Die Bestien von Belfast
stellen, damit sie es wohlwollend in Erwägung ziehen kann.«
»Das Übliche? Wodka Orange?«, fragte Karl.
»Nein. Heute Abend nicht. Ich nehme einen Whiskey – pur. Einmal die Woche ist eine Abweichung gestattet. Außerdem habe ich es satt, dass die hiesigen Homosexuellen sich andauernd ungebeten aufdrängen und einem die Kerben ihrer Eroberungen auf ihren kümmerlichen Pimmelchen zeigen wollen – den vollen zehn Zentimetern. Ihre Grausamkeit wird denen von Frauen immer ähnlicher – Anwesende selbstredend ausgeschlossen.«
»Selbstredend«, sagte Naomi lächelnd.
»Warum versuchst du es nicht mal mit einem richtigen Mann? Mann kann nie wissen …«, schlug Karl mit einem Grinsen vor.
»Ich war mal ein richtiger Mann. Weißt du nicht mehr?«, entgegnete Ivana frostig. Dann wandte sie sich an Naomi und fuhr fort. »Ich begreife nicht, was du an ihm findest, Süße. Sein mangelndes gutes Aussehen wird durch zu viele unansehnliche Beulen wettgemacht. Sein Haar ist schütter, er ist alt und hat den Kleidungsgeschmack von Attila dem Hunnen.«
Naomis Lächeln verrutschte. Karl suchte nach einer schnippischen Antwort, ließ sie jedoch unausgesprochen, wusste er doch, dass er im Angesicht der Königin der ätzenden Retouren auf verlorenem Posten stand.
Der Kellner kam und verzog sich hastig und ohne Trinkgeld wieder. Ivana, die seinen Hüftschwung bewunderte, sagte: »Frisch und so lecker … Beine wie Anakondas.«
»Was macht dein Liebesleben, Ivana?«, fragte Naomi.
»Es gab eine Zeit, Süße, da bekam ich mehr Ärsche zu sehen als eine durchschnittliche Toilette. Heute sind meine Affären wie eine Toilette. Sie enden immer beschissen.«
»Danke für diese wunderbaren Bilder, Ivana«, unterbrach Karl sie und trank einen Schluck Brandy, ehe er fortfuhr. »Sind in jüngster Zeit neue Talente in der Stadt aufgetaucht?«
»Talente? Ooooooh. Fragst du einfach so, oder hast du tatsächlich Hoffnung?«
»Einfach so. Jemand Auffälliges?«
Ivana lachte und machte eine weit ausholende Geste. »Auffällig? Wie auffällig hättest du es denn gern? Da brauchst du nicht lange zu suchen.«
»Ich spreche von neuen Gesichtern. Könnte ein Transvestit sein. Gut aussehend. Möglicherweise etwas muskulös. Vielleicht ein Fitness-Fan. Bleibt gern für sich. Hat eine Vorliebe für ältere Männer. Einzelgänger. Trinkt Drambuie.«
»Mein perfekter Stecher – mit Ausnahme dieser Vorliebe für alte Männer.« Ivanas Stimme hatte einen unendlich gelangweilten Unterton. »Hört sich ganz so an, als wärst du hinter einem Ständerschmuggler her.«
»Was ist denn ein Ständerschmuggler?«, fragte Naomi und trank von ihrer Bacardi-Cola.
»Eine Transe, Süße, du Unschuld vom Lande.«
»Nein«, antwortete Karl und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass wir nach einer Transe suchen. Nicht in diesem Fall.«
»Was ist mit diesem Gestapo-Arschloch, McKenzie?«, fragte Ivana hämisch. »Warum fragst du nicht den?«
»Bulldog? Was ist mit dem?«, fragte Karl, der plötzlich eine unerklärliche Kälte in der Magengegend spürte.
»Er war in letzter Zeit oft abends hier und hat alle belästigt. Der Drecksack hat sogar die Stirn besessen, mich abzutasten, um mich angeblich nach Drogen zu durchsuchen, und hat mich dann doch tatsächlich in aller Dreistigkeit gefragt, ob ich es nicht bereue, dass ich meine Banane und die zwei Mandarinen gegen eine Pflaume eingetauscht habe. Er ist so ein grauenhafter Kretin. Warum ist er so, Karl?«
Karl zuckte die Achseln. »Weibisches kommt in Wilsons Team nicht so gut an. Übertriebene Maskulinität ist Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Klub der Harten Hunde. Ich würde keinen Gedanken an die verschwenden, Ivana. Sie sind es einfach nicht wert. Ich sag dir was. Wenn er dich hier drin das nächste Mal belästigt, ruf mich an, ja?«
Ivana schlang die Arme um Karls Hals, drückte ihm einen feuchten Kuss auf die Wange und sagte so laut, dass alle es hören konnten: »Ich liebe diesen groben Klotz von einem Mann. Wären doch nur alle Männer wie er, dann wäre ich auch einer geblieben!«
»Karl hat recht, Ivana. Lass dich nicht von McKenzie ärgern«, sekundierte Naomi und hielt Ivanas Hand. »Leute wie der bekommen immer ihre gerechte Strafe. Ist doch so, Karl?«
Karl bestellte eine zweite Runde und wich damit der Frage aus. Tief im Inneren glaubte er, dass Leute wie McKenzie nie ihre gerechte Strafe erhielten.
»Hast du den Kerl jemals lächeln sehen, mit seinem schwarzen
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