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Die Bettelprophetin

Die Bettelprophetin

Titel: Die Bettelprophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Hof, hinüber zu ihrem Verschlag, wo sie die Schürze abnahm, sich das Haar kämmte und aufsteckte, um dann ihre rosenfarbene Sonntagshaube aufzusetzen. Gestern hatte sie sie gewaschen und geschrubbt, bis alle Flecken aus dem Stoff verschwunden waren – für alle Fälle. Nun trat sie unschlüssig von einem Bein aufs andere. Nein, dieser Rittmeister sollte ja nicht glauben, sie würde springen, wenn er pfiff! Nur ein wenig spazieren gehen, durch die Obstwiesen in Richtung Ried, wollte sie – einfach so, ohne Eile und Ziel. Es wäre zu schade, an ihrem ersten freien Nachmittag hierzubleiben.
    Vom Hof führte, neben dem Hauptweg zum Dorf, noch ein Pfad in Richtung Ried und weiter bis ans Donauufer. Den schlug Theres ein, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand sie beobachtete. Eine Zeit lang begleitete sie linkerHand in der Ferne der Turm der Dorfkirche, und sie konnte sogar winzige Gestalten ausmachen, die wie sie selbst durchs Grüne spazierten. Für Ende April war die Luft schon angenehm warm, auch wenn die Sonne nur hie und da durch die zahllosen Wölkchen stieß, die an dem blassblauen Frühlingshimmel festzukleben schienen. Von den Ästen der knorrigen Apfel- und Birnbäume gaben die Vögel ihr Konzert, und jetzt erst fiel Theres auf, wie die Natur sich überall anschickte, zu knospen und zu blühen.
    Ich bin kein kleines Mädchen mehr, sagte sie sich, ich bin neunzehn Jahre alt und weiß sehr wohl, wie man mit Mannsbildern umzugehen hat. Gegen eine gemeinsame Brotzeit am Sonntagnachmittag ist ja wohl nichts einzuwenden. Andere junge Frauen in meinem Alter haben längst einen Bräutigam an der Angel.
    Den Gedanken, dass sie in Wahrheit kein bisschen mit Mannsbildern umzugehen wusste, dass sie gerade mal einen einzigen Kuss erlebt hatte, mit Elias, und mit Adam aus dem Gemischtwarenladen zweimal Händchen gehalten hatte, schob sie rasch beiseite.
    Sie schlug den Grasweg ein, der zum Steg der Fischerhütte führte, und bemerkte nicht, dass sie auf einmal laut zu sprechen begonnen hatte: «Guten Tag, Herr Rittmeister, ich bin nur gekommen, um mich nochmals bei Ihnen zu bedanken. Es ist sehr gütig, wie Sie sich für mich eingesetzt haben, nun aber muss ich wieder zurück.»
    «Aber, aber – soll ich dann mein schönes Vesper allein verspeisen?»
    Theres erschrak bis ins Mark. Hinter einer Wand aus Schilfrohr trat Kasimir von Eichborn hervor und war ganz offensichtlich höchst amüsiert über ihr heimliches Geplapper.
    Was für eine dumme Gans ich bin, schalt sie sich innerlich.Laut entgegnete sie, mit gestrafftem Rücken und ernstem Gesicht:
    «Das ist nicht recht, dass Sie mich so heimlich belauschen.»
    «O Verzeihung – aber da hätte ich mir schon die Ohren zuhalten müssen.» Sein Lächeln war warm und offen. «Bitte enttäuschen Sie mich nicht, Fräulein Theres, ich hab schon alles gerichtet für unser kleines Mahl.»
    Mit dem Kinn wies er in Richtung Fischersteg. Dann bot er ihr galant den Arm.
    «Darf ich bitten, schönes Fräulein?»
    Wider Willen musste sie lachen.
    «Einverstanden, Herr Rittmeister. Aber nur, wenn Sie mich nie mehr ‹schönes Fräulein› heißen.»
    «Und Sie mich nie mehr ‹Herr Rittmeister›. Für Sie bin ich Kasimir.»
    Der Steg ging auf einen stillen Nebenarm der Donau, der seit langem schon vom Hauptfluss abgeschnitten war. Seither fuhren hier auch keine Fischer und Flößer mehr übers Wasser. Nur Angler kamen hin und wieder auf den Steg heraus, während die Hütte zusehends verfiel. Auf den Planken hatte Kasimir von Eichborn ein wahres Festmahl gerichtet, hübsch angerichtet auf einem sauberen, dunkelblauen Tuch. Neben dem Weinkrug warteten zwei Becher auf sie, ein Körbchen mit Kreuzerwecken, ein Brettchen mit goldgelbem Käse und geräucherter Wurst.
    Sofort begann Theres’ Magen zu knurren, was den Rittmeister abermals zum Lachen brachte. Er schien oft und viel zu lachen, das sah man seinem Gesicht an.
    «Ich glaub, es wird höchste Zeit, dass einer wie ich daherkommt und Sie ein bisschen aufpäppelt.»
    Sie ließen sich auf dem Steg nieder, Theres in größtmöglichem Abstand zu dem Mann, der ihr plötzlich gar nicht mehrso fremd vorkam. Kasimir von Eichborn schenkte ein, ihr natürlich zuerst.
    «Auf das Frühjahr, die schönste der Jahreszeiten. Ist es nicht herrlich hier?»
    Theres spürte dem Geschmack des Weines nach. Er war süß und lag weich auf der Zunge. Dabei schweifte ihr Blick über die dunkle Wasserfläche, die sich am andern Ende im Schilf

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