Die bezaubernde Arabella
Sie bemerkt habe.«
Arabella, die eben das Zimmer betrat, sah die beiden Männer lachen, und gewann dadurch den Vorteil, Mr. Beaumaris von der besten Seite kennenzulernen. Daß sie selber außerordentlich hübsch aussah mit ihren dunklen Korkzieherlocken und dem bezaubernden Teint, den die Reisemütze erst so recht zur Geltung brachte, mit den Straußenfedern und der karmesinroten Schleife unter dem einen Ohr, kam ihr gar nicht richtig zu Bewußtsein, denn Mr. Tallants Töchter waren nie dazu ermutigt worden, allzuviel über ihre Erscheinung nachzudenken. Sie blieb auf der Schwelle stehen, während der Kammerdiener ihren und Miss Blackburns Namen meldete; sie war sich ihrer Haltung kaum bewußt, blickte aber mit unschuldiger Neugier um sich. Was sie hier sah, war wohl danach angetan, Eindruck auf sie zu machen. Das Haus war nicht eigentlich groß, aber mit einem Geschmack eingerichtet, dessen Wohlausgewogenheit sie ebensogut erkannte wie die Kostspieligkeit. Ihr prüfender Blick wechselte von Lord Fleetwood, der mit einer instinktiven Gebärde das Beldier-Halstuch zurechtrückte, zu Mr. Beaumaris.
Arabella besaß einen Bruder, der bescheidentlich auf Dandytum aspirierte, und sie dachte, in Harrowgate Gentlemen von modischer Eleganz gesehen zu haben. Jetzt war ihr sofort klar, daß sie geirrt hatte. Niemand, dem sie je begegnet war, reichte an Mr. Beaumaris’ Eleganz heran.
Lord Fleetwood oder eines seiner Freunddien hatte den Schnitt dieses olivgrünen Rocks auf den ersten Blick erkannt; Arabella, der nicht einmal der magische Name Westons bekannt war, konnte nur fühlen, daß hier ein Kleidungsstück allem Anschein nach wirklich dem Körper dessen, der es trug, angegossen war. Mit Billigung erkannte sie die vortreffliche Form. Da waren keine wattierten Schultern nötig, wie der Schneider aus Knaresborough sie für Bertrams Rock verlangt hatte! Und wie hätte wohl Bertram Mr. Beaumaris’ wohlgeformte Beine, die in enganliegenden Pantalons steckten, wie hätte er die hessischen Stulpenstiefel bewundert! Mr. Beaumaris’ Kragenspitzen waren wohl nicht so hoch wie die Bertrams, aber sein Halstuch mußte jemandem Respekt einflößen, der oft genug zugesehen, wie der Bruder sich mit einer weit einfacheren Schlingung abgeplagt. Arabella wußte nicht bestimmt, ob sie den Haarschnitt – den kurzen Stanhope-Schnitt – bewunderte, aber der ganze Mann, der ihr da gegenüberstand, während das Lächeln auf seinen Lippen erstarb und in seinen grauen Augen erlosch, war über die Maßen hübsch.
Nur einen Augenblick lang stand er so. Sie hatte den Eindruck, daß er sie kritisch prüfte; dann trat er näher und bat mit einer leichten Verneigung und in ziemlich monotoner Sprechweise, sie möge sagen, worin er ihr zu Diensten sein dürfe.
»Ich bitte um Verzeihung«, sagte Arabella, »aber es verhält sich so, daß mein Wagen einen Unfall hatte, und – und dabei regnet es und ist erbärmlich kalt! Ich habe den Groom nach Grantham geschickt, er wird uns gewiß ein Fahrzeug beschaffen, aber… aber Miss Blackburn ist erkältet, und darum wären wir Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn wir hier im Warmen warten dürften.«
Sie versprach sich und errötete, als sie an das Ende ihrer Rede kam. Draußen war es ihr als das Einfachste von der Welt erschienen, ein schützendes Dach zu erbitten; jetzt, unter Mr. Beaumaris’ Augen, schien ihr ein solches Ansinnen ungeheuerlich. Gewiß lächelte er zwar, aber es war ein ganz anderes Lächeln als jenes, das sie bei ihrem Eintreten auf seinen Zügen gesehen. Es war ein leichtes Kräuseln der Lippen, und man konnte sich dabei nur unbehaglich fühlen, doch antwortete er mit vollendeter Höflichkeit: »Ein Mißgeschick. Sie müssen gestatten, daß ich Sie in einem meiner Wagen nach Grantham bringen lasse, Ma’am.«
Diese Worte brachten Lord Fleetwood, der Arabella mit unverhohlener Bewunderung angestarrt hatte, auf den Plan. Er schob einladend einen Stuhl an den Kamin und rief: »Nein, Sie müssen kommen und sich setzen, Ma’am! Ich kann nicht zulassen, daß Sie sich tödlich erkälten! Schändliches Reisewetter, das! Bestimmt haben Sie nasse Füße, und das geht ganz und gar nicht! Robert, was fällt Ihnen nur ein? Warum weisen Sie Brough nicht an, eine Erfrischung für Miss… Verzeihung… Miss… für die Ladies zu besorgen?«
Mit einem Blick, den Arabella für Schicksalsergebung zu halten nur zu geneigt war, erwiderte Mr. Beaumaris: »Das wird er verläßlich sofort besorgen. Ich
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