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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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kratzte.
    Karl nahm drei Zwanziger aus der Tasche und betrachtete sie einen Moment, dann ließ er einen verstohlen wieder in der warmen Tasche verschwinden.
    »Hier.« Die beiden verbliebenen Zwanziger gab er Chris.
    Chris nahm sie. »Wie großzügig. Endlich kann ich Belfast verlassen und mich im sonnigen Portugal niederlassen.«
    »Weißt du, was man über Belfast sagt? Man kann es leicht verlassen, aber nur schwer wegbleiben«, antwortete Karl und sah auf die Uhr. »Ich muss mich verabschieden. Willst du sicher keinen Happen essen?«
    »Nein. Mein Terminplan ist voll. Muss los. Hab noch so viele Hände zu schütteln.« Chris’ Lächeln hätte die Haut von einer Kackwurst schälen können. Er trank tapfer noch einen Schluck Wein. »Du hast deine gute Tat für heute getan und kannst dich getrost verpissen.«
    Chris’ Elend bohrte sich direkt in Karls Mark, und da Karl stets fest entschlossen war, sich niemals allzu lange von, wie er sich ausdrückte, hinderlichen Emotionen ablenken zu lassen, rüstete er zum Aufbruch.
    »Ich muss dann los, da warten Kunden im Büro auf mich. War ein interessanter kleiner Plausch …«
    »Klar war’s das«, sagte Chris, legte den Kopf in den Nacken und ließ die Kehle mit Wein volllaufen, dann schloss er die Augen wie ein Ertrinkender.
    »Scheint mir nicht ratsam, so viel zu trinken, wenn man noch fahren muss«, sagte Karl und knöpfte den Mantel bis zum Kragen zu.
    »Klugscheißerst du etwa?«
    »Ich bin klug genug zu wissen, dass ich besser nicht klugscheißere.«
    »Soweit ich weiß, braucht man für einen Rollstuhl keinen Führerschein.«
    »Was ist mit dem Auto, das du bekommen hast?«
    »Haben die mir weggenommen.«
    »Warum?«
    »Haben mich alle halbe Meile bei Kontrollen angehalten. Die sagten, da ich ständig betrunken wäre, sei ich eine Gefahr hinterm Steuer. Blödsinn. Noch so eine Schikane von den Wichsern.«
    »Ich kann dich nach Hause fahren.«
    Chris ging nicht auf das Angebot ein. Stattdessen tätschelte er Paisley den Kopf.
    Karl dachte darüber nach, was Chris gerade gesagt hatte.
    »Mit ›die‹ meinst du die Polizei?«
    »Du hast es echt drauf, Fragen zu stellen, deren Antwort du schon kennst«, antwortete Chris. »Das war eine Warnung von denen. Die haben Angst, ich könnte in meinem Buch etwas über sie und ihre Methoden schreiben.«
    »Buch?« Plötzlich hatte Karl es nicht mehr so eilig wegzukommen. »Ich wusste gar nicht, dass du ein Buch schreibst.«
    »Memoiren.« Chris nickte ergeben. »Ein paar Kapitel habe ich schon fertig.«
    »Hast du einen Verlag?«
    »Ja.«
    »Das ist großartig …« Neid schnürte Karl die Kehle zu. Er wollte ihn ausspucken, doch der Kloß in seinem Hals wich nicht.
    »Burrger und Goldman.«
    Verdammt!
»Die sind groß …«
    »Ja. Sieh mich nur an, ich hab’s geschafft. Ich könnte glatt einen Freudentanz aufführen.«
    Karl schenkte Chris’ bitterem Sarkasmus keine Beachtung. Er sah, wie sich Chris’ Buch in den Schaufenstern stapelte. Innerlich weinte Karl.
    »Ernsthaft, Chris, das ist großartig.«
    »Großartig …«
    »Hast du einen Agenten?«
    »Einen Agenten? Soll das ein Witz sein? Du solltest dieses Wort in meiner Gegenwart nicht gebrauchen.«
    »Ich meine einen
Literatur
agenten.«
    »Nein, die Verleger haben sich direkt mit mir in Verbindung gesetzt und mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, in Erwägung zu ziehen, meine Memoiren zu schreiben. Ich habe ihnen drei Kapitel geschickt. Am Rest arbeite ich noch. Ist ziemliches Stückwerk. Ich konnte mich in letzter Zeit nicht so gut konzentrieren.«
    Karl schüttelte fassungslos den Kopf und fragte sich, warum er nie eine der Chancen bekam, die allen anderen offenbar in den Schoß fielen.
    »Ich könnte dein Agent sein«, erbot sich Karl. »Viele Verleger sind hinterlistige Dreckskerle. Ich kenne mich ein wenig in der Verlagswelt aus.« Der letzte Satz klang verbittert.
    »Du kennst dich in der Verlagswelt aus?« Chris setzte eine Dass-ich-nicht-lache-Miene auf.
    »Viel mehr, als du glaubst. Ich verfüge über einen reichen Schatz an … Erfahrung, um deine Karriere zu fördern. Hier ist meine Karte.« Karl zauberte eine Visitenkarte hervor.
    »Was soll das? Ich hab schon eine.«
    »Schick sie an Burrger und Goldman. Die werden beeindruckt sein. Die wissen, dass du dir nichts von denen gefallen lässt, wenn sie erfahren, dass du mich als deinen Agenten verpflichtet hast. Ich beschaffe dir sämtliche Medienkontakte, die du brauchst.«
    Chris sah die Karte

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