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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Umstand benutzte Saccard, um an die Vermählung der Kinder zu erinnern, die nunmehr von den beiden Vätern endgültig ausgemacht wurde.
    Als man Maximes Meinung in dieser Sache einholen wollte, geriet er in Verlegenheit. Louise war unterhaltsam, die Mitgift lockte ihn noch mehr. Er sagte ja und erklärte sich mit allem, was Saccard wünschte, einverstanden, um sich unangenehme Auseinandersetzungen zu ersparen. Im Grunde aber war er sich darüber klar, daß die Angelegenheit sich unglücklicherweise nicht ganz so einfach ordnen lassen würde. Renée würde niemals einwilligen; sie würde weinen, ihm Szenen machen, wäre imstande, ganz Paris mit irgendeinem großen Skandal in Erstaunen zu setzen. Das war höchst unangenehm. Er fürchtete sich jetzt vor ihr. Sie überwachte ihn mit beunruhigenden Blicken, beherrschte ihn so despotisch, daß er glaubte, Klauen in sein Fleisch dringen zu fühlen, wenn sie ihre weiße Hand auf seine Schulter legte. Ihre Ausgelassenheit bekam etwas Herausforderndes, und ihr Lachen klang zuweilen, als sei in ihr etwas zerbrochen. Er befürchtete ernstlich, sie könnte eines Nachts in seinen Armen wahnsinnig werden. Gewissensbisse, die Furcht, ertappt zu werden, die grausamen Freuden des Ehebruchs äußerten sich bei ihr nicht wie bei anderen Frauen in Tränen und Niedergeschlagenheit, sondern in erhöhter Extravaganz und einem noch unbezwinglicheren Bedürfnis nach einem geräuschvollen Leben. Und aus ihrer zunehmenden Verstörtheit begann man ein Röcheln herauszuhören, den Zerfall dieses herrlichen, bewunderungswürdigen Mechanismus, der sich auflöste.
    Maxime wartete völlig passiv auf eine Gelegenheit, die ihn von dieser lästigen Geliebten befreien sollte. Immer wieder sagte er, sie hätten eine Dummheit begangen. Hatte ihre Kameradschaftlichkeit anfänglich noch eine Steigerung der Wollust in ihre Liebesbeziehung gebracht, so hinderte sie ihn heute, mit Renée zu brechen, was er bestimmt bei jeder anderen Frau getan haben würde. Er wäre einfach nicht mehr wiedergekommen; das war seine Art, Liebschaften zu lösen, um allen Anstrengungen und Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen. Einem Auftritt aber fühlte er sich nicht gewachsen, und er vergaß sogar noch gern alles bei Renées Zärtlichkeiten; sie war mütterlich, bezahlte für ihn, half ihm aus der Klemme, wenn ein Gläubiger ungeduldig wurde. Dann wieder tauchte der Gedanke an Louise, an die Millionenmitgift auf, und selbst bei den Küssen der jungen Frau dachte er, daß all das ja gut und schön, aber doch nicht ernst zu nehmen sei und daß es unbedingt ein Ende haben müsse.
    Eines Nachts wurde Maxime im Hause einer Dame, wo sehr oft bis zum Morgen gespielt wurde, so rasch alles Geld, das er bei sich trug, abgewonnen, daß ihn die stumme Wut des Spielers packte, dessen Taschen leer sind. Er hätte alles in der Welt dafür gegeben, noch ein paar Goldstücke auf den Tisch werfen zu können. So ergriff er seinen Hut und ging mit dem mechanischen Schritt eines von einer fixen Idee besessenen Menschen in den Parc Monceau, öffnete das kleine Gitter und stand im Treibhaus. Mitternacht war vorüber. Renée hatte ihm ausdrücklich gesagt, er möge an diesem Abend nicht kommen. Wenn sie jetzt ihre Tür vor ihm verschloß, suchte sie nicht einmal mehr nach einem Vorwand, und er seinerseits dachte dann nur daran, sich den freien Tag zunutze zu machen. Erst vor der verriegelten Glastür des kleinen Salons kam ihm die Absage der jungen Frau deutlich zum Bewußtsein. Wenn sie ihn erwartete, schob Renée gewöhnlich schon vorher den Riegel zurück.
    Pah! dachte er, als er das Fenster des Ankleidezimmers erleuchtet sah, ich werde pfeifen, dann kommt sie herunter. Ich will sie nicht weiter stören; hat sie ein paar Goldstücke, so gehe ich gleich wieder weg.
    Und er pfiff leise. Er bediente sich übrigens oft dieses Zeichens, tun ihr seine Ankunft zu melden. Doch heute abend pfiff er wiederholt vergebens. Er wurde ungeduldig, pfiff lauter, da er den Gedanken an eine sofortige Anleihe nicht aufgeben wollte. Endlich sah er, wie die Glastür mit der größten Behutsamkeit geöffnet wurde, ohne daß er zuvor auch nur das leiseste Geräusch von Schritten vernommen hätte. Jetzt erschien im Halbdunkel des Gewächshauses Renée, mit gelöstem Haar, kaum bekleidet, als wolle sie gerade zu Bett gehen. Sie war barfuß. Sie drängte ihn nach einer der Lauben hin und schien, während sie die Stufen hinunterging und über den Sand des Weges schritt, weder

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