Die Bestien von Belfast
an, dann Karl direkt in die Augen. »Warum nur habe ich das Gefühl, dass du das viel mehr willst als ich? Was steckt dahinter?«
»Ach … Eine lange Geschichte.«
»Ich denke darüber nach.« Chris nahm die Karte und steckte sie in eine kleine Tasche an der Seite seines Rollstuhls.
»Mehr verlange ich nicht; dass du darüber nachdenkst. Nicht mehr und nicht weniger.« Karl lächelte. »Hast du schon einen Titel für deine Memoiren?«
»Darüber hab ich noch nicht groß nachgedacht.«
»Töten, um zu leben.«
»Was?«
»Töten, um zu leben.
Das ist ein Hammer-Titel – und ich berechne dir nicht mal was dafür.«
»Du hast Nerven.« Chris schüttelte den Kopf. »Dir ist hoffentlich klar, wenn das mit meinem Buch publik wird, dürfte keiner, der mit mir zu schaffen hat, mehr eine Einladung zum Polizeiball bekommen.«
»Ich tanze wahnsinnig ungern mit Polizisten – zu viele Schlagstöcke, die im Takt der Musik schwingen. Egal, warte nur ab, bis ich loslege«, versprach Karl. »Töten ist in der Verlagswelt ein großes Geschäft. Vertrau mir.«
Plötzlich überzog ein dürres Lächeln Chris’ Gesicht. »
Vertrau mir.
Als ich diese zwei Worte das letzte Mal gehört habe, hat mir jemand sechsmal in den Scheißrücken geschossen …«
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Kapitel Sieben
Montag, 29 .Januar (Nachmittag)
»Feige Hunde bellen am lautesten.« John Webster,
Der weiße Teufel
Karl drückte den Klingelknopf, hörte aber keinen Laut, auch im Inneren des Hauses nicht. Er klopfte zweimal an die Tür. Keine Reaktion. Er wartete ein paar Sekunden und versuchte es dann erneut.
»Was zum Teufel soll der Lärm?«, brüllte ein aufgebrachter junger Mann, der die Eingangstür plötzlich weit aufriss. »Wir kaufen nichts. Und jetzt verpiss dich, bevor ich richtig sauer werde und dir eine reinhauen muss, Alter.«
Der zornige junge Mann war gebaut wie der sprichwörtliche Schrank. Er trug ein verdrecktes, zwei Nummern zu kleines T-Shirt, um den Sylvester-Stallone-mäßigen Oberkörper zu betonen. Lepröse Tätowierungen bedeckten seine unwirklichen Popeye-Arme.
»Ist deine Mutter da?«, fragte Karl mit ruhiger, sachlicher Stimme.
»Was?« Der zornige junge Mann verzog das Gesicht.
»Deine Mutter? Ist sie zufällig …?«
Unvermittelt holte der zornige junge Mann aus und schlug nach Karls Kopf. Glücklicherweise hatte er zu viele Steroide intus, die ihn langsam machten; Karl duckte sich mühelos weg, packte den Arm noch im Schwung, und drehte dem zornigen jungen Mann den Arm auf den Rücken.
»Ganz ruhig, Bürschchen«, fauchte Karl dem zornigen jungen Mann in das beringte Ohr.
»Loslassen! Du bist so was von fällig – aaah!«
»Du musst dich beruhigen, Bürschchen. Andernfalls wandert dein Arm noch höher. Kapiert?« Karl drückte den Arm noch weiter nach oben.
»Aaah! Drecksack!«
»Kapiert?«
»Jaaa.«
Plötzlich kam eine Frau den Flur entlanggestürmt; sie trug einen ehemals weißen Bademantel, der viel von ihrem Busen sehen ließ. Das Haar hatte sie unter einem turbanähnlichen Handtuch verborgen, ihre Haut war rot vor Wut und heißem Wasser.
»Thomas! Hör sofort auf! Hast du mich verstanden?«
Thomas murmelte kaum verständlich. Dass dieser Dreckskerl angefangen und ihn überrumpelt hätte.
»Sie können ihn jetzt loslassen«, sagte die Frau mit aufmunternder Stimme zu Karl.
»Ganz sicher? Ich würde es nur ungern sehen, wenn sich Thomas die Knöchel an meinem faltigen Gesicht aufschürft.«
»Lassen Sie ihn los«, wiederholte sie barsch, verschränkte drohend die Arme und wartete darauf, dass man ihr gehorchte.
Karl roch Reste von Talkumpuder und Shampoo an der Frau, als er Thomas in den Flur schubste.
Thomas wirbelte sofort herum und sah Karl wütend an. Sein Gesicht verriet Karl, dass der zornige junge Mann auf Vergeltung aus war.
»Ich würde mir das zweimal überlegen, Thomas«, mahnte Karl.
»Geh rein, Thomas … bitte … sofort«, befahl die Frau, deren Gesicht mit jeder Sekunde dunkelroter anlief.
»Er hat angefangen, Margaret«, murmelte Thomas und schlurfte den Flur entlang, wobei er einen ununterbrochenen Schwall an Verwünschungen ausstieß. »Pass bloß auf, alter Mann. Ich vergesse nie ein Gesicht.«
»Ich vergesse auch nie ein Gesicht, Thomas, aber in deinem Fall mache ich gern eine Ausnahme«, antwortete Karl.
»Wer zum Teufel sind Sie, und was wollen Sie?«, fragte Margaret, stellte sich halb hinter die Haustür und zog den Bademantel zu, als wäre ihr eben erst aufgegangen, was
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