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Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Titel: Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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eine gewisse Kraft ausging. – Es liegt entweder in der Natur der Sache, die du dir wünschst, oder es liegt an der Person, der du’s gewünscht hast. Was bedeutet der Fluch für dich? Was bedeutet dir dieses Jüngelchen?
    Er schüttelte langsam den Kopf, stand auf und machte sich bereit, sich zu verabschieden. – Vielen herzlichen Dank, aber diese Fragen habe ich mir bereits selbst gestellt, sagte er, und seine Stimme triefte vor Sarkasmus.
    Mary drehte ihren Kopf herum und sagte: – Je mehr Dinge in deinem Leben ungelöst sind, desto mächtiger ist dein Zorn, und desto stärker ist deine Fähigkeit, solche Schäden anzurichten.
    Skinner blieb stehen. – Kibby war ein …, begann er und stockte dann, als er eine abscheuliche, wenn auch noch unklare Gewissheit verspürte. Es war ausgeprägt, aber irgendwie nicht greifbar. Er hatte das Gefühl, dass er irgendwo ganz tief drinnen die Antwort kannte, aber nie fähig sein würde, sie ins Reich des bewussten Denkens heraufzuholen.
    Aber … ich weiß noch, da war einmal dieser Typ, der uns immer beim Fußballspielen zugesehen hat. Inverleith Park, auf dem Platz. Hielt aber immer Distanz. Eines Tages sagte er zu mir »Schön ge spielt, Sohn.« Er war …
    – Ich bin besorgt um dich, sagte sie warnend, – besorgt, dass dir was zustößt. Dann griff ihre Hand nach ihm und umklammerte sein Handgelenk.
    Skinner flog das Herz bis in den Hals, so geschockt war er von der plötzlichen Bewegung, den blitzschnellen Reflexen der Alten und ihrem eisernen Griff. Trotzdem fasste er sich und wand seinen Arm aus ihren Klauen. – Um den anderen Jungen solltest du dir Sorgen machen, sagte er höhnisch.
    – Ich fürchte um dich, sagte sie zu ihm.
    Skinner hatte wieder nur Hohn für sie, aber als er ging, konnte er seine Besorgnis nicht verhehlen. Vielleicht gönnte er sich tatsächlich den Drink, den er jetzt so bitter nötig hatte.

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41
Zugunglück
    Der Whisky half. Er hatte ihm die erforderliche Kraft und Entschlossenheit gegeben, sich an die beschwerliche Aufgabe zu machen, seinen schweren, ramponierten Leib die Trittleiter hochzuwuchten. Die erschlafften Muskeln in seinen Armen und Beinen glühten wie Kohlen, als die Aluminiumstufen unter seinem Gewicht ächzten, ploppten und knarrten. Ein belegtes Rasseln zog sich durch seine Lungen, die Schwerstarbeit leisteten, um genug Sauerstoff für diese Strapazen aufzunehmen, die seinen Puls beschleunigten. Auf einer Stufe wurde ihm so schwindlig, dass er dachte, er würde von der Leiter rutschen und hinstürzen. Dann trat er, mit einem letzten Kraftakt, der ihm alles abverlangte, zitternd in seinen alten Dachboden. Es fühlte sich an, als sei er durch eine erstickende Membran in eine andere Welt durchgestoßen, während sich ihm vom Alkohol und der Anstrengung des Aufstiegs der Kopf drehte. Er schnaufte, um wieder zu Atem und zur Besinnung zu kommen, und zog an der Schnur des Lichtschalters. Die blanken Neonleuchten gingen flackernd an und konfrontierten ihn mit seiner Modelleisenbahnlandschaft.
    Ihre zarte Detailliertheit und Präzision waren wie ein Affront. Er stand da, behaust in der weichen Maschine seines zerrütteten, armseligen Körpers, und zürnte dieser makellosen, unnützen Kreation.
    Was ist das hier? Es ist alles, was ich mit meinem verfickten Le ben angefangen habe. Es ist alles, was ich besitze, um zu beweisen, dass ich je auf diesem Planeten existiert habe. Dieses beschissene Kinderspielzeug!
    Ich werd keinen anderen Job kriegen.
    Ich werde nie eine Freundin kriegen, nie jemanden finden, den ich lieben kann.
    Das ist alles, was ich habe. Das!
    Das ist nicht genug!
    – DAS IST NICHT GENUG !, kreischte er, mit einer Stimme, die aus einem verborgenen, gequälten Teil seiner Seele hervorbrach und in den Tiefen des Dachbodens widerhallte.
    Die Berge, die sein Vater gemacht hatte, die Häuser, die er gebaut hatte, die Schienen, die er verlegt hatte, die Eisenbahnen, die er gekauft hatte, das alles glotzte ihn mit starrsinnigem, verächtlichem Schweigen an. – DAS IST NICHTS! ES IST GAR NIX ! Und er schwankte auf die Stadt zu und fand sich dabei, Kleinholz aus ihr zu machen; er zertrat und zerriss und zerschlug sie mit einer Energie und Kraft, die er längst nicht mehr in sich zu haben geglaubt hatte. Brian Kibby schlug die Häuser in Stücke, zerfetzte die Berge aus Pappmaschee, riss die Schienen ab und schleuderte die Lokomotiven durch den Raum, fiel über die Stadt her wie ein rasendes Untier in einem alten

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