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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Hundertsousstücke« erfunden, nur fehlte auch ihm das Anfangskapital, um aus seiner Erfindung Vorteil zu ziehen. So verständigte er sich leicht mit seinem ehemaligen Kollegen und machte seine Sache so gut, daß er das Haus für hundertfünfzigtausend Francs bekam. Renée brauchte schon nach wenigen Monaten erheblich viel Geld. Der Gatte griff nur insofern ein, als er seine Frau zum Verkauf des Hauses ermächtigte. Als der Handel abgeschlossen war, übergab sie ihm in vollem Vertrauen hunderttausend Francs mit der Bitte, sie auf ihren Namen anzulegen, offenbar, um ihn damit zu rühren und ihn zu veranlassen, über die fünfzigtausend Francs, die sie in der eigenen Tasche behielt, hinwegzusehen. Er lächelte schlau; es kam seinem Plan zustatten, wenn sie das Geld zum Fenster hinauswarf; diese fünfzigtausend Francs, die in Spitzen und Schmuck aufgehen würden, sollten ihm persönlich hundert Prozent Zinsen tragen. In seiner Befriedigung über sein erstes Geschäft ging er in der Ehrlichkeit so weit, daß er tatsächlich Renées hunderttausend Francs anlegte und ihr die Staatsschuldverschreibungen dafür einhändigte. Die konnte seine Frau nicht veräußern, er war also sicher, die Papiere zu Hause vorzufinden, wenn er sie jemals benötigen sollte.
    »Das bleibt für deine persönlichen Wünsche, mein Liebling«, sagte er galant.
    Einmal im Besitz des Hauses, war er geschickt genug, es innerhalb eines Monats zweimal an Strohmänner wiederverkaufen zu lassen, wobei er jedesmal den Preis steigerte. Der letzte Käufer bezahlte nicht weniger als dreihunderttausend Francs dar für. Unterdessen bearbeitete Larsonneau, der jeweils als Vertreter des neuen Besitzers auftrat, die Mieter. Unerbittlich weigerte er sich, die Verträge zu verlängern, falls man sich nicht zu ganz bedeutenden Mietserhöhungen bequemte. Diejenigen Mieter, die von der bevorstehenden Enteignung Wind bekommen hatten, waren ganz verzweifelt, nahmen aber schließlich die Mietssteigerung hin, nachdem ihnen Larsonneau mit verbindlicher Miene versichert hatte, daß diese Erhöhung für die ersten fünf Jahre nur eine scheinbare sein solle. Widerspenstige Mieter wurden durch Kreaturen ersetzt, denen man die Wohnung umsonst überließ und die dafür alles unterschrieben, was von ihnen verlangt wurde; hieraus ergab sich ein doppelter Vorteil: der Mietzins wurde heraufgesetzt, und die dem Mieter für seinen Kontrakt zukommende Entschädigung mußte Saccard zufallen. Frau Sidonie wollte dem Bruder behilflich sein und richtete in einem der Ladenräume des Erdgeschosses eine Klavierniederlage ein. Bei dieser Gelegenheit gingen Saccard und Larsonneau, vom Erwerbsfieber gepackt, etwas zu weit: sie erfanden Geschäftsbücher und fälschten Eintragungen, um den Umsatz an Instrumenten auf eine riesige Summe herauf zuschrauben. Nächtelang saßen sie kritzelnd beisammen. Durch diese Anstrengungen verdreifachte sich der Wert des Hauses. Auf Grund der letzten Verkaufsurkunde, dank den Mietzinserhöhungen, den fingierten Mietern und Frau Sidonies Handel konnte das Haus jetzt mit fünfhunderttausend Francs von der Entschädigungskommission bewertet werden.
    Das Räderwerk der Enteignung, dieser allmächtigen Maschine, die in Paris fünfzehn Jahre lang das Unterste zuoberst kehrte, bald Reichtum, bald Elend erzeugte, funktioniert höchst einfach. Sobald der Bau einer neuen Straße beschlossen ist, entwerfen die Straßenbauinspektoren den Parzellierungsplan und schätzen die Liegenschaften ab. Was die Häuser anlangt, wird in der Regel nach vorheriger Feststellung die Gesamtmiete kapitalisiert, was eine annähernde Wertziffer ergeben kann. Die Entschädigungskommission, die aus Mitgliedern des Stadtrates besteht, unterbietet zunächst diesen Betrag stets, weil sie weiß, daß die Beteiligten mehr fordern und man sich gegenseitig Zugeständnisse macht. Kommt keine Einigung zustande, so wird die Angelegenheit vor ein Schiedsgericht gebracht, das über das Angebot seitens der Stadt und die Forderung des enteigneten Eigentümers oder Mieters endgültig entscheidet.
    Saccard, der, um im entscheidenden Augenblick dabeizusein, noch auf seinem Posten im Hôtel de Ville geblieben war, hatte vorübergehend die unverschämte Absicht, sich, als die Arbeiten für den Boulevard Malesherbes begannen, zum Mitglied der Kommission ernennen zu lassen und selber sein Haus abzuschätzen. Er befürchtete jedoch, dadurch seinen Einfluß auf die Mitglieder der Entschädigungskommission lahmzulegen.

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