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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Ford
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scharfen Linie zusammen, Tränen stiegen ihr wieder in die Augen, doch diesmal waren sie bitter. »Herrgott, Jodie. Musst du so verdammt realistisch sein?« Corrine wand sich aus ihrem Griff, verschränkte die Arme vor der Brust und sah weg.
    Jodie spürte den kleinen Erfolg. Sie hatte Corrine wütend gemacht. Es wäre zwar besser gewesen, wenn sie statt auf sie auf Kane und Travis wütend geworden wäre – doch wütend war wütend. Sie zog Corrines Hand zu sich heran, legte die Nagelfeile mit der Spitze Richtung Handgelenk wieder hinein und schloss ihre Finger darum. »Mach es so«, Jodie hob ihre Hand und fuhr damit in einer stechenden Bewegung herab. »Ziel auf irgendein Weichteil, und versuche, fest zuzustechen. Dass es richtig wehtut. Verstanden?«
    Corrine zog schnell ihre Hand zurück. »Ja, alles klar. Ich habe verstanden.«
    Jodie sah Hannah an. Sie hielt die Schere locker in einer Hand, die andere hatte sie auf ihren Blusenkragen gelegt und das Gesicht abgewandt. »Du auch, Hannah.«
    Hannah rührte sich nicht vom Fleck.
    »Hannah?« Sie konnte nicht sagen, ob Hannah wieder versteinert war oder sie einfach ignorierte. »Hast du verstanden?«
    »Ja«, sagte sie ruhig und ohne ihren Kopf zu drehen.
    Jodie wusste nicht, ob sie sie umarmen oder schütteln sollte. »Komm, lass das, du musst dich um Lou kümmern.«
    »Das tue ich«, sagte Hannah und sah Jodie kurz an, dann richtete sie ihren Blick wieder auf Louise. »Ich kümmere mich um Lou.« Als wollte sie das beweisen, ließ sie den Kragen ihrer Bluse los und strich Lou eine Locke aus der Stirn.
    Jodie sah, dass der Ärger verflogen war. Auch ihr Blick war nicht mehr leer, jedenfalls nicht mehr so leer wie vorher. Jetzt wirkte sie eher fassungslos. Ihr Blick, ihr gesamtes Gesicht. Überwältigt, verängstigt und beschämt. Hannahs hartnäckige, rechthaberische Persönlichkeit hatte einen Knacks erhalten. Ihr gefiel nicht, was der Schock mit ihr gemacht hatte. Überwinde dich, wollte Jodie ihr sagen. Das war jetzt nicht der richtige Moment, um sich in einer Angstreaktion zu suhlen. Und für einen Schmusekurs war auch keine Zeit.
    »Herrgott, Hannah. Nimm die verdammte Schere, wie ich dir gesagt habe, und zeig mir, dass du sie benutzen kannst«, zischte Jodie. Es hatte die gewünschte Wirkung – Hannah warf ihr einen eiskalten Blick zu. Aber da ging noch mehr. »Ist das alles? Willst du hier sitzen bleiben und mit Lous Haaren spielen? Komm, Hannah, du hattest doch sonst immer so viel zu sagen. Warum hörst du ausgerechnet jetzt damit auf?«
    Hannah warf die Schere zu Boden. »Ich will die Schere nicht. Wir sollten einfach tun, was sie sagen.«
    »Nein«, sagte Jodie. »Sie wollen uns wehtun. Nimm die Schere.«
    »Nein. Ich werde mich nicht gegen sie wehren. Wenn wir uns nicht wehren, lassen sie uns vielleicht laufen.«
    Was zum Teufel glaubte sie eigentlich? Jodie nahm die Schere und schob sie Hannah hin. »Nimm sie.«
    Hannah schob ihre Hand weg. »Ich weiß, was passiert. Ich habe Vergewaltigungsopfer versorgt. Für die, die sich gewehrt haben, ist es immer schlimmer gewesen. Sehr viel schlimmer. Wir sollten einfach tun, was sie wollen.«
    Bei dem Gedanken krampfte sich Jodie der Magen zusammen. Angie, du hast dich heftig gewehrt. »Herrgott, Hannah.«
    Corrine umklammerte mit den Armen ihren Leib.
    Über ihnen fluchte Matt leise und zerrte heftiger an der zweiten Kleiderstange.
    »Sie haben eine Waffe«, sagte Hannah. »Sie können uns erschießen, wenn sie wollen.« Sie blickte zu Corrine rüber, sah dann wieder Jodie an und sagte nachdrücklich: »Ich will einfach nur nach Hause.«
    Jodie schüttelte den Kopf. Sie hatten alle den Blick in Kanes Augen gesehen und wussten, dass er sie vergewaltigen wollte. Doch Travis hatte Lou eine Waffe an den Kopf gehalten und auf sie geschossen. Sie hätte tot sein können, wenn Matt nicht durch die Scheibe gesprungen wäre. Eine Vergewaltigung war noch lange nicht das Ende der Geschichte. Jodie drückte Hannah die Schere in die Hand. »Du hast nur die gesehen, die überlebt haben!« Sie schloss Hannahs Finger um die Schere und hielt sie fest, bis Hannah endlich die Schere nahm. »Keine von uns wird für diese Tiere die Beine breitmachen.«
    Jodie setzte sich wieder hin, atmete tief durch und sah zu, wie Corrine die Nagelfeile in die hintere Tasche ihrer Jeans steckte. Wieder sah sie Angie vor sich, ihr hübsches, vor Schmerz und Angst verzerrtes Gesicht. Ihre Mörder hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, sie

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