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Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Titel: Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Behördenmanier erfand man einfach welche, weil es zu teuer gewesen wäre, ihn zu entlassen. Es war ihm auf seiner vorherigen Stelle gelungen, einen Fünfjahresvertrag herauszuschinden, und er hatte nun nur noch achtzehn Monate vor sich, ehe der auslief. Winchester war durch alle Abteilungen weitergereicht worden, ein Mann, der aus dem Tritt gekommen war und keinerlei Interesse an seiner Arbeit hatte, falls man es so nennen konnte.
    Dougie Winchester und Danny Skinner waren ein seltsames Gespann, der eine eigentlich gerade am Beginn seiner beruflichen Laufbahn, der andere, obwohl erst Mitte vierzig, würde höchstwahrscheinlich nach dem Ausscheiden aus der Stadtverwaltung nie wieder Arbeit finden. Sie waren, wie Winchester es einmal formuliert hatte, »Brüder in geistigen Getränken«. Skinner überlegte, dass es irgendwann eine Zeit gegeben haben musste, in der Winchester diese Formulierung noch ironisch eingesetzt hatte und nicht rein deskriptiv.
    Winchester verfügte auch noch über andere Qualitäten als die eines Trinkkumpans, und Skinner wollte nun auf seine Kenntnisse der Lokalgeschichte zurückgreifen. Der Ältere war überrascht, als Skinner ein Mittagsbierchen im Archangel vorschlug. Auch wenn es keins ihrer Stammlokale war, es war eine renommierte Adresse in Edinburgh, und Winchester war früher häufig dort gewesen.
    Das Archangel lag an der Waverley Station, an einem der Seiteneingänge, und war daher bei Pendlern beliebter als bei Touristen. Eigentlich waren es eher zwei Räumlichkeiten als eine. Die große Kneipe, McTaggart’s, war ein spartanischer Pub, in dem es vor allem am Wochenende recht stimmungsvoll und lebhaft zugehen konnte. Daneben, verbunden durch einen Durchgang, in dem auch die Toiletten für beide Lokale lagen, war das eigentliche Archangel. Es verfügte über eine kleinere Bar, die gerne von der Kunstszene frequentiert wurde, und ein Restaurant im ersten Stock, das schon immer für sein gutes Essen bekannt war. Skinner hatte noch nie dort gegessen, aber schon einmal eine Inspektion der untadelig geführten Küche vorgenommen.
    Es war der kleinere Schankraum, in den Danny Skinner wollte, zur nicht geringen Bestürzung Winchesters. – Da geh ich nich rein, sagte er kopfschüttelnd, – da gehen doch lauter Schwulibulis hin. Früher wenigstens.
    – Aber jetzt bestimmt nicht, doch nicht zur Mittagszeit, sagte Skinner. – Gucken wir mal rein, und wenn’s scheiße ist, können wir immer noch nach nebenan.
    Winchester war gar nicht so pingelig, wie er tat. Sein einziges Interesse galt dem Trinkquantum, denn er trank mittags gerne seine vier Pints. Das erste kippte er mit zwei, drei großen Schlucken runter, das zweite und dritte wurde in Ruhe getrunken und genossen, mit dem vierten wurde gewöhnlich so verfahren wie mit dem ersten. Nachmittags war die Bürotür des Projektleiters für Sonderaufgaben (Umwelthygiene) in der Regel abgeschlossen.
    Die einzigen Gäste in der kleinen Kneipe waren ein Grüppchen von Hausfrauen aus Fife mit ihren Einkaufstaschen und ein paar junge Rucksacktouristen, dennoch wirkte sie bereits gut gefüllt. Der pummelige Barmann hatte ein Retro-Fußballtrikot von St. Johnstone an, auf dem für The Famous Grouse Whisky geworben wurde. Sein blondes Haar trug er nach hinten gegelt; der Typ Mann, dachte Skinner, der einen echten Schlag bei den Frauen gehabt hätte, in den Tagen vor der Verfettungsepidemie. Er bestellte zwei Pints und registrierte, wie Winchester seinem ersten das übliche Verfahren angedeihen ließ. – War das früher einer deiner Stammläden?, fragte er seinen schwer schluckenden Kollegen.
    – Aye, sagte Winchester, – alle kamen früher her. Jede Nutte und jedes Kneipenoriginal kamen her. War eine tolle Atmosphäre.
    – War das in der Punkära?
    Winchester schüttelte energisch den Kopf, das Gesicht missbilligend verzogen. – Ich hab diese Scheiße gehasst. Hat alles musikalische Können zunichte gemacht. Led Zeppelin, die Doors, das waren noch die Richtigen, schwärmte er. – Der Lizard King!
    In Winchesters Begeisterung erhaschte Skinner einen flüchtigen Blick auf eine ihm bislang verborgene Seite an seinem Begleiter. Beunruhigt sah er für einen Moment eine jüngere, lebhaftere Seele aufblitzen, aus der Zeit bevor die reduktiven Kräfte Alter und Alkohol ihr Werk getan hatten. – Erinnerst du dich noch an eine Band aus Edinburgh, die The Old Boys hieß?, fragte er Winchester. – Meine Ma stand auf die. Ich glaube, sie hing irgendwie mit

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