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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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nicht jeden persönlich. Soweit ich weiß, war Wesley Milligan beliebt und angesehen. Aber Sie müssen bedenken, dass Wesley und Basil beide schon vor Jahren fast gleichzeitig aus dem Gefängnisdienst ausgeschieden sind.«
    »Aber nicht Joseph Kerr. Er war stellvertretender Direktor. Er diente noch – hat noch gedient.«
    Hanna schien zu zögern. »Joseph Kerr war ein guter Mann. Sehr viel Potenzial. Ein großer Verlust.«
    »Ich habe gehört, Sie haben den Job bekommen, für den er im Gespräch war.«
    Hanna machte einen etwas unbehaglichen Eindruck. »Sie haben offenbar Ihre Hausaufgaben gemacht, bevor Sie hierhergekommen sind, Mister Kane.«
    »Eine alte Angewohnheit aus der Schulzeit. Die Angst vor dem Rohrstock war stets ein guter Ansporn.«
    »Joseph Kerr war einer von vielen Kandidaten für den Job des Direktors. Auf dem Papier hätte er ihn bekommen müssen. Er war zu der Zeit stellvertretender Direktor.«
    »Und warum hat er den Job dann nicht bekommen?«
    »Ich bin ein Zahlenmensch, Mister Kane. Ich kürze da, wo gekürzt werden muss. Man gab mir den Job, damit ich die Truppe verschlanke. Joseph Kerr hätte nicht den Mumm für diese Aufgabe gehabt. Er war zu vielen Freunden in der Truppe verpflichtet. Das haben die Verantwortlichen gemerkt und als Schwäche angesehen. Ich weiß, das hört sich ruchlos an, aber so ist das Leben eben auf der untersten Ebene des Fiskus.«
    Karl trank einen Schluck von dem Brandy. »Der ist wirklich gut. Courvoisier?«
    Hanna schien sich über Karls Themenwechsel zu freuen. »Sie kennen sich mit Brandy aus, Mister Kane?«
    »Soweit ich ihn mir leisten kann.«
    »Hier. Gestatten Sie.« Hanna schenkte Karl großzügig nach, goss etwas weniger in sein eigenes Glas und lächelte. »Ich sollte mir eigentlich keinen mehr genehmigen, will aber nicht ungemütlich erscheinen.«
    »Ja, den Grund führe ich auch häufig an«, sagte Karl.
    Sein Blick wanderte über die Porträts, die die Wände zierten. Dreiundzwanzig Lippenpaare, nicht ein einziges Lächeln. »Fröhliche Truppe.«
    Hanna betrachtete die Bilder. »Alles ehemalige Direktoren dieses wunderbaren Etablissements.«
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, aber die sehen alle aus wie aus einem alten Hammer-Film mit Vincent Price in der Hauptrolle.«
    Hanna lachte. »Sagen Sie, was Sie wollen. Noch hänge ich ja nicht da oben. Andernfalls hätte ich Sie jetzt zu Einzelhaft verdonnert.« Das Lachen wurde lauter.
    Karl trank und blätterte eine Seite um.
    »Nur noch zwei Fragen, Herr Direktor.«
    »Hören Sie, meine Zeit ist leider wirklich knapp bemessen, Mister Kane, aber ich rufe Ihnen gern Oberaufseher Lange, vielleicht kann er Ihnen weiterhelfen. Er verfügt über ein hervorragendes Gedächtnis und weiß eine Menge über das Gefängnis.«
    Ein paar Minuten später ertönte ein Klopfen an der Tür, und ein großer Mann mit goldenen Streifen auf den Schultern seines gestärkten Hemds trat ein. Er hatte stechende blaue Augen und blondes Haar, das wie mit dem Lineal perfekt nach den Gefängnisvorschriften geschnitten war. Sein Gesicht wirkte ganz und gar unmännlich.
    »Trevor, das ist Mister Kane. Er ist bei der Polizei.«
    Karl korrigierte den Fehler nicht.
    Oberaufseher Lange nickte Karl zu. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Mister Kane?« Langes Lächeln wirkte ein wenig gezwungen. Er hielt die Hände eisern hinter dem Rücken verschränkt, als wollte er sich durch einen Handschlag nichts vergeben.
    Ein Mann, der Außenstehenden misstraut
, dachte Karl, der plötzlich eine grauenhafte Vision von Eiscreme und Würstchen hatte. »Ich habe mich gerade mit dem Direktor über die jüngsten Todesfälle unter Gefängnisaufsehern unterhalten, Mister Lange. Können Sie vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringen?«
    »In welcher Hinsicht?«, fragte Lange, der Hanna einen Blick zuwarf, ehe er wieder Karl ansah.
    »Also, ich lasse die beiden Herren jetzt allein«, kam ihm Hanna zu Hilfe und sah auf die Uhr. Ohne weitere Umschweife verließ er den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.
    »Hatten Wesley Milligan, Joseph Kerr oder Basil Donaldson Feinde unter dem Personal?«, fragte Karl.
    »Wir haben alle Feinde, Mister Kane. Würden Sie das nicht auch so sehen? Ohne sie wäre das Leben nicht das Leben.« Lange ging hinter den Schreibtisch des Direktors und nahm auf dem gepolsterten Ledersessel Platz. Er schob Hannas Glas beiseite und betrachtete seine Finger, als hätte er sie beschmutzt.
    Siehst ganz so aus, als würde es dir auf

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