Die Beute
gerissen und ein paar unschuldige Frauen angegriffen.«
Er kniff die Augen zusammen und sah zu ihr rüber, sein Gesicht war noch immer blutverschmiert, eine offene Wunde klaffte auf seiner Nase. Er setzte die Flasche an und nahm einen herzhaften Schluck.
»Ganz schön riskante Sache, Travis. Du bist echt ein Held.«
Er knallte die Flasche auf die Marmorplatte. »Maul halten, sagte ich!«
Doch sie redete weiter, als hätte er nichts gesagt. »Na klar, du hast außerdem einen Cop erschossen. Oder dein beknackter Bruder. Es muss ja verdammt wichtig sein, was ihr da unten sucht.«
Er hob die Flasche und warf sie nach ihr. Bourbon spritzte durch die Luft, als die Flasche durch den Raum flog. Sie wandte ihr Gesicht ab, als sie neben dem Balken zu Boden ging. Immerhin hatte er nicht die Pistole genommen, die steckte hinten in seiner Jeans. Aus den Augen, aus dem Sinn, hoffte sie. Sie sah ihn an und zuckte zusammen, als er einen Arm über die Kochinsel ausstreckte. Glas, Geschirr, Besteck und die schmutzige Pfanne krachten zu Boden.
Jodie triumphierte innerlich. Sie ging ihm auf die Nerven. Sie sah ihm süffisant lächelnd zu, wie er vor der Küche auf und ab ging. Das war ein gefährliches Spiel, doch es erfüllte sie mit Genugtuung, so konnte sie ihm wenigstens Kopfschmerzen bereiten. Er hatte Schlimmeres verdient, sehr viel Schlimmeres, doch ihn zu verärgern war alles, was sie in ihrer Lage tun konnte.
»Ist wohl wichtiger als die Leiche da unten, was? Die ich für euch ausgegraben habe. Tina.«
Er schlug die flache Hand auf die Marmorplatte und stützte sich darauf, als wollte er sie durch den Raum stoßen. Er stand mit dem Rücken zu ihr, doch im Scheinwerferlicht des Autos registrierte sie die angespannten Muskeln unter seinem T-Shirt und sein heftiges Keuchen.
Er war wütend. Sie war ungeduldig. Die Nacht dauerte schon zu lange. Jodie blickte auf ihre Füße herab und sah die Scherben der Bourbonflasche, die vom Balken abgeprallt waren. Sie rollte sich die dreckigen Socken herunter. »Ist wohl wichtiger als der gestrige Mord an dem Mann im Ort, was? John Kruger. Das muss es ja, wenn ihr riskiert, von einer ganzen Hundertschaft Cops gefasst zu werden, die da draußen nach euch sucht.«
Er erstarrte. Jodie beobachtete ihn, wartete ab und sah zu, wie er heftig einatmete. Er stieß sich von der Kochinsel ab, trat mit dem Fuß gegen einen Schrank und ging zum Loch im Fußboden. »Kane!«, brüllte er. »Beweg deinen Arsch!«
Jodie hörte unter der Scheune ein gedämpftes Rascheln. Sie betrachtete Travis, der nervös und angespannt über den Rand des Loches sah, und plötzlich dämmerte ihr, wie das zwischen Travis und Kane funktionierte. Weshalb Travis sie nicht umgebracht hatte, obwohl er im Flur die Möglichkeit dazu gehabt hätte, warum er jetzt Kane anschrie, statt sie zu verprügeln, warum die Waffe noch in seinem Hosenbund steckte, wo er doch leicht auf sie hätte schießen können.
»Kane ist es, stimmt’s? Kane ist der Killer. Und du hältst ihn wie einen tollwütigen Hund an der Leine.« Travis warf ihr einen kurzen Blick über die Schulter zu, der besagte, dass er den Hund auf sie loslassen würde, wenn sie nicht den Mund hielt. Nichts Neues. »Und, was ist gestern passiert, Travis? Hast du deinen psychopathischen Bruder auf einen Mann im Ort losgelassen? Hat Kane ihn zu Tode geprügelt oder ihn für dich zu Kleinholz gehackt?«
Travis kam zu ihr. Schloss mit drei großen Schritten den Abstand zwischen ihnen. Er hob die Faust, sie machte sich auf einen Hieb gefasst. Doch der kam nicht. Er richtete seinen Zeigefinger wie eine Pistole auf sie. »Ich habe nichts mit John Kruger zu tun! Das war Kane. Und er hat auch Wiseman erschossen. Denk dran, du Schlampe. Ich habe niemanden umgebracht.«
Er stand jetzt so dicht vor ihr, dass sie seinen nach Bourbon stinkenden Atem roch und die schwarzen Linien in seiner dunklen Iris und die roten Äderchen im weißgelben Augapfel sehen konnte. Sie hätte ihn am liebsten angespuckt, doch ihr Mund war zu trocken. »Klar, Travis, du bist ein wahrer Pazifist. Du hast rein gar nichts angestellt. Nur mich und meine Freundinnen deinem psychopathischen Bruder versprochen. Weißt du was? Du bist genauso durchgeknallt wie er.«
Er packte sie mit einer fleischigen Hand am Hinterkopf und stieß ihre Wange an den Balken. »Ich bin überhaupt kein Spinner. Ich habe die Mädchen nicht da unten verbuddelt.«
Schweißgestank stieg ihr in die Nase. Ihr Herz schlug heftig. Die
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