Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
ich lächelnd.
Sie sieht mich erst mal nur an, setzt den Kaffee an die Lippen und zuckt die Achseln. – Billiger als in der Suchtklinik, das muss man sagen, aber dafür muss man diesen ganzen fundamentalistischen Quatsch ertragen.
– Wie meinst du das?
– Einmal dieses Frömmlerische, aber auch dieser Scheiß von wegen lebenslanger Abstinenz. Ich meine, klar, ich geb zu, dass die Trinkerei bei mir ein bisschen überhand genommen hat. Aber ich werd irgendwann wieder was trinken, wenn ich es erst mal im Griff habe. Ein Drink ist nicht das Ende der Welt.
– Für manche schon, erkläre ich.
– Das ist so ätzend, stöhnt sie. Sie hat ein etwas quadratisches, aber nicht unhübsches Gesicht, und mir gefallen ihre grünbraunen Augen und schmalen Lippen. – Liegt dir wirklich so viel daran, Jesus in dein Leben zu holen?
Ich sehe Kibby vor mir, ans Kreuz geschlagen. Dann denke ich an das Pornovideo von Traynor, Am Kreuz genagelt , wahrscheinlich, weil die Kleine ein bisschen wie die Schnecke aussieht, die bei dem Dreier die Freundin von Maria Magdalena gespielt hat, und ich muss unfreiwillig leise kichern. – Ich will den Alkohol aus meinem Leben raushaben, erkläre ich und reiß mich zusammen.
– Tja, dann pass auf, dass dich dafür nicht plötzlich Jesus am Sack hat, denn so funktioniert das bei diesen Freaks: eine Abhängigkeit durch eine andere ersetzen.
Ja, Jesus, den hatten sie allerdings am Sack in dem Streifen. Genau da ging nämlich einer der Kreuznägel durch. Autsch! Ich schürze meine Lippen und atme scharf aus beim Gedanken daran. – Nicht mit mir, sage ich zu ihr.
– Du musst dich vorsehen, sagt sie und sieht sich verstohlen um.
Ich überlege, dass ich hier drüben Freunde brauche, und nüchtern und weiblich würde schon gut ins Programm passen. – Hör mal. Wo wir gerade bei Abhängigkeiten sind, ich schüttle den Styroporbecher, – der Kaffee hier ist Müll. Hättest du Lust, irgendwo einen genießbaren trinken zu gehen, wenn hier Schluss ist?
Sie zieht die Augenbrauen hoch und sieht mich herausfordernd an. – Willst du mich anmachen?
– Äh – ich bin aus Schottland. Da ist so was eigentlich unüblich … Ich meine, Menschen verschiedenen Geschlechts können in meinem Kulturkreis auch ohne irgendwelche Hintergedanken gesellschaftlichen Umgang miteinander haben, lüge ich.
Sie macht sich kurz Gedanken über diese gequirlte Scheiße und sagt dann: – Okay, das wär cool. Sie lächelt, und es flattert zaghaft in meinem Bauch. Du Zuckerstück! – Dein Akzent ist echt spitze. Ich war selbst noch nie in Schottland, sagt sie.
– Schönes Land, unbedingt eine Reise wert, behaupte ich in einer selbstgefälligen Aufwallung von Vaterlandsliebe, als das Treffen weitergeht. – Ich bin übrigens Danny.
– Dorothy, sagt sie, als wir zu Runde zwei unsere Plätze einnehmen.
Die Geschichten sind immer noch so verstörend, aber Dorothy und ich schneiden uns gegenseitig zwischendurch Gesichter, meistens wenn aus dem Plenum mal wieder ein besonders abgedroschener Kommentar kommt. Ich kriege nur sehr am Rande mit, was im Rest des Saals vorgeht, bis es in meinem Ohr plopp macht, gefolgt von einem warm feuchten Gefühl, als würde ich bluten. Als ich danach taste, spüre ich, wie mir etwas Warmes, Klebriges auf die Finger trieft. Mir rappelt das Herz in der Brust vor Panik, weil ich fürchte, mein Gehirn könnte auslaufen, aber es ist nur Ohrenschmalz. Ich schmiere ihn unauffällig an die Unterseite des Stuhls. Dann entschuldige ich mich und gehe auf die Toilette, um mir die Ohren und die beschmierte Gesichtshälfte zu waschen, bis ich den wächsernen Geruch endlich los bin. Ich gehe pinkeln, und die Farbe und Konsistenz der Pisse sind wie die vom Ohrenschmalz.
Super- GAU !
Ich gehe verstört wieder rein, aber wenigstens höre ich jetzt, was vor sich geht. Anschließend, nach dem Gebet um inneren Frieden, gehen wir gemeinsam nach draußen. Es sieht so aus, als hätte ich eine neue Freundschaft geschlossen, na wunderbar!
– Hast du ein Auto?, fragt sie.
– Nein, ich bin gestern erst angekommen. Ich hab mir ein Zimmer in einer Absteige auf der 6th Street genommen, verrate ich ihr, was möglicherweise unklug war.
– O Gott, schäbiger geht’s aber wirklich nicht, sagt sie und zündet sich eine Zigarette an. – Ich steh gleich da drüben, sie zeigt über die Straße auf ein smartes weißes Cabrio. – Los, verschwinden wir aus diesem Viertel.
Wir steigen ins Auto und fahren los. Dorothys
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