Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2
Trucks, mit denen sie Lebensmittel transportieren, aber die fahren nur an den Wochenenden. Ich spüre ein Kribbeln in meinem Nacken. Wenn es nicht die Amite sind, dann wahrscheinlich die Ken. Aber ich muss es genau wissen.
Ich klammere mich mit beiden Händen an den Ast über mir, aber nur mit dem linken Arm ziehe ich mich wirklich hoch. Ich bin überrascht, dass mir das immer noch gelingt. Ich stehe geduckt, Zweige und Blätter verheddern sich in meinen Haaren. Ein paar Äpfel schlagen dumpf auf dem Boden auf, als ich mein Gewicht verlagere. Apfelbäume sind nicht sehr groß, vielleicht kann ich gar nicht weit genug sehen.
Ich benutze die nächsten Äste als Stufen, halte mich mit den Händen fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, winde und schlängle mich durch das Astgewirr. Ich erinnere mich, wie ich damals auf dem Pier am Riesenrad hochgeklettert bin, mit zitternden Muskeln und pochenden Händen. Jetzt bin ich zwar verletzt, aber ich habe mehr Kraft und das Klettern fällt mir leichter.
Die Zweige werden dünner und schwächer. Ich fahre mir mit der Zunge über die Lippen und blicke nach oben. Ich will so hoch wie möglich klettern, aber der Ast, auf den ich dazu steigen muss, ist kurz und biegsam. Ich setze einen Fuß darauf und prüfe, ob er mich trägt. Er gibt ein wenig nach, aber er hält. Ich ziehe mich hoch, stelle den anderen Fuß darauf– und der Ast bricht.
Im Fallen schnappe ich nach Luft und im letzten Augenblick kann ich mich am Stamm festklammern. Das muss reichen, weiter hinauf schaffe ich es nicht. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und spähe in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen ist.
Zuerst sehe ich nichts als ausgedehntes Ackerland, einen Streifen unbebauten Bodens, den Zaun und dann wieder Felder und die ersten Gebäude, die hinter dem Zaun liegen. Aber dann entdecke ich Pünktchen, die sich dem Tor nähern– sie blitzen silbern auf, wenn das Licht auf sie fällt. Es sind Autos mit schwarzen Dächern– Solarzellen–, was nur eines heißen kann: Es sind Ken.
Ich atme scharf ein, erlaube mir jedoch nicht, meine Zeit mit Gedanken zu verschwenden. Ich steige einfach mit einem Fuß nach unten, dann mit dem nächsten, so schnell, dass die Rinde vom Stamm blättert und auf die Erde fällt. Sobald ich mit den Füßen den Boden berühre, renne ich los. Im Laufen zähle ich die Baumreihen. Sieben, acht. Die Äste hängen tief und ich kann mich im Laufen gerade so unter ihnen wegducken. Neun, zehn. Ich presse meinen rechten Arm gegen meine Brust, während ich immer schneller werde, die Schusswunde in meiner Schulter pocht bei jedem Schritt.
Elf, zwölf. Als ich bei dreizehn angekommen bin, werfe ich mich nach rechts. Hier, in der dreizehnten Reihe, stehen die Bäume dicht beieinander. Ihre Äste verschränken sich und bilden ein Dickicht aus Blättern, Zweigen und Äpfeln.
Ich bekomme kaum noch Luft und meine Lungen brennen, aber es ist nicht mehr weit bis zum Ende der Obstplantage. Schweiß rinnt in meine Augenbrauen. Ich erreiche den Speisesaal und reiße die Tür auf, bahne mir einen Weg durch eine Gruppe von Amite-Männern, und da ist er. Tobias sitzt in einer Ecke der Cafeteria mit Peter, Caleb und Susan. Flecken tanzen vor meinen Augen, und ich sehe die anderen kaum, aber Tobias packt mich an der Schulter.
» Ken«, ist alles, was ich hervorstoßen kann.
» Kommen sie her?«, fragt er.
Ich nicke.
» Haben wir noch Zeit zu fliehen?«
Da bin ich mir nicht so sicher.
Inzwischen haben wir auch die Aufmerksamkeit der Altruan am Ende des Tisches auf uns gezogen. Sie umringen uns.
» Warum müssen wir fliehen?«, fragt Susan. » Die Amite haben dieses Gelände zum sicheren Ort erklärt. Hier sind keine Auseinandersetzungen erlaubt.«
» Die Amite werden Schwierigkeiten haben, den Frieden zu wahren, wenn es hart auf hart kommt«, sagt Marcus. » Wie soll man Konflikte beenden, wenn man keine Auseinandersetzung riskieren will?«
Susan nickt.
» Aber wir können unmöglich fliehen«, wendet Peter ein. » Dafür haben wir keine Zeit mehr. Sie werden uns entdecken.«
» Tris hat eine Pistole«, sagt Tobias. » Wir können versuchen, uns den Weg freizukämpfen.«
Er steht auf und geht in Richtung der Schlafräume.
» Warte«, sage ich. » Ich habe eine Idee.« Ich lasse meinen Blick über die Altruan schweifen. » Verkleidung. Die Ken wissen nicht mit Sicherheit, ob wir noch hier sind. Wir können uns als Amite ausgeben.«
» Dann sollten diejenigen von uns, die
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