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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Lächeln, würde sie zu weinen anfangen.
    »Lass uns zur Eastman und Montevideo fahren«, hörte sie sich sagen. Die Worte kamen einfach so aus ihrem Mund, wie aus dem Nichts.
    Audrey warf ihr unter stachligen Wimpern einen Blick zu, bog jedoch nach Süden ab.
    Die Eastman Avenue, in letzter Zeit der Schauplatz so vieler Aufstände, lag jetzt fast verlassen da. Jenny war seit Toms Geburtstag nicht mehr hier gewesen – jenem Tag, an dem sie in dieser Gegend ein Spiel für die Party kaufen wollte. Als sie sich der Montevideo Street näherten, fielen ihr all die Dinge wieder ein, die sie bei ihrem letzten Besuch hier erlebt hatte – das Zwielicht, die Schritte hinter ihr, die Angst. Sie rechnete beinahe
damit, P.C. in seiner schwarzen Lederweste und Slug in seinem karierten Flanellhemd den Gehweg herunterkommen zu sehen.
    Audrey bog um die Ecke auf die Montevideo Street und hielt an.
    Das Wandbild auf der Mauer zeigte noch immer eine Häuserfront, in der Mitte der sehr realistisch gemalte Laden mit dem Schild »Noch mehr Spiele«. Aber es waren nur Farbe und Beton. Flach. Da ragte kein Knauf aus der Ladentür.
    Hinter dieser Mauer war sie Julian begegnet, an einem Ort, der am Ende doch keinen Platz in der realen Welt hatte.
    Papierschnipsel lagen auf der Straße. Einer war so hellgelb wie Summers Flyer.
    Plötzlich fühlte Jenny sich furchtbar leer. Sie wusste nicht, was sie hier zu finden erwartet hatte oder warum sie überhaupt herkommen wollte.
    Audrey schauderte. »Es gefällt mir hier nicht.«
    »Ja. Es war eine dumme Idee.«
    Sie fuhren zurück nach Norden, in ein Viertel, das sogar ganz in der Nähe von Summers Haus lag, wo die Autos leicht zerbeult oder aufgebockt waren oder in Einzelteilen in den Vorgärten standen. Dennoch schien der Nachmittag hier heiterer zu sein, und auf den Gehwegen liefen Kinder herum mit von der Sonne gebleichtem Haar und Sommersprossen oder brauner Haut und nachtschwarzem Haar.

    Sie parkten den Wagen in der Nähe der George-Washington-Grundschule, zogen das Verdeck hoch und machten sich auf den Weg.
    Bei jedem Haus war es das Gleiche.
    »Hallo, wir kommen von dem Bürgerausschuss zur Suche von Summer Parker-Pearson. Dürfen wir Ihnen einen Flyer geben …?«
    Wenn die Leute nett wirkten, versuchten sie, ins Haus zu gelangen. Dann kam die Ansage »Wir suchen nach Summer«, üblicherweise gefolgt von »Wir suchen nach einem wichtigen Hinweis zu ihrem Verschwinden« – womit das Papierhaus gemeint war. Und heute: »Wir suchen nach jemandem, der vielleicht etwas über sie wissen könnte« – das weinende Mädchen mit dem langen dunklen Haar und den gehetzten Augen.
    Doch vor allem versuchten sie, mit den Kindern zu reden.
    Kinder wussten viel. Kinder sahen viel. Während ihnen Erwachsene maximal höflich zuhörten, waren Kinder immer ganz wild darauf zu helfen. Sie folgten ihnen auf ihren Fahrrädern, machten Vorschläge, wo man suchen könnte und erinnerten sich daran, dass sie gestern vielleicht jemanden gesehen hatten, bei dem es sich möglicherweise um Summer gehandelt haben könnte, oder vielleicht war es auch vorgestern gewesen.
    »Das Papierhaus ist wirklich wichtig. Jeder könnte es mitgenommen haben, weil er es für ein Spielzeug gehalten hat. Aber es könnte gefährlich sein«, erklärte Jenny
einem Neunjährigen, während Audrey sich mit seiner Mutter beschäftigte. Der Neunjährige nickte mit leuchtenden Augen und wachsamem Blick. Hinter ihm saß auf einem rissigen Ledersofa ein Mädchen von vier oder fünf Jahren, auf dem Schoß ein Buch mit Eselsohren.
    »Das ist Nori. Sie kann noch nicht wirklich lesen.«
    »Kann ich doch.« Sie neigte den Kopf nach unten in Richtung Buch, den Blick nach wie vor auf ihren Bruder geheftet, und begann: »Dann sagt Rotkäppchen: ›Großmama, warum hast du so große Augen. ‹ Dann sagt der Wolf: ›Damit ich dich besser sehen kann, meine Liebe.‹«
    Jenny lächelte sie an. Dann wandte sie sich wieder dem Jungen zu. »Also, wenn du das Papierhaus oder die weiße Schachtel siehst, fass nichts an, sondern ruf die Nummer auf dem Flyer an und hinterlass mir eine Nachricht.«
    »… Großmama, warum hast du so große Ohren  …«
    »Ich weiß Bescheid, wenn du einfach nur sagst: ›Ich habe es gefunden.‹«
    Der Junge nickte erneut. Er kannte sich aus mit Hinweisen und geheimen Nachrichten.
    »… Damit ich dich besser hören kann, meine Liebe …«
    »Oder wenn einer deiner Freunde etwas über ein Mädchen mit dunklem Haar weiß, das

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