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Die Besucher

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Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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genau wie ich. Fragen Sie nur nach dem Leibkutscher des Grafen Schwarzenberg. Na ja, nicht gerade Leibkutscher, aber irgendwas im Pferdestall...«

    Der Alte stieg auf den Dachboden und kam mit einem schwarzen Zylinderhut auf dem Kopf zurück:

    »Das muß eine herrliche Zeit gewesen sein...Diesen Zylinderhut hab’ ich von ihm geerbt...Walzer! Kutschen...Wenn Sie in Wien Pferde kaufen wollten, wird er Ihnen gewiß gut raten...«

    »Wieso in Wien? Was für Pferde?«

    »Für dieses Geld hier. Was wollen Sie denn anderes damit anfangen, als es auszugeben?« Drichlik hob eine Handvoll trockener Banknoten hoch.

    »Für dieses Geld konnte man vor hundert Jahren ein vornehmes Abendbrot mit Musik haben, vielleicht sogar eine Ziege kaufen...schätze ich.«

    »Vor hundert Jahren? Und heute?«

    »Heute gar nichts.« Wenn der alte Drichlik noch einen Beweis dafür gebraucht hätte, daß die Gäste in seiner Hütte tatsächlich aus der Zukunft stammten, dann hatte er ihn jetzt. Daß sie die überall umherliegenden Banknoten so erstaunt anstarrten, das konnte nicht vorgetäuscht sein.

    »Aber...es ist doch Geld?«

    »Aber ungültiges...aus dem Jahre 1848...ich will versuchen, Ihnen das zu erklären...Geld gab es, gibt es und wird es geben...Da haben Sie recht, auch das hier ist Geld...es gab also Geld und gibt es auch heute noch. Aber zu jeder Zeit anderes...Dieses Geld, das im Teich gelandet ist, galt vor hundert Jahren in Österreich-Ungarn...« »Dieser Zentraldenker der Menschheit!« stöhnte der Akademiker, der als erster die schweren Folgen des falschen Datums erfaßt hatte. »Einhundert Jahre altes Geld! Dieser Zentraldenker ist ein Idiot! Einpacken! Wir kehren zurück!«

46. Die Glöckchen

    »Es ist irgendwie seltsam...«

    »Was meinen Sie, Opa?«

    »Alles zu wissen...Was einmal war, was sein wird...«

    Das Geld brannte im Herd. Katja war mit dem Alten allein geblieben. Sie sammelte die Scheine ein und schaffte sie in einem Korb zu Drichlik, der mit Vergnügen und mit Hilfe des Salamanders eine Banknote nach der anderen in Brand setzte.

    »Wie der kommende Winter sein wird, das wissen Sie auch? Damit ich mich rechtzeitig mit Kohle eindecke.«

    »Das wissen wir auch. Ich habe da so ein kleines Gedächtnis mit...« Das Handarchiv, das sie aus dem Täschchen zog, glich einer Uhr mit Rechenwerk...»Zum Beispiel, sehen Sie einmal hierher: Kamenice, am 12. Dezember: Schnee, Morgentemperaturen minus fünf Grad, nachmittags bis plus vier Grad. Sonniges Wetter...«

    »Das wissen Sie also? Auch ob die Menschen den Verstand verlieren, und ob es wieder Krieg geben wird?« Dem Alten lief es kalt über den Rücken. Die Antwort wartete er nicht ab. Schnell versuchte er, alles als Scherz auszugeben. »Sie wissen wohl sogar, wann ich sterben werde...?«

    Die aus der Zukunft sahen den Tod als etwas Natürliches, was zum Leben gehörte, an. Diese Frage fand daher auch Katja natürlich.

    »Moment!...Das werden wir gleich haben...« sagte sie, nachdem sie kurz die bunten Vierecke an dem Gerät berührt hatte. »Drichlik, Alois Drahoslav, geboren am 4. September 1910 in Vrbová Lhota bei Podĕbrady...Das war ein Sonntag.«

    »Das wußte ich nicht...Sonst...stimmt aber alles.«

    Der Alte vergaß, die Banknoten zu verbrennen. Es war, als habe er sich plötzlich an etwas längst Vergangenes erinnert. »Deshalb also nannte mich meine Mutter ein Sonntagskind und sagte immer, ich würde im Leben Glück haben?...Ich denke, das hab’ ich auch gehabt...«

    »Todestag: Bei einem Autoun...«

    »Das will ich nicht wissen!« Der Alte hielt sich die Ohren zu. »Das behalten Sie für sich! Pfuiteufel! Da quatschen wir Unsinn, und dabei habe ich die Kaninchen noch nicht gefüttert! Ich gehe jetzt zu ihnen...«

    Aber auch Katja war blaß geworden. Sie löschte das Todesdatum und schickte sich an, das Archiv zu verstecken. Sie beugte sich zum Herd, um die letzten ungültigen Banknoten zu verbrennen. In der Ferne schlug eine Uhr sieben. In die Glockenschläge mischte sich ein leises Geklingel. Drichlik kam, einen Karton mit Schätzen aus den Mülltonnen tragend, aus dem Schuppen zurück.

    »Gerade gestern hab’ ich so ein schönes Köfferchen gefunden«, sagte er, indem er seine Schätze auf dem Bett ausbreitete. Zu ihrer Verwunderung erkannte Katja den verschwundenen Vernichter, das Köfferchen der Expedition. »Das kommt jetzt zurecht. Das schenke ich dem Mann, der euch anführt.« Er scheuerte mit dem Ärmel ein Kettchen mit

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