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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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Zahnfleisch und den verfaulten Zähnen?«, fuhr Ivana fort und sah sich misstrauisch um, als befürchtete sie, dass Bulldog sie irgendwo in dem spärlich beleuchteten Raum beobachtete. »Seine hässliche Visage ist wie eine Piñata, man sollte so oft wie möglich und so fest wie möglich reinschlagen.«
    »Ganz im Gegensatz zu dir, Ivana«, sagte Naomi. »Du bist ein wunderbarer Mensch – innerlich wie äußerlich.«
    Ivana genoss die Aufmerksamkeit, fuhr plötzlich mit sanfter, einladender Stimme fort und strich Naomi über die Wange. »Wäre ich doch nur wieder ein Mann, Süße. Was würde ich nicht alles mit dir anstellen.«
    »Finger weg«, sagte Karl und bestellte schnell noch eine Runde vor der Sperrstunde.
    Keine Stunde später verließen Karl und Naomi die herzliche Wärme des Billy Holidays und traten in die Vollmondnacht hinaus. Die kalte Luft wirkte noch frostiger als zuvor. Die Straßen waren dunkler und von einer ungreifbaren Aura schleichenden Grauens umflort. Ein Grauen, das man niemals unterschätzen sollte, wie Karl im Lauf der Jahre gelernt hatte. Er respektierte es.
    »Das war ein netter Abend, Karl, oder nicht? Ich hätte Ivana die ganze Nacht zuhören können. Sie ist zum Schießen«, sagte Naomi und drückte sich fester an Karl. »Es ist so kalt. Ich kann es kaum erwarten, dass zu Hause etwas von dieser männlichen Körperwärme über mich kommt.«
    »Ich auch nicht. Wenn ich einen Mann finde, der mir etwas davon abgibt.«
    »Wie du dich bei Ivana über Wilsons Team geäußert hast. Warum, um alles auf der Welt, hast du dich je um eine Stelle als Polizist beworben? Du bist nicht wie die. Ganz im Gegenteil.«
    »Fang nicht wieder an zu streiten, Naomi. Bitte …«
    »Wir haben keinen Streit.«
    »Aber es endet meist mit einem«, seufzte Karl, ehe er klein beigab. »Ich war naiv, vermutlich habe ich zu viel Kojak im Fernsehen gesehen und dachte, die Guten wären tatsächlich die Guten, ohne zu ahnen, dass sie auch die Bösen sein könnten. Okay?«
    »Wer ist Kojak?«, fragte Naomi.
    »Jetzt fühle ich mich so alt, wie ich bin. Der war ein kahlköpfiger Bulle, der dauernd Lollys gelutscht und gesagt hat: Entzückend, Baby!«
    »Das ist ja krank. Klingt mir mehr nach einem Pädophilen als einem Polizisten. Und das lief im Fernsehen?«
    »Zur besten Sendezeit. Ich habe ein dunkles Geheimnis, das ich dir jetzt beichten werde, Naomi, aber du musst mir versprechen, dass du nie ein Sterbenswörtchen davon verrätst, ja?«
    Naomi fuhr mit ernster und flüsternder Stimme fort. »Du weißt, ich würde nie etwas preisgeben, das sich zwischen uns abspielt.«
    »Okay. Denn wenn das rauskommt, bin ich erledigt.«
    Naomi nickte. »Okay.«
    »Ich wollte immer Telly Savalas sein – nur mit Haar. So. Jetzt ist es raus.« Karl lächelte.
    »Telly, wer? Karl, wie viele Brandys hast du gekippt, während ich auf dem Klo war?«
    Plötzlich ertönte Karls Handy in seiner Tasche.
    »Wer zum Teufel ruft mich denn mitten in der Nacht an?« Er nahm das Telefon zur Hand, betrachtete das Display und entzifferte mühsam:
Di beob 8 n dch. Gib 8 . Vrst. Trauk 1 em.
»Das ist eine dieser verfluchten Textverstümmelungen, nichts als Kauderwelsch. Ich habe keinen Schimmer, wie man das entziffert – und der Brandy hilft auch nicht gerade.«
    »Lass mal sehen«, sagte Naomi und nahm Karl das Telefon ab.
    Langsam verschwand Naomis Lächeln.
    »Was ist das, Naomi? Eine geheime Botschaft von einer heimlichen Verehrerin?«
    »Vermutlich ein schlechter Scherz.«
    »Was heißt das denn?«
    »›Die beobachten dich. Gib acht. Vorsicht. Traue keinem.‹« Sie erschauerte. »Sehr unheimlich.«
    »Mach dich nicht verrückt. Vermutlich ein pickeliger Halbwüchsiger, der in einer kalten, einsamen Nacht nichts Besseres zu tun hat, als Leute zu nerven«, sagte Karl mit einem Lächeln. »Komm. Gehen wir nach Hause und suchen uns den wärmenden Mann.«
    »Ja«, sagte Naomi und schmiegte sich enger an Karl. »Das machen wir.«
    »Entzückend, Baby!«, sagte Karl mit seiner besten Telly-Savalas-Stimme.
    »Nicht, Karl. Das ist gruselig.«
    »Ich brauch nur einen Lolly …«

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    Kapitel  Neun
    Dienstag, 30 .Januar
    »Lasst uns kein imaginäres Böses erfinden, wo es doch mehr als genug reales gibt.« Oliver Goldsmith,
The Good-Natured Man
    Am nächsten Morgen öffnete das Büro für den ersten Kunden des Tages.
    »Karl? Mister Munday möchte dich sprechen«, sagte die lächelnde Naomi, die ein himmelblaues T-Shirt mit der

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