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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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habe man ihm das Herz aus dem Leib gerissen und vor seine Füße geworfen. Nilah empfand unvermittelt Mitleid mit ihm und diesen Augen.
    «Pass auf …, Liran oder wie immer Du heißt. Ich weiß nicht, was Du von mir willst, aber ich will um keinen Preis der Welt ein Teil davon sein. Ich werde jetzt nach Hause gehen.»
    Und dann ging Nilah so schnell sie konnte, ohne dass es nach Rennen aussah, zurück zum Haus.
     
    Sie ließ Badewasser ein und schaute aus den Fenstern. Den hatte es aber ganz schön erwischt , dachte sie. Er schien wirklich nicht zu wissen … ach, so ein Quatsch, verdammt . Hier in Irland liefen so viele deutsche Touristen herum, wie Karnickel auf einem Möhrenacker. Der hatte einfach die Orientierung verloren, zu viel getrunken oder hatte eine Scheidung hinter sich und war auf der Suche nach einer besonders hohen Klippe. Vorsichtshalber schloss sie aber die Tür gut ab, auch wenn sie sich komischerweise nicht bedroht fühlte. Wie war sein Name gewesen?
    Sie ging in die Küche, holte sich Tee, nahm die Tasse mit ins Bad nach oben, stellte sie auf den Wannenrand und ließ Wasser ein. Sie fummelte an ihren Boots herum. Diesmal nahm sie die Tablette ohne eine Sekunde zu zögern. Dann zog sie sich aus und ließ sich in die Wanne gleiten. Es dauerte nicht lang bis alle Anspannung von ihr wich. Das würde das letzte Mal sein, dass sie diese Insel betreten hatte. Diese unheimlichen vagen Ahnungen, die sie hatte, konnten selbst von der Schönheit hier nicht wettgemacht werden. Ohnehin würden Morrin und ihr Vater jeden Moment zurück sein. Dann würden sie morgen, in aller Frühe, zurück nach Hamburg fliegen. Ja!
    Die Wanne war eine Wucht. Nilah fühlte sich mit ihren Einszweiundsechzig schon beinahe verloren darin, aber wenigstens lugten die Knie nicht wie Eisberge heraus und wurden kalt. Sie holte ein paar Mal tief Luft, so wie sie es von ihrem Vater gelernt hatte: Durch die Nase ein, durch den Mund wieder aus und tauchte unter. Sie hörte wie das Wasser schwappte. Ihre Haare legten sich wie seidige, schwebende Finger um ihren Hals. Über sich sah sie kleine Schauminseln treiben, zwischen ihnen die verschwommene Zimmerdecke. Lange war es her, dass sie sich mit Taucherbrille und Schnorchel ihre Spielzeugschiffe von unten angesehen hatte. Man hatte sie kaum aus der Wanne wieder herausbekommen, oft musste heißes Wasser nachgefüllt werden, bis ihre Haut ganz schrumpelig geworden war. Sie liebte Wasser.
    Ein Schatten zog über ihr vorbei. Nur einen kurzen Moment, dann war er wieder weg. Eine Wolke vor dem Fenster? Nilah ließ die Luft durch ihre Nase blubbern, kam hoch und knallte mit der Stirn gegen etwas. In Bruchteilen registrierte ihr Kopf, was los war. Das Beruhigungsmittel wurde vom Adrenalin hinweggespült. Alle Muskeln schrien nach Sauerstoff, nach Leben! Sie strampelte, schlug und wand sich, trommelte panisch gegen das durchsichtige Hindernis. Aber als wäre das Badewasser zugefroren oder zu Glas geworden, hielt es ihren Faustschlägen stand. Die Wirklichkeit löste sich auf, ihre Lunge verkrampfte sich, sie sah nicht mehr richtig. In ihren Ohren rauschte es plötzlich fürchterlich laut. Für einen kurzen Augenblick glaubte sie wieder einen klaren Gedanken vor sich zu sehen. Einen farbigen Gedanken. Wie eine rote Muschel sah er aus, die in die Tiefe sank und von der Dunkelheit verschluckt wurde. Es war wunderschön, wie sie so dahintrudelte. Immer weiter, tiefer und dunkler ...
     
    Liran hatte dagesessen und nichts gefühlt. Über 2000 Jahre! Sein Kopf weigerte sich das zu verstehen. Cäsar tot, das römische Reich untergegangen? Ihm war übel. Er lehnte sich an einen Baum und sog den Duft des Harzes tief ein. Wie war A´kir Sunabru nach so langer Zeit nur entkommen? Oh, meine geliebte Schwester, warum bist Du nicht hier bei mir?
    Er wollte zurück zur Höhle und er würde mit Nainsi reden. Es würde ihr nicht gefallen, magisches Wesen, oder nicht. Aus den Augenwinkeln bemerkte er die Bewegung. Ein kleiner Junge huschte dort unten an den Eschen vorbei und blickte sich verstohlen um. In der Dämmerung und den vielen Schatten, die jetzt wie dunkle Blumen zwischen allen Dingen wucherten, konnte er kein Gesicht erkennen, aber Liran wusste, dass etwas nicht stimmte. Seine Sinne kamen zu ihm und drängten alle Verzweiflung beiseite. Muffig modriger Geruch hing plötzlich in der Luft. Erdtrolle!
    Der kleine Junge hantierte an der Haustür. Kurz darauf war er drinnen. Ein Erdtroll schoss aus dem Boden

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