Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2
Frauen, steigen aus.
Und ungefähr fünfzehn weitere, gekleidet in das Schwarz der Ferox.
Als die Ferox näher kommen, bemerke ich, dass sie sich Streifen aus blauem Stoff um die Arme gebunden haben, was nur bedeuten kann, dass sie jetzt Gefolgsleute der Ken sind. Gefolgsleute der Fraktion, die sie zu willenlosen Sklaven gemacht hatten.
Tobias nimmt mich an der Hand und zieht mich in den Schlafraum. » Ich hätte nicht geglaubt, dass unsere Fraktion so dämlich ist«, sagt er. » Du hast die Waffe bei dir, oder?«
» Ja«, antworte ich. » Aber ich kann dir nicht versprechen, dass ich mit meiner linken Hand irgendetwas treffe.«
» Das solltest du üben«, sagt er, ganz der Ausbilder.
» Das werde ich.« Ich zittere leicht. » Wenn wir das hier überleben.«
Er streicht über meine nackten Arme. » Denk daran, beim Gehen immer auf und ab zu federn«, sagt er und küsst mich auf die Stirn, » und verhalte dich so, als hättest du Angst vor ihren Waffen«– er küsst mich auf den Nacken– » und tu so, als wärst du das Mauerblümchen, das du nie sein könntest«– er küsst mich auf die Wange– » und dir wird nichts passieren.«
» Okay«, sage ich, als ich ihn mit zitternden Händen am Hemdkragen fasse. Ich drücke meinen Mund auf seine Lippen.
Eine Glocke schrillt, einmal, zweimal, dreimal. Sie ruft zur Versammlung in den Speisesaal, wo die Amite ihre Treffen abhalten, die nicht ganz so offiziell sind wie das, an dem wir teilgenommen haben. Wir schließen uns den als Amite verkleideten Altruan an.
Ich ziehe die Haarnadeln aus Susans Haaren– ihre Frisur ist zu streng für eine Amite. Sie wirft mir ein flüchtiges, dankbares Lächeln zu, als ihr Haar locker auf ihre Schultern fällt. Das ist das erste Mal, dass ich sie so sehe. Ihr kantiges Kinn wirkt sofort weicher.
Ich müsste eigentlich tapferer sein als die Altruan, aber sie scheinen sich weniger Sorgen zu machen als ich. Sie lächeln sich gegenseitig zu und gehen still den Weg entlang– viel zu still. Ich zwänge mich zwischen einigen von ihnen hindurch und tippe einer älteren Frau auf die Schulter.
» Sag den Kindern, sie sollen Fangen spielen«, raune ich ihr zu.
» Fangen?«, fragt sie.
» Sie sind zu höflich, zu zurückhaltend und… einfach viel zu sehr Stiff«, sage ich und krümme mich innerlich, als ich das Wort ausspreche, das bei den Ferox mein Spitzname war. » Die Kinder der Amite würden einen riesigen Radau veranstalten. Mach einfach, okay?«
Die Frau fasst eines der Kinder an der Schulter und flüstert ihm etwas zu und Augenblicke später rennt eine kleine Gruppe von Kindern den Gang entlang. Sie springen zwischen den Füßen der Amite herum und schreien: » Gefangen! Du bist dran!« oder » Nein, das war nur mein Ärmel!«
Auch Caleb hat es jetzt kapiert, er pikt Susan in die Rippen, sodass sie vor Lachen laut aufkreischt. Ich versuche mich zu entspannen, gehe mit federnden Schritten, wie Tobias gesagt hat, und schlenkere locker mit den Armen, als ich um die Kurve biege. Es ist erstaunlich, wie sich alles verändert, wenn man vorgibt, zu einer anderen Fraktion zu gehören– sogar die Art und Weise, wie man läuft. Genau das macht es wahrscheinlich so unbegreiflich, dass ich gleich zu drei Fraktionen passe.
Wir gehen über den Hof zum Speisesaal und holen dabei die Amite vor uns ein und mischen uns unter sie. Ich behalte Tobias immer im Blick, ich will mich nicht allzu weit von ihm entfernen. Die Amite stellen keine Fragen, wir können einfach in der Masse aufgehen und in ihrer Fraktion untertauchen.
Ein paar Abtrünnige der Ferox haben sich an der Tür zum Speisesaal aufgestellt. Sie halten Pistolen in der Hand. Ich erstarre. Erst jetzt fühlt sich das alles wirklich an, und mir wird klar, dass ich gerade in ein Gebäude gepfercht werde, das von Ken und Ferox umringt ist. Wenn sie mich entdecken, werde ich nirgendwohin fliehen können. Sie werden mich an Ort und Stelle töten.
Ich überlege, ob ich nicht weglaufen soll. Aber wo sollte ich hin, wo würden sie mich nicht erwischen? Ich bemühe mich, ruhig zu atmen. Ich bin fast an ihnen vorbei– nicht hinschauen, nicht hinschauen. Noch ein paar Schritte– wegsehen, wegsehen. Susan hakt sich bei mir unter.
» Ich erzähle dir jetzt einen Witz«, sagt sie. » Und den findest du dann wahnsinnig lustig.«
Ich halte mir die Hand vor den Mund und zwinge mich, zu kichern; es klingt hoch und unnatürlich, aber dem Lächeln nach zu urteilen, das Susan mir zuwirft, ist es
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