Die Besucher
seinem Stück Karpfen. »Ich höre Ihnen zu. Noch ein Bier?« »Vielleicht später...« Der Akademiker schlürfte vorsichtig an seinem Bier und biß ein winziges Stück Fisch ab, um den Gastgeber nicht zu kränken. »Sie staunen gar nicht, daß wir aus der Zukunft stammen?«
»Warum? Jeder stammt doch von irgendwoher. Machen Sie sich nichts draus!« Der Alte stutzte, denn vom Hof erklang ein sehnsüchtiges Gemecker. »Wie kleine Kinder! Spielzeug! Ein Salamander! Eine Zeitung von übermorgen, aber die Ziege will fressen, weil sie hört, daß wir wach sind...«
»Lassen Sie Ihr Bier stehen und gehen Sie mit ihm, Karas!« flüsterte Philipp. »Er weiß alles! Jetzt darf er nicht mehr weg von uns!«
Aber der Alte dachte nicht daran fortzulaufen. Im Nachthemd, mit Gummistiefeln an den Beinen, richtete er seine Schritte zum Ziegenstall. Er tätschelte den Rücken der Ziege und gab ihr eine Handvoll Futter. Dann pumpte er einen Eimer Wasser voll und fragte Karas:
»Hand aufs Herz, Karas! Wir sind doch Kumpel. Ihr kommt von den
Sternen?«
»Nein, aus der Zukunft, Opa.«
»Gut. Dir glaub’ ich das. Dem Mädchen auch.« Mit diesen Worten nahm der Alte die Information als richtig an und tränkte seine Ziege. »Aber dieser Mann, der euch anführt...Ich bin nicht undankbar...Er hat mich aus dem Wasser gezogen...Dieser Doktor auch...Ein Bratfisch, der auf der Zunge zerfließt...und er hat nicht einmal abgebissen! Und das Bier hat er in die Blumen gegossen, und er glaubt, ich hätte es nicht gesehen. Eine feine Zukunft!«
45. Aus der Vergangenheit in die Vergangenheit
Obwohl es schon tagte, brannte in der Hütte des Alten noch Licht. Wer dort hineingeschaut hätte, hätte seine blauen Wunder erlebt. Überall, auf dem Bett, über dem Herd und auf dem Dachboden wurden Banknoten getrocknet. Sobald sie trocken waren, sammelte Katja sie ein und ordnete sie zu Bündeln. Der Doktor und Philipp trockneten weitere Geldscheine mit einem Bügeleisen, während der Alte und Karas technische Dinge bewunderten: alte Nähmaschinen, eine Ölpresse, einen Dauerbrandofen der Marke »American Hea-ting«, alles aus der Altwarensammlung des Alten aus den Mülltonnen. Auch Fernsehbildschirme, Spieldosen...
Der Leiter des Technischen Museums litt und beneidete ihn. Aber der Alte war großzügig. »Willst du das Grammophon? Nimm es dir!« Ein Fernsehgerät, das nicht mehr empfangsfähig war, eine Balkenwaage, wie man sie beim Schweineschlachten früher zu verwenden pflegte, eine Taschentuchmangel. Alles war für Karas interessant. Ein wenig wunderte sich der Alte über die aus der Zukunft, mit denen er über das Jahr 2484 debattiert hatte: »Bei euch macht also jeder das, was er am besten kann und was ihm Spaß macht? Einfach so, umsonst, und dafür nimmt er sich wieder das, was er gerade braucht?« »Und was ihm Spaß macht...«
»Und wenn es das nicht gibt?«
»Was?«
»Das, was ihm Spaß macht oder was er gerade braucht? Zum Beispiel bestimmte Speisen. Gibt es Karpfen?«
»Mutanten ohne Schuppen und Gräten. Nur mit einer Rückenflosse. Meist werden sie aber als Kugeln in Zitropomsaft geliefert.«
»Sie werden also geliefert? Und wenn ich so eine Muh-Tante selbst angeln wollte, weil mir das Spaß machte?«
»Das ginge schwerlich...«
»Aha! Die Sache hat also auch wieder einen Haken?«
Der Alte freute sich, daß es im Zukunftsparadies gewiße Lücken der Vollkommenheit gab, aber Karas antworte mit einem Achselzucken: »So einen Fisch könnten Sie nie ans Ufer ziehen, Opa...Ein solcher Mutant wiegt nämlich einhundertzwanzig bis zweihundert Kilo.«
»Und das Bier? Ist es besser? Schlechter?«
»Bier wurde abgeschafft.«
»Warum...abgeschafft?«
»Im Jahre 2324...durch eine allgemeine Volksabstimmung...«
»Nein!«
»Doch!« Karas hatte die Balkenwaage eingesteckt, in der Hoffnung, sie in die Zukunft zu schmuggeln. Er versuchte den Alten zu besänftigen. »Es gibt aber noch einige Leute, die auch heute noch insgeheim zu Hause Bier brauen. Da läßt man Amaronenschalen vergären und bei einer Temperatur von einhundertzwanzig Grad...«
»Karas!!!«
Der Akademiker hatte Karas das Wort abgeschnitten, aber der Alte hatte schon begonnen, allerhand zu verstehen:
»Da staune ich gar nicht mehr, daß Sie lieber in der Zeit herumreisen, damit Sie ab und zu mal was Leckeres probieren können. Wenn Sie irgendwo in Wien meinem Großvater begegnen, sagen Sie ihm, ich laß ihn grüssen. Er heißt Drichlik Alois,
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