Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2
beherrsche.«
Marcus lächelt und reißt den Wagen nach links, um einer umgekippten Ampel auszuweichen. Christina kreischt, als wir über weiteren Schutt auf der Straße holpern. Ihr scheint das Ganze riesigen Spaß zu machen.
» Das gehört ebenfalls in die Kategorie dumm, meinst du nicht auch?« sagt sie, gerade laut genug, um den Fahrtwind zu übertönen.
Ich klammere mich an den Sitz und versuche verzweifelt, nicht daran zu denken, was ich zu Abend gegessen habe.
Der Lichtkegel unserer Scheinwerfer fällt auf die Ferox, die die Durchfahrt am Zaun versperren. Ihre blauen Armbinden heben sich leuchtend von ihrer übrigen Kleidung ab. Ich bemühe mich, ein freundliches Gesicht aufzusetzen. Sie werden mir nie und nimmer abnehmen, dass ich eine Amite bin, wenn ich sie finster anfunkle.
Ein dunkelhäutiger Mann mit einer Pistole in der Hand nähert sich der Fahrerseite. Er lässt das Licht seiner Taschenlampe erst über Marcus, dann über Christina und schließlich über mich gleiten. Ich blinzle in den Lichtstrahl und zwinge mich, den Mann anzulächeln, als würden mich das blendende Licht und Leute, die Pistolen auf meinen Kopf richten, nicht im Geringsten stören.
Wenn die Amite wirklich so denken, sind sie vollkommen übergeschnappt. Oder sie haben zu viel von ihrem Brot gegessen.
» So, dann erklärt mir mal«, sagt der Mann, » was ein Altruan in einem Lastwagen mit zwei Amite-Mädchen zu schaffen hat.«
» Die beiden Mädchen haben sich freiwillig gemeldet, um Proviant in die Stadt zu bringen«, sagt Marcus. » Und ich habe mich freiwillig gemeldet, sie zu begleiten, damit sie wohlbehalten wieder nach Hause kommen.«
» Außerdem können wir nicht fahren«, sagt Christina mit breitem Grinsen. » Mein Vater hat vor Jahren versucht, es mir beizubringen, aber ich habe einfach nicht auf die Reihe gekriegt, welches Pedal das Gas und was die Bremse ist. Ihr könnt euch vorstellen, in was für einer Katastrophe das geendet hat. Und überhaupt, es war total nett von Joshua, dass er sich bereit erklärt hat, uns mitzunehmen, weil wir sonst Ewigkeiten gebraucht hätten, und die Kisten waren ja so schwer –«
Der Ferox hebt die Hand. » Okay. Ich hab’s schon kapiert.«
» Oh ja, natürlich. Tut mir so leid.« Christina kichert. » Ich dachte nur, ich erkläre es lieber, weil ihr alle so verwirrt ausgesehen habt, und das ist ja auch kein Wunder– ich meine, wie oft erlebt man so was schon…«
» Gut«, sagt der Mann. » Und habt ihr vor, in nächster Zeit in die Stadt zurückzufahren?«
» In nächster Zeit nicht«, sagt Marcus.
» Okay. Dann fahrt weiter.« Er nickt den anderen Ferox am Tor zu. Einer von ihnen tippt einen Zahlencode in eine Tastatur und das Tor gleitet auf und lässt uns passieren. Marcus nickt dem Wachmann, der uns vorbeigewinkt hat, noch einmal zu und fährt über den ausgetretenen Pfad weiter. Das Scheinwerferlicht des Pick-ups fällt auf Reifenspuren und Steppengras und tanzende Insekten. Rechts von mir leuchten Glühwürmchen in der Dunkelheit rhythmisch auf und erlöschen wieder in der Kürze eines Herzschlags.
Nach einigen Sekunden wirft Marcus einen Blick auf Christina.
» Was zur Hölle war das denn?«
» Es gibt nichts, was die Ferox mehr zur Weißglut bringt, als fröhliches Amite-Geplapper«, sagt Christina mit einem Schulterzucken. » Ich dachte mir, wenn ich ihm auf die Nerven gehe, lenke ich ihn vielleicht ab und er lässt uns durch.«
Ich setze mein breitestes Grinsen auf. » Du bist ein Genie.«
» Ich weiß.« Sie wirft ihren Kopf zurück, als wolle sie ihre Haare über die Schulter werfen– nur sind sie dafür nicht lang genug.
» Dumm, dass Joshua kein Name der Altruan ist«, sagt Marcus.
» Na und. Als ob das irgendjemandem auffallen würde.«
Vor uns ist ein schwaches Leuchten zu sehen– es ist das Hauptquartier der Amite, die Ansammlung von Holzhäusern mit dem Gewächshaus in der Mitte. Wir fahren durch die Apfelplantage. Die Luft riecht nach warmer Erde.
Wieder muss ich an meine Mutter denken, wie sie sich nach einem Apfel streckt, damals, vor vielen Jahren, als wir den Amite bei der Apfelernte geholfen haben. Es versetzt mir einen Stich, aber die Erinnerung erdrückt mich nicht mehr wie noch vor ein paar Wochen. Vielleicht, weil ich auf dieser Mission bin, um ihr Andenken gebührend zu ehren. Oder vielleicht fürchte ich mich zu sehr vor dem, was uns noch bevorsteht, um wirklich trauern zu können. Aber es hat sich etwas geändert.
Marcus parkt den
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