Die Bestien - Thriller (German Edition)
Stadt!
Jim hatte plötzlich einen üblen Geschmack im Mund.
»Und was passiert jetzt?«
»Weiß nich‘«, erwiderte Darlene. »Ich schätze, ich lebe entweder so weiter – oder ich verkauf irgendjemand meine Dose.«
»Nein«, entgegnete Jim scharf. »Du kannst deine Dose nicht verkaufen. Das kommt überhaupt nicht infrage.«
»Ich weiß aber nich‘, ob ich ewig mit diesen Schmerzen leben kann«, sagte sie mit gebrochener Stimme. »Das is‘ einfach zu viel für mich. Davon abgesehen, sperren sie mich sicher ein oder so, wenn mich irgendjemand sieht.«
»Wir finden eine Lösung. Es muss einen Weg geben, wie du da wieder rauskommst, oder zumindest, wie die Schmerzen aufhören.«
»Aber ich hab ja noch nich‘ mal die Dose«, warf Darlene ein. »Und ohne die bin ich ganz schwach.«
»Weißt du denn, wo sie ist?«, fragte Jim.
»Der Chief hat sie. Wahrscheinlich bei sich zu Hause.«
»Wir müssen sie uns holen. Aber wie kommen wir in die Stadt, ohne dass sie uns schnappen?« Dann kam ihm plötzlich eine Idee. »Wie bist du hier hochgekommen, ohne dass sie dich erwischt haben?«
»Ich bin den Berg auf der anderen Seite hochgestiegen. Ich wusste, dass da keine Wachen stehen. Der Weg führt vom Haupteingang der Höhle in die Stadt. Man muss einfach nur dem Fluss folgen. Der Weg is‘ gefährlich, wenn man nich‘ aufpasst, deshalb geht da keiner lang.«
»Okay. Wir holen uns also deine Dose zurück, kommen dann wieder her und versuchen, uns zur Nebenstraße durchzuschlagen.« Jim war mit einem Mal optimistischer – er fühlte sich immer besser, wenn er einen Sinn sah oder ein Ziel vor sich hatte. Und einen Sinn sah er nun definitiv: Er wollte versuchen, Darlene von diesem Ort wegzubringen und ihr helfen, diesen Fluch zu besiegen. Er hatte sie schon einmal im Stich gelassen, und das würde er nie wieder tun.
Nicht so, wie ich Suzie im Stich gelassen habe. Das kann ich nie wieder gutmachen.
»Macht‘s dir was aus, wenn ich hierbleibe?«, fragte Darlene. »Ich weiß nich‘, ob ich‘s den ganzen Weg da runter und wieder zurück schaffe. Und mit den ganzen Tieren da draußen …«
»Sicher. Ich versuche, mich zu beeilen«, sagte Jim und steckte die Streichholzschachtel in seine Hosentasche. »Sag mir einfach, wo ich hin muss.«
»Also, den Haupteingang findest du ganz leicht – du gehst einfach ’ne halbe Stunde geradeaus. Ich hab die losen Bretter wieder draufgelegt, als ich reingekommen bin, aber du musst nur die auf der linken Seite anheben, dann kannst du rausklettern. Aber vergiss bloß nich‘, sie wieder draufzulegen, wenn du durch bist. Rechts von dir ist dann ein Pfad, der zum Fluss führt. Dann folgst du einfach dem Fluss stromabwärts, und nach vielleicht fünfzehn oder zwanzig Minuten müsstest du rechts ’nen großen Felsen sehen. Dort verlässt du das Ufer und gehst links in den Wald, dann kommst du auf der Main Street raus. Das Haus vom Chief is‘ leicht zu finden – es is‘ direkt neben der Polizeiwache. Hast du das?«
»Ja, hab ich«, versicherte Jim. Er hatte sich in den letzten zwanzig Jahren eine gewisse Kompetenz erarbeitet, wenn es darum ging, Anweisungen zu folgen.
»Mach dir keine Sorgen, es sind nich‘ viele Leute unterwegs. Die haben alle viel zu viel Angst, rauszugehen – du bist nämlich bewaffnet und ziemlich gefährlich. Pass einfach auf die Jäger auf, die in den Straßen Streife gehen. Ich glaub auch nich‘, dass der Chief zu Hause is‘. Als ich sein Haus gesehen hab, brannte kein Licht – vielleicht hast du ja Glück. Aber wenn ich dran denke, wie krank der Chief is‘, is‘ er inzwischen vielleicht doch wieder zurück.«
»Er ist krank? Was hat er denn?«
Darlene grinste breit. »Das erzähl ich dir, wenn du wieder zurück bist. Sei einfach vorsichtig, okay?«
Jim nickte, drehte sich um, leuchtete mit der Kerze in den Tunnel und machte sich auf den langen Weg aus der Mine.
Als Jim verschwunden war, lehnte sich Darlene gegen die Wand und begann zu weinen, aber obwohl sie heftig schluchzte, rannen ihr keine Tränen über die Wangen. Sie hatte Jim nicht zeigen wollen, welch große Schmerzen sie tatsächlich litt. Sie wollte nicht, dass er sie für schwach hielt. Sie hatte schon früher Schmerzen ertragen müssen. Zwar nie in diesem Ausmaß, aber dennoch große Schmerzen. Trotzdem, mit diesen Schmerzen zu leben, vermochte sie sich kaum vorzustellen. Und um die Sache noch schlimmer zu machen, hörte sie das Weinen des Babys nun immer lauter und häufiger, und
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