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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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saß, kümmerte ihn wenig. Mit seinem riesigen Bauch, seinem Ochsengesicht, seinem Elefantengang war er ein köstlicher Schurke; er verkaufte sich mit majestätischer Würde und beging im Namen von Pflicht und Gewissen die schlimmsten Gemeinheiten. Die Geschichten, die über ihn im Umlauf waren, konnte man nur von Ohr zu Ohr weiterflüstern. Seine achtundsiebzig Jahre blühten nur so von ungeheuren Ausschweifungen. Schon zweimal hatte man schmutzige Abenteuer totschweigen müssen, damit er nicht in seinem gestickten Senatorenrock auf der Anklagebank des Schwurgerichts landete.
    Herr ToutinLaroche, groß und hager, einstmals Erfinder einer Mischung aus Unschlitt und Stearin für die Kerzenfabrikation, träumte von einem Sitz im Senat. Er betrachtete sich als unzertrennlich von dem Baron Gouraud, er klebte sozusagen an ihm, in der unklaren Vorstellung, das werde ihm Glück bringen. Im Grunde war er ein äußerst praktischer Mann, und hätte sich ein käuflicher Senatorensitz gefunden, so würde er noch hart um den Preis gefeilscht haben. Das Kaiserreich sollte diesen gewinnlüsternen Hohlkopf, dieses Spatzengehirn mit der genialen Begabung für Schwindelindustrien zu Ansehen gelangen lassen. Als erster verkaufte er seinen Namen an eine verdächtige Gesellschaft, eine jener Gesellschaften, die wie Giftpilze auf dem Düngerhaufen der kaiserlichen Spekulationen emporschossen. Damals konnte man an allen Mauern Plakate sehen, auf denen mit großen schwarzen Buchstaben stand: »Allgemeine Marokkanische Hafengesellschaft«; und an der Spitze der Liste der Aufsichtsratsmitglieder, von denen eines noch unbekannter war als das andere, prangte mit dem Titel eines Stadtrats der Name des Herrn Toutin Laroche. Dieses seither so mißbrauchte Verfahren wirkte Wunder; die Aktionäre eilten herbei, obwohl die marokkanische Hafenfrage noch wenig geklärt war und die biederen Leute, die ihr Geld hergaben, selber nicht wußten, zu welchem Zweck es verwendet werden sollte.
    In hochtönenden Worten versprach das Plakat die Anlage von Handelsstationen längs des Mittelmeers. Seit zwei Jahren priesen gewisse Zeitungen dieses großartige Unternehmen, das sich ihren Berichten zufolge alle Vierteljahre besser rentierte. Im Stadtrat galt Herr ToutinLaroche als ein Verwaltungsgenie ersten Ranges; er gehörte hier zu den fähigsten Köpfen, und seiner zänkischen Herrschsucht im Verkehr mit den Kollegen kam einzig seine scheinheilige Kriecherei vor dem Präfekten gleich. Schon stand er im Begriff, eine große Finanzgesellschaft, den Crédit viticole, ins Leben zu rufen, eine Darlehenskasse für Weinbauern, von der er mit halben Sätzen und ernster Miene sprach, was in seiner Umgebung die begehrliche Neugier der Dummköpfe entfachte.
    Saccard gewann die Gunst dieser beiden Persönlichkeiten durch verschiedene Dienstleistungen und tat geschickterweise so, als kenne er deren Wichtigkeit nicht. Den Baron, der damals gerade in eine höchst unsaubere Geschichte verwickelt war, brachte er mit seiner Schwester zusammen. Er begleitete sie zu ihm unter dem Vorwand, seinen Einfluß zugunsten der guten Frau zu erbitten, die sich schon lange um die Lieferung von Vorhängen für die Tuilerien bewerbe. Doch als der Straßenbauinspektor die beiden alleingelassen hatte, kam es so, daß Frau Sidonie dem Baron versprach, mit gewissen Leuten zu verhandeln, die töricht genug waren, sich nicht durch die Zuneigung geehrt zu fühlen, die ein Senator ihrem Kind, einem kleinen Mädchen von etwa zehn Jahren, zu bezeigen geruht hatte. Herrn ToutinLaroche nahm sich Saccard selber vor; er führte eine Begegnung mit ihm in einem Korridor herbei und brachte die Rede auf den berühmten Crédit viticole. Nach fünf Minuten faßte der große Verwaltungsmann, überrascht und verblüfft von den erstaunlichen Dingen, die er zu hören bekam, den Beamten ohne alle Umstände beim Arm und hielt ihn eine geschlagene Stunde lang auf dem Gang zurück. Saccard flüsterte ihm Finanzkniffe von ungewöhnlicher Findigkeit zu. Als sich Herr ToutinLaroche von ihm verabschiedete, drückte er ihm vielsagend und mit freimaurerischem Augenzwinkern die Hand.
    »Sie werden mit dabei sein«, murmelte er, »unbedingt müssen Sie mit dabei sein.«
    Saccard benahm sich in dieser ganzen Angelegenheit hervorragend. Er ging in seiner Umsicht so weit, daß weder Baron Gouraud noch ToutinLaroche etwas von des anderen Mitwisserschaft erfuhren. Er suchte jeden von ihnen einzeln auf und ließ ein Wort zugunsten eines

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