Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2
Arm, den ich angeschossen habe. » Ich bin verletzt.«
» Oh, eine Runde Mitleid«, sagt Christina.
» Na gut, ich habe keine Lust, mit einem Haufen Fraktionsloser in die Schlacht zu ziehen«, sagt er. Seine grünen Augen funkeln. » Also bleibe ich einfach hier.«
» Was für ein Feigling!«, sagt Christina, ihre Lippen kräuseln sich vor Abscheu. » Du lässt immer die anderen die Drecksarbeit erledigen, was?«
» Jep!«, sagt er mit hämischem Grinsen. Er klatscht in die Hände. » Viel Spaß noch beim Sterben.«
Pfeifend läuft er auf die andere Straßenseite und setzt seinen Weg in die entgegengesetzte Richtung fort.
» Na ja, immerhin haben wir ihn abgelenkt«, sagt Christina leise. » Er hat vergessen, noch mal nachzufragen, was wir vorhaben.«
» Ja. Na dann.« Ich räuspere mich. » Also, was unseren Plan angeht– er ist eigentlich ziemlich dumm, oder?«
» Er ist nicht dumm.«
» Komm schon. Es ist dumm, Marcus zu vertrauen. Es ist dumm, sich an den Ferox vorbei zum Zaun zu stehlen. Es ist dumm, uns gegen die Ferox und die Fraktionslosen zu stellen. Und alles zusammen genommen ist… ist dümmer als es die Menschheit je gesehen hat.«
» Dummerweise ist das auch der beste Plan, den wir haben«, erinnert sie mich. » Vorausgesetzt wir wollen, dass alle die Wahrheit erfahren.«
Ich habe darauf vertraut, dass Christina diese Mission übernehmen würde, als ich dachte, ich müsste sterben. Warum ihr also nicht auch jetzt vertrauen?
Ich hatte Angst, sie würde nicht mitkommen wollen. Aber ich hatte vergessen, dass sie von den Candor stammt, denen die Suche nach der Wahrheit wichtiger ist als alles andere. Und auch wenn sie jetzt eine Ferox ist– wenn ich in der letzten Zeit eines gelernt habe, dann dass man seine alte Fraktion niemals ganz ablegt.
» Hier bist du also aufgewachsen. Hat es dir gefallen?« Sie runzelt die Stirn. » Aber was frage ich da? Schätze mal, du hättest nicht einfach gehen können, selbst wenn es dir hier nicht gepasst hätte.«
Langsam nähert sich die Sonne dem Horizont. Früher habe ich das Abendlicht nie gemocht, weil es das Viertel der Altruan noch farbloser erscheinen lässt, als es ohnehin schon ist, aber jetzt finde ich das ruhige Grau tröstlich.
» Manche Dinge habe ich gemocht, andere Sachen habe ich gehasst«, sage ich. » Und es gibt ein paar Dinge, die ich erst zu schätzen lernte, als ich sie schon verloren hatte.«
Wir sind am Hauptquartier angelangt. Liebend gerne würde ich in das Konferenzzimmer gehen, um den Geruch von Holz einzuatmen, aber dazu fehlt uns jetzt die Zeit. Wir biegen in eine Seitengasse und gehen ganz nach hinten, dorthin, wo Marcus uns treffen will.
Ein graublauer Lastwagen wartet mit laufendem Motor. Marcus sitzt hinter dem Lenkrad. Ich lasse Christina vor, damit sie auf den Platz in der Mitte rutschen kann. Ich will ihm nicht zu nahe kommen, wenn es sich vermeiden lässt. Ich habe das Gefühl, dass mein Verrat an Tobias irgendwie nicht mehr ganz so schlimm ist, wenn ich Marcus wenigstens hasse, während ich mit ihm gemeinsame Sache mache.
Du hast keine andere Wahl, rede ich mir selbst ein. Es geht nicht anders.
Mit diesem Gedanken schlage ich die Tür zu und taste nach einem Sicherheitsgurt. Aber da ist nur ein zerfaserter Gurt mit einer kaputten Schnalle.
» Wo hast du denn diese Schrottkiste aufgetrieben?«, fragt Christina.
» Von den Fraktionslosen gestohlen. Sie reparieren solche Dinger. Es war ein ziemliches Stück Arbeit, ihn zum Laufen zu bringen. Zieht jetzt besser die Jacken aus, Mädchen.«
Ich knülle unsere Jacken zusammen und werfe sie aus dem halb geöffneten Fenster. Marcus legt den Gang ein und der Wagen ächzt. Ich warte förmlich darauf, dass er sich nicht von der Stelle rührt, aber als Marcus auf das Gaspedal tritt, setzt sich der Lastwagen tatsächlich in Bewegung.
Soweit ich mich erinnern kann, dauert die Fahrt von den Altruan zu den Amite gut eine Stunde. Der Fahrer muss sein Auto hier gut im Griff haben. Marcus lenkt den Wagen auf eine der Hauptverkehrsstraßen und drückt das Gaspedal durch. Wir schlingern über die Straße und schlittern nur knapp an einem klaffenden Loch im Asphalt vorbei. Auf der Suche nach Halt klammere ich mich an das Armaturenbrett.
» Nur die Ruhe, Beatrice«, sagt Marcus. » Das ist nicht das erste Mal, dass ich ein Auto fahre.«
» Es gibt viele Dinge, die ich nicht zum ersten Mal mache, aber das heißt noch lange nicht, dass ich sie auch nur annähernd
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