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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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kriege, kommentierte Chris mit einem Lachen, als er Karl die Tätowierung vor zwei Jahren gezeigt hatte, kurz nach der Anklage wegen versuchten Mordes. Es war Karl schon damals aufgefallen, dass das Lachen vollkommen emotionslos klang.
    »Okay, ich hab was«, sagte Chris. »Nicht viel, aber mehr, als dein Schleimbeutel von Schwager dir erzählen dürfte.«
    »Werden wir nicht persönlich.«
    »Persönlich? Du hast ja keine Ahnung. Wilson ist einer der Sieben Großen Wichser des Abendlandes.«
    »Stimmt. Können wir jetzt zur Sache kommen? Bitte.«
    Chris spuckte einen Tabakkrümel aus. »Wesley Milligan war Gerichtsdiener, bevor er die Karriereleiter noch weiter hinabstieg und zum Gefängniswärter wurde. Vor vielen Jahren arbeitete er überwiegend in Woodbank, dem Männer- und Frauengefängnis. Ich habe mit einigen Bekannten gesprochen, die in dem Dreckloch sitzen mussten. Die haben mir gesagt, dass er die rechte Hand des Teufels war.«
    Schweigen.
    Auf einem Baum beobachtete ein neugieriges Eichhörnchen mit zum Fragezeichen gekrümmten Schwanz die beiden Männer.
    »Und? Das war’s? Ein Dreckskerl? Das ist die Neuigkeit?«, fragte Karl. »Komm schon, Chris, da hast du doch mehr drauf.«
    Seufzend fuhr Chris fort. »Er und ein paar seiner Kumpels haben einige der weiblichen Insassen anschaffen geschickt, meist die auf Drogen, und für Privatpartys gewichtiger
Personen des öffentlichen Lebens
vermietet.«
    »Was für
Personen des öffentlichen Lebens?«
    »Drecksäcke aus Politik, Justiz und Klerus – und natürlich Bullen.«
    »Ich wage dem zu entnehmen, dass deine Wertschätzung für diese Stützen der Gesellschaft gering ist?«
    »Den meisten dieser Blutegel wäre ein früher Tod zu wünschen. Schon mal einen von den Dreckskerlen einen Gebrauchtwagen fahren sehen?«
    »Schon klar.«
    Karl kratzte sich am Hintern und fragte sich, ob er nicht endlich kapitulieren, seinen Widerwillen überwinden und einen Arzt aufsuchen sollte.
    »Ich will dich weder ärgern noch beleidigen, Chris, aber das hört sich doch alles recht an den Haaren herbeigezogen an. Die Einzige, die du nicht erwähnt hast, war Mutter Teresa. Ganz sicher, dass du nicht ein wenig übertrieben hast, damit sich die Informationen wichtiger anhören?«
    »Friss oder stirb.«
    »Und überhaupt, du willst mir einreden, dass man die Frauen einfach jeden Tag rausgelassen hat und sie freiwillig zurückgekehrt sind? Warum sind sie nicht einfach abgehauen, als sie aus dem Gefängnis raus waren?«
    »Du bist so ein misstrauisches Aas, dass du schon wieder naiv bist.« Chris wirbelte gekonnt mit dem Rollstuhl herum und fuhr Karl über die Zehen, worauf dieser das Gesicht verzog. »Die wurden mit kleinen Mengen H bezahlt, du Penner. Die wären so treu wie Brieftauben gewesen, nur um ihren Fix zu kriegen. Sie wollten einfach nur ins Hühnerhaus zurück und ihre nächste Ration. Außerdem waren die meisten sogenannte illegale Einwanderer – welcher Teufel sie allerdings geritten hat, hierherzukommen, in diesen Pickel auf Gottes Arsch, ist mir ein Rätsel.«
    »H? Du meinst Heroin?«
    »Nein, ich meine das Happy Meal bei McDonald’s.«
    Karl bewegte die Hand von seinem Hinterteil zum Gesicht und kratzte sich den Zweitagesbart.
    »Ich schätze, was du da erzählst, klingt auf verquere Weise logisch.«
    Chris trank einen Schluck Wein, spülte die Zähne, schluckte und streckte den Arm aus, damit Karl ihn sehen konnte. Eine Landschaft kleiner Krater, übel mit Nadelspuren und Schwären übersät. »Logik hat damit nichts zu tun, nur die harten Fakten des Lebens. Einmal süchtig, immer süchtig. Sucht ist der Schatten, der dir immer folgt. Dreht man sich um, ist er fort. Aber natürlich ist er nie richtig fort.«
    »Wie ist es heute dort? In Woodland?«
    »Wegen der ganzen Scheiße, die da gelaufen ist, haben sie die meisten – wenn nicht alle – der alten Aufseher dort abgelöst. Kürzlich wurde ein neuer Direktor namens George Hanna berufen, aber in Wahrheit hat ein Oberaufseher namens Lange das Sagen. Langes bevorzugte Droge heißt J. M. H., wurde mir gesagt.«
    »J. M. H.? Was soll das denn für eine Droge sein?«
    »Junge Männliche Häftlinge. Er mag sie fleischig, aber glatt. Wie in Eiscreme getunkte Würstchen.«
    »Sehr appetitlich. Muss ich mir merken, damit ich das nicht mal versehentlich bestelle.«
    Das neugierige Eichhörnchen betrachtete Karl, der wiederum das Eichhörnchen betrachtete. Angewidert sah Karl, dass es sich heftig an den Eiern

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