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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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gefährlichen Schriftstücke, die er in Händen hatte, herausgeben würde. Der Preis schien Saccard zu hoch. Er hätte seinem alten Kollegen gern seinen Anteil zukommen lassen, aber daß der andere ihm eine Falle stellte, daß er in seiner Eitelkeit ihn, Saccard, für so leichtgläubig hielt, ärgerte ihn. Immerhin war er recht beunruhigt; er kannte diesen Mann, er wußte, daß er durchaus imstande war, die Schriftstücke seinem Bruder, dem Minister, zu bringen, der, um jeden Skandal zu vermeiden, zweifellos bezahlen würde.
    »Zum Teufel!« murmelte er und setzte sich nun auch. »Das ist eine üble Geschichte … Könnte ich den niederträchtigen Kerl mal sprechen?«
    »Ich werde ihn holen lassen«, sagte Larsonneau. »Er wohnt hier nebenan, in der Rue Jean Lantier.«
    Noch keine zehn Minuten waren verstrichen, als ein kleiner, schielender junger Mann mit farblosem Haar und sommersprossigem Gesicht leise eintrat, wobei er darauf achtete, daß die Tür sich geräuschlos bewegte. Er trug einen schlechten, schwarzen, zu weiten und schrecklich abgeschabten Gehrock. In respektvoller Entfernung blieb er stehen und sah Saccard ruhig von der Seite her an. Larsonneau, der ihn Baptistin nannte, unterwarf ihn einem Verhör, bei dem er einsilbig antwortete, ohne sich im geringsten aus der Fassung bringen zu lassen; völlig gleichmütig nahm er Beschimpfungen wie Dieb, Schurke, Galgenstrick hin, mit denen sein Brotherr jede Frage begleiten zu müssen glaubte.
    Saccard bewunderte die Kaltblütigkeit dieses Unglücklichen. Einmal schnellte der Enteignungsagent von seinem Sessel in die Höhe, als wolle er Baptistin schlagen, der aber begnügte sich damit, einen Schritt zurückzuweichen und noch demütiger zu schielen.
    »Schon gut, lassen Sie ihn«, sagte der Finanzmann. »Sie verlangen also hunderttausend Francs für die Rückgabe der Papiere, mein Herr?«
    »Ja, hunderttausend Francs«, antwortete der junge Mensch.
    Und damit ging er. Larsonneau schien sich nicht beruhigen zu können.
    »Oh, so ein Lump!« plapperte er. »Haben Sie seine scheelen Blicke beobachtet? Solche Kerle sehen wer weiß wie schüchtern aus, und dabei würden sie wegen zwanzig Francs jemanden umbringen.«
    Doch Saccard unterbrach ihn und sagte: »Ach was! Der ist nicht so schlimm. Ich denke, man wird sich mit ihm verständigen können … Ich bin einer sehr viel beunruhigenderen Sache wegen gekommen … Sie hatten recht, mein lieber Freund, meiner Frau nicht zu trauen. Stellen Sie sich vor, sie verkauft ihren Anteil an Herrn Haffner. Sie brauche Geld, sagte sie. Wahrscheinlich hat ihre Freundin Suzanne sie dazu überredet.«
    Mit der Verzweiflung des anderen war es plötzlich aus; ein bißchen blaß hörte er zu und rückte dabei seinen Stehkragen zurecht, der sich bei seinem Zornausbruch verschoben hatte.
    »Diese Abtretung«, fuhr Saccard fort, »ist das Grab unserer Hoffnungen. Wenn Herr Haffner Ihr Teilhaber wird, ist nicht nur unser Gewinn in Frage gestellt, sondern ich habe die scheußliche Befürchtung, daß wir diesem peinlich genauen Menschen gegenüber, der die Bücher durchschnüffeln würde, in eine sehr unangenehme Lage kämen.«
    Der Enteignungsagent begann erregt auf und ab zu gehen, wobei seine Lackschuhe auf dem Teppich knarrten.
    »Da sehen Sie, in welche Situation man gerät, wenn man den Leuten gefällig ist!« murrte er. »Aber, mein Bester, ich an Ihrer Stelle würde es unbedingt verhindern, daß meine Frau eine derartige Dummheit macht. Eher würde ich sie prügeln!«
    »Ach, mein Freund«, meinte der Finanzmann mit feinem Lächeln, »ich habe nicht mehr Macht über meine Frau, als Sie offenbar über den Schurken Baptistin haben.«
    Larsonneau blieb dicht vor dem immer noch lächelnden Saccard stehen und sah ihm forschend ins Gesicht. Dann begann er abermals auf und ab zu gehen, doch mit langsamen, abgemessenen Schritten. Er trat vor einen Spiegel, schob den Knoten seiner Krawatte nach oben, nahm seinen Gang wieder auf und hatte seine Eleganz zurückgewonnen. Und auf einmal rief er: »Baptistin!«
    Der kleine schieläugige Jüngling trat ein, jedoch durch eine andere Tür. Er war jetzt ohne Hut und drehte eine Feder zwischen den Fingern.
    »Geh und hole das Register!« befahl ihm Larsonneau.
    Und als jener verschwunden war, verhandelte er über die Summe, die er haben wollte.
    »Tun Sie das für mich!« sagte er schließlich rundheraus.
    Da billigte ihm Saccard dreißigtausend Francs auf den künftigen Gewinn aus dem Charonner

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