Die bezaubernde Arabella
Lakaien in Hemdärmeln, zweier kichernder Mägde und des Küchenjungen stattfand, wäre eines besseren Publikums würdig gewesen. Mr. Beaumaris, zum Beispiel, hätte daran die reinste Freude gehabt. Mr. Grimsby wußte sich der Sympathien der Dienerschaft sicher, und als er sah, daß die Angreiferin nur ein blutjunges Mädchen war, wechselte seine Taktik, zählte in aller Eile Jimmys mannigfache Vergehen auf und empfahl Arabella, dem Rotzjungen kein Wort zu glauben. Nur zu bald aber mußte er entdecken, daß Arabella, was ihr an Zollange fehlte, an Energie besaß. Sie riß seinen Charakter in Fetzen und bedrohte ihn mit allen Höllenstrafen; sie warf ihm Jimmys Brandwunden und Schrammen vor und hieß ihn sich rechtfertigen, wofern er den Mut dazu hätte. Diesen Mut hatte er nicht. Nie, so versicherte sie ihm, würde sie erlauben, daß Jimmy wieder in seine Hände fiel, und als er darauf seine unbestreitbaren Anrechte auf den Knaben geltend machte, sah sie ihn so durchbohrend an, daß er vor ihr zurückwich. Wenn da von Rechten die Rede wäre, so möge er sie vor der Behörde geltend machen: vor diesen drohenden Worten verließ ihn aller Kampfgeist. Das Mißgeschick, das seinen Freund Molys betroffen, stand noch frisch in seinem Gedächtnis, und mit ungerechten Gesetzen wollte er nicht gern zu tun haben. Eine junge Lady, die in einem solchen Hause wohnte, mochte Freunde haben, die, von ihr aufgestachelt, einem armen Schornsteinfeger das Leben verleiden konnten. Da war für einen vorsichtigen Mann der Rückzug die beste Strategie: Schornsteinfegerjungen waren leicht zu beschaffen, und Jimmy war kein Musterknabe gewesen. So drückte sich Mr. Grimsby, ängstlich gebückt, aus dem Hause und beschränkte sich auf die Erklärung, sie möge Jimmy ruhig behalten, er aber sei, was immer der undankbare Junge sagen mochte, zu ihm wie ein Vater gewesen.
Mit triumphgeröteten Wangen kehrte Arabella in ihr Zimmer zurück, wo sie Jimmy vorfand, der das Tablett abgeräumt hatte und nun nicht ohne Bangen der Säuberungsprozedur entgegensah. Ein geräumiges Waschschaff war vor den Kamin gestellt worden, und Becky leerte gerade den letzten von drei Messingeimern heißen Wassers hinein. Was immer Becky von Schornsteinfegerjungen halten mochte, für Arabella hegte sie eine sklavische Verehrung, und sie erklärte sich zu allem bereit, was die Miss von ihr verlangen mochte.
»Zunächst einmal muß ich ihn waschen und ihm Basilikumsalbe auf die Füße und die Beine auflegen. Dann muß man irgendwelche Kleider für ihn herbeischaffen. Becky, hast du eine Ahnung, wo man in London Kleider für einen Jungen auftreiben kann?«
Becky nickte, die Schürze zwischen den Fingern. Erst unlängst hatte sie für ihren Bruder Ben einen Anzug heimgeschickt, und Mutter war damit sehr zufrieden gewesen.
»Du hast kleine Brüder? Dann wirst du ja wissen, was man für diesen Knaben braucht. Eine warme Jacke, kurze Hose, ein Hemd, ja, und Schuhe und Strümpfe. Warte! Ich gebe dir Geld, lauf und hole unverzüglich die Sachen!«
»Wenn’s beliebt, Miss«, antwortete Becky mit Festigkeit, »so will ich Ihnen erst einmal helfen, ihn zu waschen.« Und sie fügte voll Voraussicht hinzu: »Dem sieht es ganz ähnlich, daß er sich Wehrt, Miss – der ist so etwas nicht gewöhnt.«
Und damit behielt sie recht. Jimmy wehrte sich wie ein Tiger gegen die angedrohte Gewalt, und er blieb gegen alle Lockungen und Beruhigungen taub. Doch die beiden jungen Mädchen hatten nicht umsonst mitgeholfen, ihre jungen Brüder aufzuziehen. Sie zerrten Jimmy aus seinen Kleidern, ohne auf sein Schluchzen und seine Proteste zu achten, tauchten den wild um sich Schlagenden in das Bad und säuberten erbarmungslos jedes Stückchen seiner abgemagerten kleinen Person.
Niemand durfte erwarten, daß Jimmys Wehgeheul nicht durch die Wände des Zimmers drang. Es war schrill und gelangte bis zu Lady Bridlingtons Ohren. Die gute Lady konnte nicht recht glauben, daß etwas Derartiges in ihrem Hause vorging, und so wollte sie eben läuten und Clara Crowle fragen, welches Kind da auf der Straße so schreie; da setzte das Geheul unvermittelt aus (Jimmy war aus dem Bad gehoben und in ein gewärmtes Tuch gehüllt worden), und sie ließ sich wieder in die Kissen sinken. Nicht lange nachher kam Miss Crowle mit dem Frühstückstablett und der überraschenden Nachricht ins Zimmer, Miss Arabella wäre wahnsinnig geworden, sie halte einen schmutzigen kleinen Jungen in ihrem Zimmer und wolle ihn nicht mehr
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