Die Besucher
Meter.«
Vor dem lehmbedeckten Niva VI, der sich mit Donnergepolter wie ein Maulwurf aus der Unterwelt in ein Kellergewölbe bohrte, lagen Berge von Teddybären und Haufen von Kinderautos mit Fußantrieb. Die Besucher waren in ein Spielwarenlager geraten. Bunte Gummibälle mit Pünktchen rollten nach allen Seiten auseinander. Das Auto brach durch eine Mauer in den Nebenkeller.
»Die Zeit?«
»Noch zehn Minuten!«
In der Ferne summten Maschinen. Die Druckerei war in Betrieb. Karas stieg aus.
»Ich gehe allein hinein!«
Kurz darauf kam er mit dem gesuchten Foto, dessen Negativ und dem Druckstock zurück. Das Bild war bereits druckreif und mit dem Titel »Autobahn nähert sich Kamenice« versehen.
»Da genügte eine Kleinigkeit. Ein Spielzeug. Das Huhn mit der Melone, das mir meine Kinder als Talisman mitgegeben haben. Ich hab’ es unauffällig zur Decke der Druckerei fliegen lassen. Mich hat kein Mensch dabei gesehen. Bitte sich anzuschnallen, liebe Freunde. Es wird weitergemaulwurft. Wir schaffen alles rechtzeitig, Katja, auch den Abschied. Eigentlich schade. Auf diesem Foto sahen wir ganz nett aus. Da hätten die in Kamenice eigentlich ein hübsches Andenken an uns.«
»Fahren Sie ab«, sagte der Akademiker. »Wir müssen rechtzeitig zurück sein, um das Los der Menschheit in der Zukunft zu teilen. Wer weiß, vielleicht hat auch mein Kollege, der Akademiker Archipenko...«Er machte eine Pause. »Adam wird ein Genie! Leider ist es für uns dann schon zu spät.«
Der Maulwurfs-Gang heulte auf.
Kurz darauf hatte der alte Drichlik das Gefühl, daß er träume. Aus der Tiefe einer steilen Böschung an der alten Landstraße, die von der Stadt zu seiner Hütte führte, bohrte sich jenes Auto, das er so gut kannte, an die Oberfläche. Der Alte trat auf den Rücktritt. Dann warf er sein Fahrrad in den Straßengraben und lief mit seiner Netztasche, in der Bierflaschen klirrten, zu seinen Freunden, um sich von ihnen zu verabschieden:
»Ob ich verrückt geworden bin?« Das Abschiedsgeschenk des Alten fand bei Philipp wenig Verständnis. Aber der Große Lehrmeister bestand darauf, daß sie es annähmen. Die paar Flaschen Bier finden wohl noch irgendwo Platz. Steckt sie einfach irgendwo rein, damit man sie dort bei euch nicht findet...« Die letzten Worte wurden vom Kreischen gewaltiger Autoreifen übertönt. Die Bremsen eines riesigen Benzintankwagens hatten versagt. Das Gefährt stieß gegen die Leitplanke, kam ins Schleudern und zermalmte das verlassene Fahrrad zu Brei. Jemand von den Besuchern, vielleicht war es Philipp, packte den Alten und riß ihn auf den freien Sitz neben sich ins Auto. Der Benzintanker raste um Haaresbreite an ihnen vorbei. Dann kippte er um, gerade an jener Stelle, wo der Große Lehrmeister sich befunden hätte, wenn er seine Fahrt nicht so jäh unterbrochen hätte, und das Benzin explodierte. Eine Feuersäule stieg hoch, eine Rauchwolke verdeckte die Sonne...Eine Stunde und fünfhundert Jahre später entdeckten die Beobachter zweier Raketenflugzeuge, die die letzten Wüstenreservationen des Planeten Erde überflogen, den Niva VI...Sie funkten zum ZD, dem Zentraldenker der Menschheit:
»Notlandung der Expedition Adam 84...Jawohl...Es sind alle...Obwohl das Gefährt nach seinem Raum- und Zeitflug beschädigt erscheint, sind die vier Besatzungsmitglieder völlig in Ordnung...Sie winkten uns zu...aber es sind fünf Personen!!!«
49. Alles endet einmal
Es war das schönste Leichenbegängnis des Jahres in Kamenice. Die Blechinstrumente glänzten im Sonnenschein wie pures Gold. Hinter dem schwarzen, mit Silber verzierten Sarg schritten: Weiß gekleidete kleine Mädchen aus dem Kindergarten; die Bierfreunde aus der Kneipe »Zum Roß«; Adam mit Ali; die Feuerwehr und die Männer von der Tankstelle; Vertreter der Versicherungsgesellschaft und der Stadt; der Polizeileutnant Ponděliček, die Familie Bernau, Hauptwachtmeister Kunz und der Knabe Worel.
»Man sagt, der Sarg sei leer«, flüsterte Ali dem Adam zu. »Mein Vater war bei den Löscharbeiten, aber sie haben nur das Fahrrad gefunden. Die Ziege hat die Nachbarin des Alten genommen...«
»Das weiß doch jeder!« In Adams Augen standen Tränen, so daß er kaum den Weg sah. »Dabei hast du ihn nicht gekannt! Niemand in unserer Stadt kannte ihn! Nur ich! Ich möchte einmal nur die Hälfte von dem wissen, was er wußte...«
»Die vielen Menschen! Und so viele Blumen! Das kann doch wohl nicht wahr sein!« flüsterte gerührt der
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