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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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Karl. Manche von uns müssen morgen früh richtig arbeiten. Zum zehnten Mal, wie viele Karten willst du?«
    Karl schenkte McCracken keine Beachtung, sondern konzentrierte sich auf sein Blatt. Für ihn glich Poker seinen Privatermittlungen: In beiden Fällen galt es, Entscheidungen auf der Grundlage unvollständiger Informationen zu treffen. Eine einzige Fehlinterpretation dieser Informationen, und man saß so tief in der Scheiße, dass sie einem bis Oberkante Unterlippe stand.
    Karls Handy klingelte.
    »Hatten wir nicht ›keine Handys‹ gesagt?«, fragte Marty Harrington. »Buster hat recht, einige von uns müssen morgen früh richtig arbeiten.«
    »Und das von einem Mann, der seinen Lebensunterhalt mit den Toten verdient?«, konterte Karl und bemühte sich, gekränkt zu klingen. »Hör auf zu jammern, Karl. Früher hatte ich
Der Exorzist
als Klingelton – das hätte dir sicher besser gefallen.« Karl drückte die Empfangstaste des Telefons. »Hallo?«
    »Ich muss mit dir sprechen«, ertönte eine ernste Stimme am anderen Ende.
    »Wilson? Ist das dein Ernst? Ich bin gerade in einer geschäftlichen Besprechung.«
    »Ja, das höre ich. Ich muss dir ein paar Fragen stellen.«
    Karl klemmte das Handy linkisch zwischen Schulter und Kiefer, während er sein Blatt betrachtete. »Jetzt?«, fragte er. »Mitten in der Nacht? Kann das nicht bis morgen warten?«
    »Du willst doch nicht, dass ich eine Razzia wegen illegalen Glücksspiels in McCrackens Haus anordne, nur um dich dort rauszuholen?«
    »Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«
    »Ich könnte dich in die North Queen Street schaffen lassen und dir eine hübsche bequeme Zelle anbieten.«
    Karl ignorierte diese Drohung und versuchte, sich auf sein Blatt zu konzentrieren. Sein Gehirn riet ihm, eine Karte zu nehmen und auf den Flush zu setzen, da die Chancen besser waren. »Gib mir drei«, sagten seine Eier.
    »Halleluja noch mal!«, sagte Großmaul und schob Karl drei Karten rüber, bevor er den anderen Spielern in einem Dunst von Zigarren- und Zigarettenrauch ihre Karten gab.
    Harrington verfluchte sein Pech und warf die Karten als Erster auf den Tisch – zum zehnten Mal hintereinander.
    »Bist du noch da?«, fragte Wilson ungeduldig.
    »Ruf mich in fünf Minuten noch mal an«, sagte Karl und drückte Wilsons gereizte Stimme weg.
    Karl betrachtete jede Karte einzeln, indem er die obere Ecke mit dem Daumen leicht anhob und dabei betete, dass dabei die unverkennbare Pyramidenspitze eines Asses zum Vorschein käme. Doch das Symbol auf der ersten Karte war gekrümmt.
Eine Zwei. Mist!
Es kam noch schlimmer. Es war eine Herz-Zwei. Er hätte einen Flush gehabt, hätte er auf seinen Verstand gehört. Er hob die nächste Karte an. Noch eine Zwei.
Ausgezeichnet.
Wenigstens zwei Paare. Sein Herz vollführte einen kleinen Freudensprung, als er die nächste Karte anhob und angesichts der Pyramidenform Hoffnung schöpfte. Sein Herz schlug schneller.
Ruhig … ruhig … könnte eine Vier sein …
Er schloss die Augen, betete.
Ein Ass! Scheiße. Ein Full House. Auf die alten Eier war eben Verlass!
    Karl mimte den Betrübten, um niemanden auf sein Blatt aufmerksam zu machen. Die Strategie ging voll in die Hose. Alle rochen den Braten und schoben hastig ihre Karten zusammen. Alle, außer Henry McGovern, ein Anwalt mit dem Ruf, vor Gericht und beim Poker stets gegen jede Wahrscheinlichkeit siegreich zu bleiben.
    »Ich glaube, du bluffst, Karl«, sagte McGovern und schob sich eine dicke kubanische Zigarre zwischen die nicht minder dicken Lippen. »Du bluffst doch, oder?«
    Karl zuckte die Achseln und lächelte. »Es gibt eine Möglichkeit, das rauszufinden, Henry. Aber es kostet dich was.«
    McGovern zündete die Zigarre an und schürzte die Lippen, dann blies er dicken, kobaltblauen Rauch in die Luft. »Ist gut, Karl. Deine zwanzig, plus … sagen wir … fünfzig.«
    Karl bemühte sich, eine ausdruckslose Miene zu wahren, während er sein Full House betrachtete. Langsam legte er die Karten weg. Schüttelte den Kopf. Betrachtete sein Geld. Sah dem grinsenden McGovern ins Gesicht.
    Ganz ruhig. Nichts überstürzen. Du hast den Schleimbeutel an den Eiern.
    »Ein kleines Einschüchterungsmanöver?«, fragte Karl und trommelte kurz mit den Fingern auf der Tischplatte, während er nach seinem Geldbündel griff. »Ich wollte schon passen, aber Drohungen kann ich nicht ausstehen. Und darum sag ich dir was, Henry. Deine fünfzig, plus weitere fünfzig – nein, sagen wir

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