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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Ford
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saßen zu viert in einem Wagen und mussten bei einer Straßensperre halten. Wir waren nicht das Ziel des Angriffs, sondern gerieten einfach zwischen die Fronten. Wir hatten keine Fluchtmöglichkeit, also duckten wir uns und hofften. Die Windschutzscheibe wurde getroffen, und wir waren über und über mit Scherben bedeckt. Dann zerschossen sie die Reifen. Es war schrecklich. Ungefähr ein Jahr nach meiner Rückkehr war ich mit Lilly und Alice schwanger und bekam Albträume. Ich träumte, dass ich hinten in einem Wagen saß und irgendwer mit einer Waffe durch die Fenster schoss. Ich saß auf dem Boden des Autos und versuchte, mich so weit es ging zu ducken, doch mein dicker Babybauch war mir dabei im Weg. Ich konnte mich nicht tief genug ducken, wurde mit Glassplittern überschüttet und hörte die Kugeln über mir pfeifen.« Sie schauderte, als sähe sie alles noch immer vor sich.
    »Nach der Geburt der Mädchen wurde es noch schlimmer. Ich träumte, sie säßen mit mir im Auto, weinten und schrien, und ich versuchte, sie mit meinem Körper zu schützen; dabei erwartete ich jeden Moment, von einer Kugel zerfetzt zu werden.«
    Jodie musste daran denken, wie Angela heute Morgen in ihrem Albtraum geschrien hatte, und ihr Magen krampfte sich zusammen. »Das muss furchtbar gewesen sein.«
    »Das ist schon ziemlich übel, wenn man neugeborene Zwillinge hat. Man könnte meinen, dass man zu fertig ist, um zu träumen, aber das stimmt nicht. Ray zerrte mich zum Psychologen, der mir eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert hat. Es hat mir sehr geholfen, über die Geschehnisse zu sprechen, weißt du.«
    Jodie nickte ein paar Mal und wartete, dass Louise weiterredete. Doch als sie schwieg, sah Jodie sie an und bemerkte, dass Louise die Stirn runzelte. »Was ist?«
    Lou zuckte die Achseln.
    »Willst du etwa sagen, dass ich mir professionelle Hilfe holen sollte?«, fragte Jodie.
    »Nein, ich will nur sagen, dass es mir geholfen hat. Also, falls du jemanden brauchst – ich bin eine gute Zuhörerin.«
    Jodies Herz klopfte, und sie begann unwillkürlich schneller zu gehen. »Es geht mir gut. Ich habe nur schlecht geträumt.«
    Louise hielt mit ihr Schritt. »Ich würde ja nichts sagen, wenn es nur ein Albtraum gewesen wäre.« Sie sah Jodie an und hob die Augenbrauen.
    »Was?«
    »Jodie, du bist total überdreht, als hingest du an einer Koffeininfusion.« Sie griff nach ihrem Arm und hielt sie fest. »Könnten wir vielleicht ein wenig langsamer gehen? Du bringst mich noch um.« Sie schnaufte ein paar Mal. »Herrgott, ich bin so was von untrainiert. Hör zu, du bist einer der vernünftigsten Menschen, die ich kenne, aber dich stresst alles, und du stehst total unter Strom.« Sie streckte eine Hand aus, um das Gesagte zu unterstreichen. »Du streitest mit Corrine und Hannah, wachst morgens schreiend auf und schleppst Waffen mit dir herum, Herrgott, Jodie, was ist los?«
    Jodie steckte die Hände in die Hosentaschen. Sie hätte nicht gedacht, dass das Drama, das sich in ihrem Kopf abspielte, so offensichtlich war.
    »Wer ist Angela?«, fragte Louise.
    Jodie atmete tief ein und war plötzlich sauer. »Die Journalistin in dir kann wohl nicht anders, was?«
    »Mach dich nicht lächerlich«, zischte Louise. »Ich versuche bloß mit dir zu reden. Ich mache mir Sorgen um dich.«
    Jodie machte sich bereits Sorgen um sich. Sie fuhr sich mit den Händen durchs Haar.
    Wer ist Angela?
    Jodie sah wieder Angies Augen, wie sie sie in der Dunkelheit anblinzelten, spürte das schmierige Blut an ihren Händen, hörte ihren Schrei in ihrem Kopf nachhallen und bekam keine Luft mehr.

14
    »Jodie?« Louise klang besorgt.
    Was angesichts der Tatsache, dass Jodie zusammengekrümmt dastand, nicht verwunderlich war. Sie hatte die Hände auf die Knie gelegt und versuchte gleichmäßig zu atmen. Kein Wunder, dass Louise so reagierte. Sie richtete sich auf, legte ihre Hände hinter den Kopf und kniff die Augen zusammen.
    Okay, Jodie, vielleicht solltest du es einfach erzählen. Die Erinnerung war tief in ihr verankert. Vielleicht ging es vorbei, wenn sie es herausließ. Und wenn nicht, konnte sie zumindest eine zweite Meinung einholen. Sie holte tief Luft. Mein Gott, sobald sie es laut aussprach, bekam sie das Gefühl, man riss ihr an einer Kette das Herz aus dem Leib. Sie öffnete die Augen, starrte auf ihre Füße und fing an zu reden.
    »Angela war meine beste Freundin auf der Highschool. Eines Nachts wurden wir ab der Bushaltestelle verfolgt.

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