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Die Bettelprophetin

Die Bettelprophetin

Titel: Die Bettelprophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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seinem Wagen hierhergebracht. Weißt du denn gar nichts mehr davon?»
    Sie schüttelte den Kopf.
    «Das ist wegen dem hohen Fieber. Aber der Arzt hier sagt, du wirst wieder gesund.»
    Plötzlich erinnerte sich deutlich an den kahlköpfigen Riedlinger Amtsarzt, der sich über ihr Bett beugte, ihr voller Abscheu die Worte «Franzosenkrankheit» und «Strafe Gottes» entgegenschleuderte. An die Krankenwärterin, die ihr Arme und Beine mit Quecksilberschmalz einreiben wollte und prophezeite, dass sie davon alle Haare verlieren werde – aber sie sei schließlich selber schuld. Da war Theres aus dem Bett gesprungen, hatte die Frau beiseitegestoßen, ihren Umhang vom Haken gerissen und war hinausgestürzt, hinunter auf die Gasse, aus der Stadt hinaus, immer der Donau längs. Irgendwie musste sie es bis in den Wald geschafft haben, daran konnte sie sich noch undeutlich erinnern. Auch an den furchtbaren Sturm, der ihr mitdem Glockengeläut vom nahen Kloster Zwiefalten ein unaufhörliches «Maria, Maria» zugebrüllt hatte, bis sie es schier nicht mehr aushielt. Danach war alles ausgelöscht.
    «Hannes?»
    «Ja?»
    «Sie glauben, es wär die Franzosenkrankheit. Dabei hab ich nie bei einem Mann   …» Sie unterdrückte ein Schluchzen.
    Hannes blickte sie erstaunt an.
    «Was redest du da? Es ist der Rotlauf. Das kommt von den Wunden am Arm und am Bein. Weil die nämlich schmutzig geworden sind und sich entzündet haben.»
    Vor Erleichterung begann sie jetzt tatsächlich zu weinen. Hannes strich ihr übers Haar.
    «Hab keine Angst. Ich komme, so oft ich kann.»
    «Aber   … Woher weißt du   … Warum bist du hier?»
    «Sie haben in deiner Rocktasche deine Papiere gefunden, der Herr Medizinalrat und einer vom Münsinger Armenkollegium. Der hat noch gewusst, dass du aus Eglingen kommst, und da hat man dann nach mir geschickt.»
    In den folgenden Tagen unterzog sich Theres zahlreichen Untersuchungen. Der Arzt, ein junger, freundlicher Mann, versicherte ihr, dass die Symptome ihrer Krankheit keineswegs auf Syphilis zurückzuführen seien, auch wenn dies sein Riedlinger Kollege fälschlicherweise behauptet habe. Vielmehr handle es sich eindeutig um fortgeschrittene Rotlaufentzündung mit Eiterung, auch Wundrose genannt.
    «Mit strikter Reinhaltung und kühlenden nassen Umschlägen haben wir das alsbald im Griff.»
    «Wie bald?», fragte Theres mit matter Stimme. Sie hatte große Mühe, wach zu bleiben. «Muss – wieder – arbeiten.»
    «Nun, mein Fräulein, zwei Wochen Bettruhe werden Sie schon noch ertragen müssen. Danach allerdings müssen wir Sieins Ravensburger Spital schicken. Arbeitsfähig sind Sie noch lange nicht.»
    «Hier bleiben – bei meinem Bruder.» Sie begann krampfartig zu husten.
    Der junge Arzt schüttelte den Kopf.
    «Das geht leider nicht, Fräulein Ludwig. Sie sind dem Oberamt Ravensburg gemeldet, somit ist unser Armenfonds für Sie nicht zuständig. Nur – mit diesem Fieber können wir Sie nicht fortlassen. Deswegen bleiben Sie erst einmal hier. Und jetzt schlafen Sie. Ich komm heut Abend wieder.»
     
    Hannes besuchte sie, sooft er sich freinehmen konnte. Es dauerte mehr als zehn Tage, bis der Amtsarzt das Fieber endlich im Griff hatte und Theres wieder ohne Mühe sprechen konnte.
    «Jetzt muss ich bald weg hier», sagte sie traurig und starrte auf das kleine Stück Honigkuchen, das Hannes ihr mitgebracht hatte. «Meinen neuen Reiseschein hab ich schon bekommen.»
    Hannes sah seine Schwester mitleidig an. Dann ging ein Leuchten über sein Gesicht: «Weißt du übrigens, dass du mir Glück gebracht hast?»
    «Wie meinst du das?»
    «Durch meine Besuche bei dir hab ich die Herren vom Stiftungsrat kennengelernt. Die suchen aufs Frühjahr einen neuen Secretär. Drück mir ganz fest die Daumen, dass ich die Anstellung bekomme.»
    «Hier in Münsingen?»
    «Ja. Ach, Theres, ich will schon so lange raus aus unserem elenden Dorf. Da bin ich doch für alle nur der verkrüppelte Hannes und ein Bastard dazu.»
    Drei Tage später wurde Theres entlassen, mit einem Krankenbericht an das Heilig-Geist-Spital zu Ravensburg und der Bitte, man möge sie den Winter über aufnehmen, bis sie wiederdienstfähig sei. Dazu erhielt sie sogar ein Billet für die Postkutsche bis Ravensburg, wenngleich auch nur für einen Außenplatz auf dem Dach zwischen den Gepäckstücken. Am selben Morgen hatte ihr Bruder tatsächlich den Kontrakt für seine neue Anstellung als Schreiber und Secretarius unterschrieben.
    Bei ihrem Abschied

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