Die bezaubernde Arabella
Robert, so etwas ist möglich!«
Mr. Beaumaris, dessen fast unmerklich gehobener Finger den wachsamen Brough heranbefohlen hatte, flüsterte dem gespannt, aber verwundert Aufhorchenden einen Befehl zu, und achtete daher nicht auf das Gespräch bei Tisch. Der Befehl wurde an den Lakaien weitergegeben, der an einem der Serviertische bereitstand; dieser, ein noch junger Mensch, war nicht so völlig Herr seiner Empfindungen und verriet durch einen erstaunten Blick das Befremden, das sein auf gewohnten Gleisen laufendes Denken verwirrte. Der kalte Blick seines Vorgesetzten rief ihn rasch zum Bewußtsein seiner Stellung zurück, und der Lakai verließ das Zimmer, den erstaunlichen Befehl weiterzuleiten.
Miss Tallant hatte inzwischen eine Gelegenheit wahrgenommen, ihrem dringendsten Wunsch nachzugeben und dem Herrn des Hauses eine Lektion zu erteilen. »Arbiter elegantiarum?« fragte sie harmlos. »Sie wollen doch damit nicht sagen, daß er zu der Dandy-Gesellschaft gehört? Und ich hatte gedacht – oh, bitte um Verzeihung! Ich stellte mir vor, daß in London zu den Dandies zu gehören mindestens ebenso bedeutsam ist wie ein großer Heerführer, ein Staatsmann oder etwas dergleichen zu sein.«
Sogar Lord Fleetwood konnte den Unterton, der in diesen gewollt harmlosen Worten lauerte, nicht mißverstehen. Er ließ einen Seufzer vernehmen. Miss Blackburn, deren Vergnügen an dem Dinner bereits ernstlich gestört war, nahm nicht vom Rebhuhn, und bemühte sich verzweifelt, den Blick ihres Schützlings zu fangen. Nur Mr. Beaumaris, der sich offenbar köstlich amüsierte, schien unberührt. Er antwortete gelassen: »Aber gewiß doch! Man hat seinen langen Arm, der Einfluß eines Dandy reicht weit.«
»Also wirklich?« fragte Arabella höflich.
»Aber natürlich, Ma’am! Man zerstört eine Karriere, indem man leicht die Brauen hochzieht, oder man erhebt jemand, der in die Gesellschaft zu gelangen wünscht, zu den höchsten Höhen des bon ton, indem man ihm eine Häuserzeile weit den Arm bietet.«
Miss Tallant empfand wohl, daß dies nur Neckerei war, aber die seltsame Lustigkeit, die sich ihrer bemächtigt hatte, ließ sie nun nicht mehr los, und sie zögerte nicht, mit einem so geübten Fechter die Klinge zu kreuzen. »Wenn ich also zum Beispiel den Ehrgeiz hätte, in der Gesellschaft eine Rolle zu spielen, dann wäre ohne Zweifel Ihr Einverständnis dazu unerläßlich?«
Mr. Beaumaris, der berühmte Fechter, erwiderte mit einem unerwarteten Gegenhieb. »Meine liebe Miss Tallant, Sie brauchen keineswegs einen Paß, um in jene Reihen zu gelangen, in denen die gesuchtesten Personen unserer Gesellschaft sitzen. Sogar ich wäre außerstande, den Anspruch einer Person zu entkräften, die – ich darf das doch offen aussprechen? – Ihr Gesicht, Ihre Figur und Ihr Vermögen hat.«
Arabella stieg die Röte in die Wangen; das Glas in der Hand, versuchte sie eine schalkhafte Miene zu zeigen, wirkte aber nur bezaubernd in ihrer Verlegenheit. Lord Fleetwood hatte inzwischen begriffen, daß sein Freund mit vollen Segeln in einen seiner routinierten Flirts steuerte; so warf er ihm einen ärgerlichen Blick zu, und tat sein möglichstes, die Aufmerksamkeit der erstrebenswerten Erbin wieder auf sich zu lenken. Das war ihm beinahe gelungen, als er durch ein Verhalten Broughs aus dem Gleichgewicht gedrängt wurde, das in der Geschichte ohne Vorbild dastand: zum zweiten Gang nämlich entfernte Brough das Champagnerglas und ersetzte es durch einen Becher, den er aus einer großen Karaffe füllte; und Seine Lordschaft hegte ernstlich den Verdacht, daß diese Karaffe Eislimonade enthielt. Ein Schluck genügte, um diese entsetzlichen Gedanken zu bestätigen und Seiner Lordschaft für den Augenblick die Sprache zu rauben. Mr. Beaumaris aber trank ohne erkennbaren Abscheu von dem widerwärtigen Gemisch und nahm die Gelegenheit wahr, Miss Tallant wieder ins Gespräch zu ziehen.
Arabella hatte mit Aufatmen bemerkt, wie man ihr das Weinglas fortnahm; sie hätte zwar um das liebe Leben nicht zugegeben, daß sie den Champagner ausgesprochen garstig fand, ganz davon abgesehen, daß er sie zum Niesen reizte. Jetzt nahm sie einen belebenden Schluck Limonade und stellte mit Befriedigung fest, daß offenbar in den vornehmsten Kreisen solch harmloses Getränk zum zweiten Gang serviert wurde. Miss Blackburn, die im haut ton besser Bescheid wußte, verstand nun gar nicht mehr, was sie von ihrem Gastgeber eigentlich halten sollte. Sie sah sich aus der
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