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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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noch lange nicht.
    Als ich wieder zu mir komme, spüre ich nicht viel; ich bin so benommen, als wäre mein Kopf voller Wattebäuschchen.
    Ich weiß nur, dass ich verloren habe. Mein benebeltes Gehirn macht vielleicht die Schmerzen halbwegs erträglich, aber es hindert mich auch daran, einen klaren Gedanken zu fassen.
    » Hat sich ihr Auge schon blau verfärbt?«, fragt jemand.
    Ich öffne ein Auge– das andere bleibt zu, als hätte es jemand festgeklebt. Rechts neben mir sitzen Will und Al; Christina sitzt links neben mir auf dem Bett. Sie drückt einen Eisbeutel an ihr Kinn.
    » Was ist mit deinem Gesicht passiert?«, nuschle ich. Meine Lippen fühlen sich unförmig und viel zu groß an.
    Sie lacht. » Das sagt gerade die Richtige. Sollen wir dir eine Augenklappe besorgen?«
    » Ich weiß, was mit meinem Gesicht passiert ist«, sage ich. » Ich war ja dabei. Sozusagen.«
    » Hast du gerade einen Witz gemacht, Tris?«, fragt Will mit einem breiten Grinsen. » Wenn ja, dann sollten wir dir öfter Schmerztabletten geben. Oh, und um deine Frage zu beantworten– ich habe Christina verhauen.«
    » Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du Will nicht besiegen konntest«, sagt Al kopfschüttelnd.
    » Wieso? Er ist gut«, verteidigt sich Christina achselzuckend. » Außerdem weiß ich jetzt endlich, wie ich nie mehr verliere. Ich darf einfach nicht zulassen, dass mir jemand einen Kinnhaken verpasst.«
    » Auf diese Idee kommst du erst jetzt?«, sagt Will augenzwinkernd. » Nun weiß ich, warum du nicht bei den Ken gelandet bist. Zu wenig Grips, ganz klar.«
    » Geht’s dir gut, Tris?«, fragt Al. Seine Augen sind dunkelbraun, sie haben fast den gleichen Farbton wie Christinas Haut, und seine Wangen sind kratzig; wenn er sich nicht rasieren würde, hätte er einen richtigen Bart. Kaum zu glauben, dass er erst sechzehn ist.
    » Ja«, sage ich. » Ich wünschte, ich könnte immer hierbleiben, damit ich Peter nicht mehr sehen muss.«
    Allerdings weiß ich nicht, wo » hier« überhaupt ist. Ich bin in einem langen, schmalen Raum, an beiden Seiten stehen Betten, einige davon sind mit Vorhängen voneinander abgetrennt. Rechts ist der Bereich für das Pflegepersonal. Das muss die Krankenstation der Ferox sein. Eine Frau beobachtet uns über den Rand eines Klemmbretts hinweg. Ich habe noch nie eine Krankenschwester gesehen, die so viele Piercings im Ohr hat. Offensichtlich verrichten einige Ferox freiwillig Arbeiten, die sonst die anderen Fraktionen tun. Es wäre ja auch glatter Unsinn, wenn die Ferox bei jeder Verletzung die Fahrt zum Krankenhaus der Stadt auf sich nehmen müssten.
    Ich war sechs Jahre alt, als ich zum ersten Mal ein Krankenhaus von innen gesehen habe. Meine Mutter war auf dem Gehweg vor unserem Haus hingefallen und hatte sich den Arm gebrochen. Als ich sie schreien hörte, brach ich in Tränen aus, Caleb hingegen lief, ohne ein Wort zu sagen, los und holte meinen Vater. Eine Amite-Frau, sie trug eine gelbe Bluse und hatte saubere Fingernägel, hat meiner Mutter im Krankenhaus den Blutdruck gemessen und ihr lächelnd den Knochen wieder gerichtet.
    Ich weiß noch, wie Caleb Mutter erklärte, dass es sich nur um einen Haarriss handele und der Knochen in einem Monat geheilt sein würde. Damals dachte ich, er wolle sie nach Altruan-Manier beruhigen, aber jetzt frage ich mich, ob er einfach nur etwas wiedergegeben hat, was er zuvor irgendwo gelesen hatte. Ich frage mich, ob seine zur Schau gestellte Selbstlosigkeit in Wirklichkeit ein unterschwelliges Anzeichen für die Forschernatur der Ken war.
    » Mach dir wegen Peter keine Sorgen«, sagt Will. » Er wird in Edward seinen Meister finden. Der hat nämlich bereits mit zehn Jahren angefangen, Nahkampf zu trainieren, und das nur so zum Spaß.«
    » Gut so«, sagt Christina und blickt auf die Uhr. » Wir müssen los, sonst kommen wir zu spät zum Essen. Oder möchtest du, dass wir hierbleiben, Tris?«
    Ich schüttle den Kopf. » Ist schon okay, mir geht’s gut.«
    Christina und Will stehen auf, aber Al bleibt da und bedeutet ihnen, schon vorauszugehen. Er riecht unverwechselbar– süß und frisch, nach Salbei und Zitronengras. Ich rieche es jede Nacht, wenn er sich auf dem Bett hin und her wirft, und dann weiß ich, dass er wieder einen Albtraum hat.
    » Ich wollte dir nur sagen, dass du Erics Ankündigung verpasst hast. Wir machen morgen eine Exkursion zum Zaun, um die verschiedenen Jobs bei den Ferox kennenzulernen«, sagt er. » Wir sollen um 8.15 Uhr beim Zug

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