Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

für Skinners Ohren wie Engelszungen. Er bezahlt seiner Schwester das Studium, dachte Skinner mit einer befremdlichen Sympathie, die zwischen komplett geheuchelt und absolut aufrichtig schwankte.
    Dann unterbrach er sie, beschwichtigend, aber doch mit dem gebotenen Ernst, wie er dachte: – Immer mit der Ruhe, Mrs Kibby, machen Sie sich darüber mal keine Gedanken. Ich weiß, dass Brian häufig fehlt, aber jeder ist über seine Krankheit im Bilde, und wir drücken ihm alle die Daumen. Brian hat eine Menge Freunde in dieser Behörde.
    – Sie sind so freundlich …, weinte Joyce fast vor Dankbarkeit.
    – Wir müssen Brian gegenüber nachsichtig sein, Mrs Kibby. Ich möchte, dass Sie Folgendes tun: Setzen Sie sich erst mal in Ruhe hin und machen Sie dann einen schönen Tee. Ich schaue in etwa einer Stunde persönlich bei Ihnen rein. Sagen Sie Brian um Himmels willen, er soll es sich nicht so schwer machen. Ich weiß, dass er seinen Stolz hat. Und Sie selbst sollten es sich auch nicht so zu Herzen nehmen, sagte er in einem Ausbruch von Mitgefühl.
    Für Joyce Kibby klang das Lied, das Skinner anstimmte, ebenfalls wie liebliche Musik. – Haben Sie recht herzlichen Dank, Mr Skinner, aber es ist wirklich nicht nötig, Sie sind sicherlich sehr beschäftigt …
    – Gar kein Problem, Mrs Kibby, beruhigte er sie. – Ich sehe Sie in Kürze. Wiedersehen.
    – Auf Wiedersehen …
    Skinner legte den Hörer auf die Gabel. Er selbst merkte gar nicht, dass er sich begeistert die Hände rieb, bis Bob Foy in sein Büro kam und meinte: – Da hat aber einer gute Nachrichten gekriegt!
    – Hab gestern Abend eine verdammt scharfe Lady kennen gelernt, sagte Skinner, – und gerade hat sie angerufen.
    In dem Blick, den Foy ihm zuwarf, lagen zu gleichen Teilen Neid, Geringschätzung und Bewunderung.
    Dieser Mr Skinner ist ein wahrer Heiliger, dachte Joyce, als sie den Hörer auflegte.
    Wie schön, dass es in diesen selbstsüchtigen, amoralischen Zeiten doch noch ein paar anständige Menschen auf der Welt gibt.
    Joyce Kibby befolgte Danny Skinners Ratschlag und ging in die Küche, um Teewasser aufzusetzen.
    Was für ein aufrichtig netter, rücksichtsvoller junger Mann. Aber warum ist Brian immer so feindselig ihm gegenüber und zuckt jedes Mal zusammen, wenn sein Name fällt? Das verstehe ich ein fach nicht. Brian war sehr verärgert, als Mr Skinner und nicht er befördert wurde, aber warum so einen dummen Groll hegen, wenn der Mann so freundlich zu ihm ist?
    Ich besuche meinen alten Kumpel Brian Kibby! Über zwei Wochen ist es her. Der Urlaub auf den Balearen war toll, aye, aber die Auswirkungen auf Kibbys Gesundheit habe ich nicht mitbekommen. Zu wissen, was man gewonnen hatte, war schön, aber zu sehen, was einem erspart geblieben war, war einfach köstlich.
    Ich habe eigentlich zwei Betriebsbegehungen, aber die werde ich nun delegieren müssen. Die Personalangelegenheiten im Hause der Kibbys haben Vorrang. Es wird eigenartig sein, einen geschwächten und hinfälligen Kibby in seiner heimischen Umgebung zu erleben. Und geschwächt und hinfällig wird er mit Sicherheit sein, denn ich hab gestern Abend mit Gary Traynor und Alex Shevlane gut was weggestellt. Ein bisschen Koks war auch im Umlauf: Kibbys Nebenhöhlen dürften eine üble Packung abgekriegt haben.
    Wie der Zufall es will, ist Shannon sogar froh, mal nach draußen zu kommen und die Begehungen zu übernehmen. Sie trägt ihr Haar jetzt kürzer, und man kann ihre schlanke Nackenpartie sehen. Normalerweise mag ich ja Frauen mit kurzen Haaren nicht, aber ihr steht es. – Neue Frisur. Heißt das etwa neuer Macker?
    Sie setzt dieses Ich-krieg’s-besorgt-Grinsen auf, als sie die Akte nimmt. Dann legt sie den Finger an die Lippen. – Pssst, macht sie.
    Noch mehr Bettgeschichten.
    Wenn’s einem von uns gut geht, auch schön: Ich kann ein bisschen Aufheiterung gut gebrauchen. Ich hab immer noch nicht den Schock überwunden, Kay wiederzusehen; ihre Offenbarungen von neuen Partnern und Fehlgeburten, die ich zu überhören versucht habe … aber mir macht Sorgen, was aus Rab McKenzie geworden ist, der einfach wie vom Erdboden verschluckt zu sein scheint. Ich hab nicht die Spur von der fetten Socke in dem Hühnerhof von billigen Clubs und Kneipen gesehen, die normalerweise unser Einsatzgebiet darstellen.
    Armer Big Rab, Leberzirrhose bedeutet nie wieder trinken. Was für ein Albtraum. Das ist eben das Problem beim Rausch, er ist etwas Unmittelbares, etwas, das zur Gegenwart gehört. Man