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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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hundert.«
    Das Publikum holte deutlich hörbar Luft. Plötzlich herrschte Totenstille. Alle warteten gespannt. Harrington faltete die Finger wie zum Gebet und stützte das Kinn darauf.
    McGovern nuckelte an der Zigarre und betrachtete sein Geldbündel. Betastete es sanft, fast zärtlich. Er formte ein »O« mit den Lippen und blies einen perfekten Rauchkringel. Der Ring wurde größer und schwebte über Karls Kopf wie ein Heiligenschein.
    »Machen wir es noch interessanter, Karl. Deine hundert, plus …« – er blätterte das Geldbündel durch – »… noch mal zwei.«
    Großmaul riss dasselbe sperrangelweit auf. Harrington rieb sich hämisch die Hände, wohl wissen, dass jemand schwer, wenn nicht tödlich verletzt aus diesem Zweikampf hervorgehen würde.
    Karl zählte seine Barschaft noch einmal. Enttäuschend.
Zu
viel Glück, zu wenig Geld. Gerade genug, ihn zeigen zu lassen.
Er blätterte die Summe hin.
    »Okay, Henry. Ich will sehen. Gib’s mir.«
    »Mit Vergnügen«, sagte McGovern und fächerte sein Blatt auf der Tischplatte auf. »Da scheißt Queen Elizabeth sich ein.«
    »Scheiße …«, flüsterten alle – ausgenommen Karl – wie aus einem Munde. »Ein Royal Flush …«
    Karl war sprachlos. Die Brust schnürte sich ihm zusammen.
Ein Herzanfall?
Plötzlich schwankte das ganze Zimmer. Alle Blicke ruhten auf ihm. Er schüttelte den Kopf und gestand seine Niederlage galant ein, indem er die Karten verdeckt auf den Tisch legte.
    Die
Rockford
-Titelmelodie ertönte erneut.
    »Die fünf Minuten sind um. Sag deinen Freunden, sie sollen sich auf ihre Festnahme einstellen. Ich komme jetzt«, sagte Wilson am anderen Ende der Leitung.
    »Nicht nötig, Mister Taktvoll. Ich bin hier fertig. Ich bin schon unterwegs«, sagte Karl, klappte das Handy zu, stand auf und zwängte sich in den Mantel. »Au revoir, ihr alten Säcke. Bis nächste Woche zur selben Zeit.« Plötzlich fühlten sich seine Beine schwer und seine Taschen leicht an.
    Draußen herrschte beißende nächtliche Kälte. Das Atmen allein tat weh. Karl schlug hastig seinen Mantelkragen hoch.
Jetzt einen Hennessy …
    In der Dunkelheit blinkten die Scheinwerfer eines Autos. Die Hupe ertönte zweimal, dann näherte sich der Wagen langsam Karl.
    »Du weißt, dass Prostitution gegen das Gesetz verstößt?«, fragte Karl und stieg zu Wilson ein. In dem Auto herrschte eine Affenhitze.
    »Wie kommt Naomi zurecht?«
    »Danke für deine Fürsorge, aber lassen wir das. Ich bin sicher, du hast den Weg nicht auf dich genommen, nur um dich nach Naomi zu erkundigen. Also, was willst du wirklich?«
    »Ich hoffe, du hast mehr Glück gehabt als dein Klient?«
    Karl entging nicht, dass Wilson äußerst verbiestert dreinsah.
    »Was soll das heißen? Wenn du was zu sagen hast, dann spuck’s aus.«
    »Wie gut kennst du einen Mister William McCully?«
    »William McCully …?« Karl öffnete im Geiste seinen Karteikasten und ging ihn durch. Fand nichts. Schloss ihn wieder. »Ich kenne niemanden, der so heißt.«
    »Aber anscheinend kannte er dich. Er hatte deine Karte. Die scheinen mir allmählich so populär wie Spielkarten zu werden, deine Visitenkarten.«
    »Du benutzt die Vergangenheitsform. Ich habe immer ein ungutes Gefühl, wenn du das machst.«
    »Er ist tot. Und er war schon seit einer ganzen Weile tot, wenn man den Pathologen glauben darf, bis jemand auf die Idee kam, nach ihm zu suchen.«
    »Schrecklich, aber nur, weil er meine Visitenkarte hatte, bedeutet das nicht, dass …«
    Wilson zog einige Fotografien aus dem Handschuhfach und gab Karl eine. »Die haben die Jungs von der Gerichtsmedizin gemacht. Der muss schrecklich gelitten haben. Sieh dir nur dieses grässlich vernarbte Gesicht an.« Die Augen des Toten waren vor Entsetzen weit aufgerissen.
    Karl spürte den Puls in seinem Hals. Sein Magen brannte wie Feuer.
    »Was ist los?«, fragte Wilson.
    Karl erkannte den Mann trotz der entstellten Gesichtszüge sofort. »Munday. Er sagte mir, sein Name wäre Bill Munday. Wie ist er gestorben?«
    »Kopfschuss, aber erst, nachdem er ausgiebig gefoltert wurde. Übersät von Brandmalen. Möglicherweise eine Art Elektroschocker oder so. Hicks wird uns das nach der Autopsie genauer sagen.«
    »Was weißt du über ihn?«, fragte Karl.
    »Ein recht erfolgreicher Geschäftsmann, wie aus den ersten Berichten hervorgeht. Wichtiger ist mir aber, was hatte er mit dir zu schaffen?«
    Karl erlangte rasch die Fassung wieder. »Selbst jemand, der so beschränkt ist wie du, sollte

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