonderen bedingten Reflexe in Übung und am Leben zu halten.«
    Er sah, daß sich der Arzt halb von ihm abkehrte und sich den beiden Schwestern zuwandte. »Ich möchte, daß ein detaillierter Bericht für den Patienten angefertigt wird, der sämtliche Einzelheiten seines Falles enthält, soweit sie uns bekannt sind. Lassen Sie ein Radio und ein Fernsehgerät hereinstellen, und« – er wandte sich mit leichtem Lächeln zum Bett zurück – »Sie lassen mindestens eines davon unausgesetzt laufen. Hören Sie sich die Hörspiele an. Und wenn Sie nicht zuhören oder schlafen, dann lesen Sie, lesen Sie laut.«
    »Was passiert, wenn ich es nicht tue?« Seine Lippen waren trocken. »Warum muß ich all dies tun?«
    Die Stimme des Arztes war ernst. »Weil Ihr Gehirn fast ebenso leer werden wird wie das eines Neugeborenen, wenn Sie es nicht tun. Es könnten noch andere Reaktionen auftreten, doch darüber wissen wir nichts. Wir wissen, daß Sie in alarmierendem Tempo Ihr Gedächtnis verlieren. Wir erklären uns das damit, daß normalerweise die Zellen im menschlichen Körper und Gehirn sich in einem fortwährenden Zustand des Gebrauchs und der Reparatur befinden. In jeder Stunde, jeden Tag, werden die Milliarden unserer Gedächtniszellen unausgesetzt repariert und erneuert, und offensichtlich wird die Menge des Informationsmaterials, das elektrisch in diesen Zellen gespeichert ist, während dieses Vorgangs nicht in Mitleidenschaft gezogen. Auf die Dauer jedoch bewirkt diese ständige Erneuerung der Gewebe zweifellos eine Verminderung des Gedächtnisses. Nun, bei Ihnen ist das etwas anderes. Sie haben in diesem Augenblick totipotente Zellen. Anstatt repariert zu werden, sind Ihre Armzellen gegen funkelnagelneue, gesunde Zellen ausgewechselt worden; und diese neuen Zellen wissen nichts von den Erinnerungen der alten, denn Erinnerung ist anscheinend nicht erblich. Und falls sie die alten Erinnerungen übernehmen sollten, dann fehlt ihnen der Mechanismus zur Übertragung dieser Informationen. Aus diesem Grund verfügen Sie über Zellen, die ebenso die Fähigkeit haben, Erinnerungen zu speichern, wie die alten Zellen, doch können Sie in ihnen, bevor sie ihrerseits ersetzt werden, nicht mehr speichern als die Eindrücke, die Ihr Verstand im Zeitraum – sagen wir – einer Woche, vielleicht ein wenig länger, aufnimmt. Offensichtlich ist der Prozeß der Totipotenz auf Ihren gesamten Körper übergegangen, nachdem er in Ihren Arm seinen Ausgang genommen hat. Diese Vollständigkeit des Gedächtnisschwundes ist ein wenig überraschend, denn Laboratoriumsversuche mit Planarwürmern haben gezeigt, daß bedingte Reflexe in neue Wachstumsgebilde übergehen. Wir können mutmaßen, daß die Erinnerungen ihre Spuren zurücklassen. Doch Worte, Begriffe und einfache, angelernte Handlungen verschwinden offenbar oder rücken außerhalb des Stadiums der Anwendbarkeit.«
    »Aber was werde ich später tun?« fragte Pendrake verwirrt.
    »Wir haben Ihre. Fingerabdrücke nach Washington gesandt«, erwiderte der Arzt beruhigend. »Sobald einmal Ihre Identität festgestellt ist, können wir ein planvolles Unterrichtsprogramm für Sie ausarbeiten, das auf den tatsächlichen Fakten Ihres bisherigen Lebens beruht. Inzwischen tun Sie, was ich Ihnen geraten habe.«
    Pendrake starrte den Mann an. »Aber er ist mehr an dem Phänomen selbst interessiert, als an meiner Person«, dachte Pendrake.
    Aus den Tiefen seines Körpers kam ebenfalls die Empfindung, daß die Lage nicht so schlimm war, wie sie der Arzt ausgemalt hatte, und daß die Erreichung des Normalzustandes ein leichtes sein würde, sobald einmal dieser neue Wachstumsprozeß abgeschlossen war.

 
11
     
    Der neue Mann sagte: »Ich bin Dr. Coro, Mr. Smith. Ich bin Psychiater, und ich würde gerne mit Ihnen einige Tests vornehmen. Sind Sie damit einverstanden?«
    Der fast namenlose Mann im Bett sah den Neuankömmling mit glänzenden Augen an. Er erkannte, daß er wie ein Kind behandelt wurde, doch das störte ihn nicht. Und er ahnte auf seltsame Weise, daß die meisten der Tests bei ihm nicht funktionieren würden.
    Doch er sagte nichts, sondern sah ausdruckslos zu, als der Psychiater, sein Einverständnis wie selbstverständlich voraussetzend, einige Papiere auf dem Nachttisch ausbreitete, einen Stuhl heranzog und sich darauf niederließ. Er war ein untersetzt gebauter Mann mit einem freundlichen, bestimmten Wesen, und er begann geduldig

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