Die Bestie
öfters und öfters entglitt die Metallplatte seiner gefühllosen Hand.
Wie ein müder, alter Mann legte er sich schließlich in die flache Grube, die er im Steinstaub ausgehoben hatte. Unter Aufbietung seiner ganzen Willensstärke zwang er sich dazu, seinen gesamten Körper mit dem lockeren Material zu bedecken und sich dergestalt selbst zu begraben. Seine letzte körperliche Anstrengung bestand darin, daß er seinen Arm durch die dicke Schicht stieß, die Helmlampe ausschaltete und den Arm unter die Staubdecke zurückzog. Dann lag er reglos; sein Körper fühlte sich an, als ob er zu einem Eisblock geworden sei.
Etwas später stellte sich die Überzeugung ein, daß er in seinem Grab lag.
Doch die Lebenskraft in ihm war zäh und unnachgiebig. Es begann ihm wärmer zu werden. Das Eis wich aus seinen Knochen, das Fleisch seines Körpers begann zu prickeln, seine bisher gefühllose Hand wurde zu einem Herd flammenden Schmerzes, und seine Finger erwachten zum Leben. Die tierische Wärme seines Leibes erfüllte den Raumanzug; es war ein sattes, behagliches Gefühl. Doch die Wärme erreichte nicht die Höhe, die er sich gewünscht hätte. Dafür war die Außentemperatur zu niedrig. Nach einer langen Weile erkannte er plötzlich, daß sein bloßes Eingegrabensein letzten Endes keines seiner wirklichen Probleme zu lösen vermochte. Er mußte tiefer, weitaus tiefer ins wabenartige Innere des Mondes eindringen.
Auf dem ersten Stufenabschnitt jener Höhle reglos in seinem einsamen Grab aus Bimsstein liegend, wurde Pendrake nach und nach gewahr, daß er zusätzliche Informationen besaß, die er bisher noch nicht verwertet hatte – daß noch nicht alles verloren war, daß es doch noch einen Ausweg für ihn gab. Sein logisch denkender Verstand griff den Faden auf und baute daraus die Überlegung, daß der geheime Mond-Stützpunkt der internationalen Organisation, die ihn gefangengenommen hatte, nicht weit von seinem gegenwärtigen Standort entfernt sein konnte.
Die Verschwörer mußten ebenfalls nach unten gegangen sein. In größerer Tiefe würde es wärmer sein. Allein die Reibung zwischen zähflüssigem Gestein und Metall in großen Tiefen, hervorgerufen durch das ständige Sich-Winden und -Krümmen des Mondes unter dem Gezeitendruck der Erde, würde eine erhöhte Temperatur verursachen, deren Abkühlung nach außen durch die isolierenden Bimssteinstaub- und Lavaschichten erschwert werden würde. Da wäre natürlich noch das Problem, genügend Nachschub von Proviant und Wasser zu erhalten, doch wenn man einen perfekten Raumschiffsantrieb besaß wie diese Bande, machte das keine großen Schwierigkeiten.
Pendrake war nun krampfhaft bemüht, sich aus seinem Grab zu befreien, und so hatte er keine Zeit mehr zu weiteren Überlegungen. Sich auf seine Füße aufrichtend, schaltete er die Lampe ein und begann sich in der Höhle seinen Weg abwärts zu suchen.
Der schmale Gang krümmte sich, als ob er einst eine rohrartige Lavaleitung des Vulkans gewesen wäre, die von den Verschiebungen in der Kruste des Monde umgeformt worden war. Es ging hinab, immer nur hinab. Pendrake konnte nicht mehr sagen, wie oft er in einem Bett aus Steinstaub Wärme gesucht hatte. Er schlief zweimal, doch hatte er keine Ahnung wie lange. Es konnte nur ein minutenlanger Schlummer gewesen sein, oder auch ein tiefer Schlaf, der sich über viele Stunden erstreckte.
Die Höhle war zeitlos. Eine Welt der Nacht, durch die sich das Licht seiner Helmlampe wie ein dünnes Flämmchen zögernd tastete. Er war rücksichtslos gegen sich selbst und eilte mit langen Schritten voran, manchmal sogar im Dauerlauf, nachdem ihm ein kurzzeitiges Einschalten der Lampe den weiteren Verlauf des Tunnelgangs gezeigt hatte. Andere Gänge begannen nun von dem Hauptgang abzuzweigen. Meistens waren es klar erkennbare kleinere Seiteneingänge, doch wenn die Möglichkeit eines späteren Sich-Verirrens bestand, zwang sich Pendrake, stehenzubleiben, obwohl die entsetzliche Kälte in ihm fraß, und sorgfältig mit einem Pfeil die Richtung zu markieren, aus der er gekommen war.
Er schlief mehrmals. Fünf Tage, dachte er und wußte dabei doch, daß er sich leicht irren konnte. Ein Körper, der derart gnadenlos der tödlichen Kälte ausgesetzt war, mußte mehr Schlaf benötigen als ein normaler. All seine große Stärke konnte eine solche Reaktion des menschlichen Systems nicht abwehren. Doch fünfmal geschlafen ... fünf Tage. Ohne sich noch länger mit Zweifeln aufzuhalten, zählte er
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