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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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leer, halb voll, je nach Chris’ Stimmungslage. Geduldig an Chris’ Seite saß Paisley, sein Kongo-Terrier.
    »Arbeitest du jetzt für das Scheißtourismusbüro?«, witzelte Chris. »Für mich sieht das wie ein grüner Kackehaufen aus. Kennst du die Mais-Werbung? Ho, ho, ho, Green Turd?«
    »Dein Herrchen ist mal wieder die Liebenswürdigkeit in Person, was, Paisley?« Der Hund bewegte kurz die Ohren, ignorierte Karl jedoch mit dem ganzen Rest des Körpers. »Ihr seid euch verdammt ähnlich. Er hat deine Laune.«
    Karl öffnete eine Packung Zigaretten, zerknüllte genervt das Zellophan und klopfte zwei Zigaretten heraus, von denen er eine Chris anbot. Beide Männer zündeten ihre Zigarette an, dann herrschte Stille. Man hörte lediglich die Laute rastloser Vögel und das gedämpfte Brummen des fernen Autoverkehrs.
    »Und, was hast du über Wesley Milligan für mich?«, fragte Karl, der das Schweigen schließlich brach. »Weiß man, weshalb irgendwer drauf aus war, ihm drei Kugeln in den Hinterkopf zu jagen?«
    Chris stieß Rauch zwischen übel aussehenden Zahnruinen aus, bevor er antwortete. »Ziemlich wenig. Ist ja nicht so, dass ich noch groß durch mein altes Revier hüpfen könnte, oder? Und niemand will was mit einem Spitzel zu tun haben … Überraschung!«
    »Hör zu, ich weiß, wie du …«
    »Nicht. Okay. Verschon mich mit diesem Ich-weiß-was-du-durchmachst-Schmus. Kapiert? Außer natürlich, jemand hätte dir mal einen Rollstuhl an den Arsch geklebt.«
    »In letzter Zeit nicht«, gab Karl kopfschüttelnd zu.
    »In zwei Jahren bin ich so drauf wie dieser verrückte Hawking, der auf dem Mond gewesen ist. Der kann heute nur noch wie ein Scheiß-Dalek reden.«
    »Hawking? Du meinst Stephen Hawking? Der ist nicht auf dem Mond gewesen. Er hat schwarze Löcher entdeckt.«
    »Schwarze Löcher. Wen juckt der Scheiß?« Chris schnippte die halb gerauchte Zigarette wütend auf das Gras, ohne sich um das »Haltet die Umwelt sauber«-Schild zu scheren. Funken stoben in alle Richtungen. »Weißt du, wie mich die ganzen Scheißkerle nennen?«
    »Nein«, log Karl. »Wie?«
    »Scheiß-Mitesser auf Rädern.«
    Karl schüttelte gespielt angewidert den Kopf. »Ich dachte, es wäre nur Mitesser auf Rädern. Ich hatte keine Ahnung, dass es
Scheiß
-Mitesser heißt.«
    Chris drehte den Kopf und nagelte Karl mit Blicken fest. Einen Moment stand der alte Raubtierblick in Chris’ Augen, mit denen er seine vor Angst starren Opfer betrachtet hatte, bevor er ihnen aus nächster Nähe in die Stirn schoss, als er noch als Auftragskiller für die hiesigen Gangster arbeitete. Doch der Ausdruck verschwand so schnell, wie er gekommen war, als wüsste Chris, wie hoffnungslos ohnmächtig er jetzt wirkte.
    »Du bist ein komischer Kerl, Karl. Nicht wie Frank Carson komisch; mehr wie Tommy Cooper komisch.«
    »Soweit ich weiß, ist Tommy Cooper tot.«
    Ein wölfisches Grinsen umspielte Chris’ Lippen. »Stimmt genau …«
    Karl gefiel die Wendung nicht, die das Gespräch nahm, daher wechselte er schnell das Thema. »Hättest du Lust, im Cellar was essen zu gehen?« Er nickte zur Burg, dann fügte er hastig hinzu: »Allerdings habe ich gehört, das Essen dort soll Scheiße sein, wenn ich ehrlich bin.«
    »Du bist immer noch derselbe elende Geizkragen«, sagte Chris und schnitt eine Grimasse. »Ich sollte dein Angebot annehmen, nur um dir die Tränen in die Augen zu treiben.«
    »Das ist unfair. Ich bin so was von Pleite. Winkeladvokaten und eine raffgierige Exfrau bluten mich aus. Außerdem springt ja ein bisschen was für dich raus. Da würde ich mich nicht gerade als Geizkragen bezeichnen.« Karl hörte sich aufrichtig entrüstet an.
    »
Bisschen
ist das entscheidende Wort. Ich musste gerade das ganze Geld aus meiner Lebensversicherung in eine ausgeklügelte Alarmanlage investieren. Dein Bisschen reicht nicht mal für ’ne Mausefalle.« Chris rieb sich nervös die hohe Stirn, als wollte er einen Dschinn beschwören.
    Karl kannte die Geste. Er wartete.
    Eine Galerie von Tätowierungen überzog Chris’ muskulösen Oberkörper. Das herausragendste war ein Gitarre spielendes Heavy-Metal-Skelett auf seinem Unterarm. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich die Gitarre als enorme Erektion, die ihren Ursprung zwischen den Beinen des Skeletts hatte: ein Knochenmann mit hartem Knochen. Je mehr Chris über den Unterarm strich, desto mehr sah es so aus, als würde das Skelett in Zeitlupe onanieren. Die einzige Erektion, die ich heutzutage noch

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