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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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wenn ich ihn ankotze. Ich bezweifle es.
    » Alles in Ordnung mit dir, Stiff?«, fragt er. » Du siehst aus, als wolltest du gleich zu heulen anfangen. Wenn du weinst, hab ich vielleicht ein klein wenig Mitleid mit dir.«
    Four steht mit verschränkten Armen an der Tür. Er hat den Mund verzogen, als hätte er gerade etwas Saures gegessen. Neben ihm steht Eric, der voller Ungeduld mit den Fußspitzen auf den Boden tappt, so schnell, dass sogar mein Herzschlag kaum Schritt halten kann.
    Einen Augenblick lang stehen Peter und ich nur da und starren uns an. Dann nimmt Peter die Fäuste vors Gesicht und winkelt die Ellbogen an. Auch seine Knie sind angewinkelt, zum Sprung bereit.
    » Komm schon, Stiff«, sagt er und seine Augen funkeln. » Nur eine kleine Träne. Oder wie wäre es, wenn du dich aufs Betteln verlegst?«
    Bei dem bloßen Gedanken, Peter um Gnade zu bitten, steigt mir die Galle hoch, und spontan versetze ich ihm einen Tritt in die Seite. Besser gesagt, ich hätte ihn in die Seite getreten, wenn er nicht meinen Fuß gepackt und zu sich herangezogen hätte. Ich plumpse hart auf den Boden, reiße aber meinen Fuß los und springe, so schnell es geht, wieder auf die Beine.
    Ich muss aufrecht stehen bleiben, damit er mich nicht an den Kopf treten kann. Das ist das Einzige, woran ich denken kann.
    » Hör auf, mit ihr Katz und Maus zu spielen«, knurrt Eric. » Ich habe nicht den ganzen Tag lang Zeit.«
    Peters hämischer Blick ist schlagartig wie weggewischt. Sein Arm zuckt vor, und ich spüre einen Schmerz am Kinn, der sich übers ganze Gesicht ausbreitet. In den Augenwinkeln verschwimmt alles und meine Ohren dröhnen. Ich kneife die Augen zusammen und taumle seitwärts, der Raum kippt und schwankt. Ich habe seine Faust nicht kommen sehen, so schnell ging alles.
    Ich bin total aus dem Gleichgewicht, ich kann nicht viel mehr tun, als zurückzuweichen, soweit das auf dem Kampfplatz überhaupt möglich ist. Blitzschnell setzt er nach und tritt mir in den Magen. Die Wucht presst mir die Luft aus den Lungen, und es tut weh, diese Atemnot, sie tut so entsetzlich weh, aber vielleicht ist es auch der Tritt, der so verdammt wehtut, ich weiß es nicht, ich klappe einfach zusammen.
    Auf die Füße, ist das Einzige, was ich denken kann. Ich richte mich wieder auf, aber da ist Peter schon über mir. Er packt mich mit einer Hand an den Haaren, mit der anderen gibt er mir eins auf die Nase. Dieser Schmerz ist anders, kein Stechen, sondern eher ein Krachen, ein Krachen in meinem Gehirn, das bunte Funken vor meinen Augen sprühen lässt, blaue, grüne, rote. Ich will ihn wegschieben, ich boxe gegen seine Arme, doch er schlägt wieder zu. Diesmal trifft er meine Rippen. Mein Gesicht ist nass, meine Nase blutig. Wahrscheinlich blute ich noch an anderen Stellen, aber mir ist schwindelig, ich kann nicht nach unten schauen.
    Peter versetzt mir einen Stoß und ich falle hin, dabei schürfe ich mir die Hände auf. Ich blinzle, ich krieche, ich bin langsam und mir ist heiß. Hustend richte ich mich auf. Vielleicht sollte ich besser liegen bleiben, weil sich der Raum so schnell um mich dreht. Und auch Peter wirbelt herum. Ich bin die Mitte eines Planeten, der sich dreht, nur ich allein rühre mich nicht. Irgendetwas trifft mich von der Seite und bringt mich fast wieder zu Fall.
    Auf die Füße, auf die Füße. Vor meinen Augen zeichnet sich ein Umriss ab. Ein Körper. Ich schlage zu, so fest ich kann, und meine Fäuste treffen auf etwas Weiches. Meine Attacke entlockt Peter kaum mehr als ein leises Aufseufzen, dann schlägt er mir mit der flachen Hand aufs Ohr und lacht verhalten. Ich höre ein Klingeln und versuche zu blinzeln, um die schwarzen Flecken in meinen Augen loszuwerden. Ist mir irgendetwas in die Augen geflogen?
    Nur am Rande nehme ich wahr, wie Four die Tür aufmacht und hinausgeht. Anscheinend ist dieser Kampf nicht spannend genug für ihn. Vielleicht geht er aber auch hinaus, um nachzusehen, wieso sich alles dreht wie verrückt. Ich kann es ihm nicht verdenken, ich möchte es ja selbst gern wissen.
    Meine Knie geben nach. Der Boden fühlt sich kühl an. Irgendetwas knallt mir in die Seite, und zum ersten Mal schreie ich, es ist ein spitzer Schrei, der von jemand anderem kommt, nicht von mir, und wieder knallt mir etwas in die Seite, und ich sehe überhaupt nichts, nicht einmal das, was direkt vor meinem Gesicht ist. Um mich herum wird alles schwarz. Jemand ruft: » Es reicht!«, und ich denke: ja, schon lange, und: nein,

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