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Die Bettelprophetin

Die Bettelprophetin

Titel: Die Bettelprophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Hals. Über das hellbraune Fell lief ein Zittern. Es war ein wunderschönes Tier, das erkannte Theres auf Anhieb, obwohl sie von Pferden wenig verstand.
    «Ach herrje, mein Fräulein, das tut mir aber leid! Haben Sie sich verletzt?»
    Der Soldat nahm seinen Tschako vom Kopf und betrachtete sie in ehrlicher Beschämung. Er zählte bestimmt zehn Jahre mehr als sie, doch sein glattes Gesicht mit dem kleinen Schnauzbart über den vollen Lippen hatte etwas Jungenhaftes, und sein kurzgeschnittenes, dunkelbraunes Haar stand jetzt in alle Richtungen ab wie bei einem ungekämmten Bauernbuben.
    «Es geht schon wieder.» Sie strich sich Schürze und Rock glatt. «Nur die Eier   … Der Korb dahinten   …»
    Der Soldat folgte ihrem Blick, dann stapfte er etwas o-beinig zum Ufer hinüber, um den Korb aus dem Sumpf zu ziehen. Das Pferd hatte zu grasen begonnen, als sei nichts geschehen.
    «Ich fürchte, da ist nichts mehr zu machen. Nurmehr Rührei drin. Dieser Satansbraten», wiederholte er kopfschüttelnd mit Blick auf sein Pferd. Dann stellte er den Korb ins Gras und reichte Theres die Hand.
    «Gestatten   – Kasimir ist mein Name, Kasimir von Eichborn. Rittmeister im dritten Reiterregiment zu Ulm drüben.»
    Die Hand fühlte sich warm und trocken an und hielt für Theres Empfinden etwas zu lange die ihre umschlossen. So jung und schon Rittmeister!, dachte sie. Und dazu noch von Adel!
    «Was sag ich jetzt den Bauersleut?»
    »Ich werde für den Schaden selbstredend aufkommen. Nur hab ich jetzt keinen Heller mit mir. Aber morgen – morgenfrüh komm ich heraus und bringe den Bauern das Geld für die Eier. Mein Soldatenehrenwort.»
    Theres schüttelte den Kopf.
    «Das glauben mir die Kleinbubs nie und nimmer.»
    Kasimir von Eichborn zog ein Tuch aus der Tasche seines knielangen Waffenrocks.
    «Sie bluten ja!»
    Behutsam tupfte er ihr die Stirn ab. Dabei kam er ihr beinahe unschicklich nahe, und Theres stieg der Geruch von Pferdestall, frischgeschnittenem Gras und Mannsbild in die Nase – was ihr alles andere als unangenehm war.
    «Tut es sehr weh?»
    «Nein, nein.»
    » Wie heißen Sie überhaupt?»
    «Theres. Theres Ludwig», entgegnete sie, um dann in einem Anfall von Trotz hinzuzufügen: «Ich bin leider nur Stallmagd – falls Sie mich für etwas andres gehalten haben.»
    Der Soldat musste lachen, wobei seine dunklen Augen schmal wurden vor lauter Fältchen.
    «Nur Stallmagd vielleicht – aber dafür wunderhübsch! Wissen Sie was, Fräulein Theres? Sie sitzen hinten auf, und ich bring Sie zurück. Dann kann ich Ihren Herrschaften alles erklären.»
    «Auf dieses wilde Pferd? Im Leben nicht.»
    «Da brauchen Sie keine Angst haben, jetzt hat er sich ja ausgetobt. Er ist ein lieber Kerl, aber halt noch ganz jung. Habe ihn erst letzte Woche bekommen. Der Büchsenknall eines Jägers hatte ihn so erschreckt, dass er mir durchgegangen ist.»
    «Dann würd er aber besser vor den Pflug passen als für den Kriegsdienst», murmelte Theres.
    Wieder lachte Kasimir von Eichborn.
    «Ein Trakehnerhengst vor dem Pflug – das gäbe was! Nein, nein, der muss sich erst noch gewöhnen ans Soldatenleben.Jetzt klopfen Sie ihm ein bissel den Hals, und wenn er Sie anschaut, streicheln Sie ihm über die Nüstern. Das liebt er.»
    Tatsächlich blickten die großen, klaren Augen Theres jetzt freundlich an. Um die Nüstern herum fühlte es sich wunderbar weich an, wie Samt.
    «Wie heißt er?»
    «Sultan. Jetzt kommen Sie!»
    Er schwang sich in den Sattel und reichte ihr die Hand.
    «Setzen Sie den Fuß in den Steigbügel. Ja, so ist’s recht.»
    Als sie hinter ihm zum Sitzen kam, roch sie wieder seinen herben Duft. Sie wusste nicht wohin mit ihren Armen.
    «Halten Sie sich an mir fest, es geht los.»
    Wenig später trafen sie umringt von einer Kinderschar auf dem Hof ein. Theres schämte sich vor ihrem Begleiter in Grund und Boden für diesen verdreckten kleinen Bauernhof, der ihre Arbeitsstätte war. Hastig ließ sie den Rittmeister los und sprang vom Pferd.
    «Sie brauchen nicht mitzukommen. Ich kann das allein erklären, das mit den Eiern.»
    Aber es war zu spät. Mit aufgerissenen Augen kam die Bäuerin herangeschlurft, so schnell es ihre klobigen, viel zu großen Stiefel erlaubten. Bevor sie losblaffen konnte, hatte Kasimir von Eichborn das Wort ergriffen. Dabei blieb er hoch zu Ross sitzen, und die Bäuerin hielt respektvoll Abstand zu dem tänzelnden Pferd.
    «Es hat einen kleinen Unfall gegeben, mit eurer Magd. Alles meine

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