Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
Kreischlauten. Gewaltiges, blutgieriges Knurren hob hinter ihm an. Die Gerüche waren penetrant, als er den Weg entlang und durch die Zoopforten nach draußen hastete. Er war so schnell zu Hause, wie es sein hinfälliger Körper und ein langsames Taxi zuließen.
Am nächsten Morgen raffte sich Kibby ungeachtet aller Qualen auf und stieg in den Zug zu der Convention nach Birmingham. Er hatte das Ticket schon im Voraus gebucht und war entschlossen, Ian entgegenzutreten, der mit Sicherheit dort sein würde, und ihm alles zu erklären. Aber als er ankam, fühlte er sich zu schwach, um das Veranstaltungszentrum zu besuchen; abgesehen von einem langsamen, kurzatmigen Spaziergang entlang des Kanals blieb er in seinem Hotelzimmer und sah fern. Er konnte unmöglich Ian oder sonst irgendwem in diesem Zustand gegenübertreten. Er musste am nächsten Tag gleich wieder nach Hause fahren. Und als er dann abends stöhnend in seinem Bett in Edinburgh lag, entdeckte Brian Kibby noch etwas Neues. Er hatte auf einmal überall seltsame Flecken, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte.
Dr Graigmyre, von Joyce Kibby alarmiert, traute seinen Augen nicht. – Birmingham, sagten Sie?, fragte er ungläubig den flachliegenden Kibby, der nur mit einem schwachen Stöhnen bejahte.
– Ich frag nur, weil … das sieht für mich wie Moskitostiche aus! Moskitostiche! Und dann sah Dr Graigmyre noch etwas Seltsames, als er Brian Kibby betrachtete. Auf der Wange seines Patienten schwoll ein kleines Blutgefäß plötzlich an und platzte vor seinen Augen. Kibby spürte das als kleinen Stich, und es zuckte in seinem Gesicht.
Der Sektkorken knallte, Danny Skinner setzte die schäumende Flasche an den Hals und spülte die beiden Ecstasypillen runter, von denen sein Mund und seine Kehle trocken wurden. Die Menge um ihn herum auf der Tanzfläche johlte, als er die Flasche weiterreichte.
Bislang hatte sich Skinner so richtig Ibiza gegeben, zumindest dem äußeren Anschein nach. Er ließ es jeden Abend krachen und tagsüber am Strand genauso. Aber in den frühen Morgenstunden in einem Club namens Space wurde Danny Skinner aus sich selbst nicht ganz schlau. Wie kam es, dass er, obwohl Fatboy Slim die Meute Feiernder in einen Zustand wilder Entfesselung knüppelte und hämmerte, an Nerds im Parka denken musste? Und wie kam es, dass er, obwohl von MDMA durchpulst in einem Meer von Umarmungen und Lächeln und purstem Partyhedonismus, ja, purer Liebe treibend, an den Kanälen und in den Nebenstraßen von Birmingham herumstrich? Und absolut unbegreiflich war ihm, wieso er, obwohl er die Hand in dem Seidenhöschen und auf der festen Pobacke einer atemberaubenden Schönheit aus Surrey namens Melanie hatte, die ihren geschmeidigen Körper um ihn schlängelte und mit langsamen rhythmischen Stößen gegen seinen Unterleib stupste, ihre heißen Lippen auf seinen Mund gepresst, wie kam es also, dass er ausgerechnet an …
Nein .
Doch .
Er dachte an Brian Kibby und was ihm in diesem Augenblick widerfuhr!
Skinner fuhr zusammen, nahezu blind für die Schönheit um sich herum, als er die grausame Wahrheit erkannte: Er vermisste Kibby immer, sobald sie für länger als ein paar Tage voneinander getrennt waren, er brauchte die morbide Gewissheit darüber, wie es seinem Erzfeind ging.
Zwar würde Kibby alle, in ihrer Unaufrichtigkeit sofort durchschaubaren Erkundigungen Skinners nach seiner Gesundheit abblocken, aber er würde sich mit Sicherheit aus reiner Verzweiflung jemandem anvertrauen. Und wer sollte das sein, wenn nicht Shannon McDowall, zu der Skinner immer noch ein gutes, wenn auch nicht länger sexuelles Verhältnis hatte. Und Skinner würde sie natürlich schadenfroh aushorchen.
Ja, Skinner dachte an Brian, an die Auswirkungen seiner Anstrengungen. Er war wie ein Künstler, der nicht sehen konnte, was seine Pinselstriche auf der Leinwand hinterließen. Was mochte dieser Marathon- LSD – Trip bei Kibby angerichtet haben? Was war mit den ganzen schmuddeligen 60-Prozent-Abführmittel-Lines? Oder dem unbekümmerten, unverantwortlichen Vermischen von Traube und Korn? Was mit Wodka flaschenweise bei Manumission oder dem Crackrauchen auf dieser Jacht; diese schauerliche Alufolie musste doch Verheerungen in den geschwächten Lungen seines alten Gegners angerichtet haben.
Ein Wochenende Warten war genug, gerade richtig, um sich voller Vorfreude die fertige Erscheinung oder eben das Nichterscheinen Kibbys am Montagmorgen auszumalen – diese wunderbaren Montagmorgen
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