Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die bezaubernde Arabella

Die bezaubernde Arabella

Titel: Die bezaubernde Arabella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
Vom Netzwerk:
fortlassen, was immer man ihr auch vorhalte. Ihre Ladyschaft hatte kaum die wesentlichsten Punkte dieses Gerüchtes in ihr Bewußtsein aufgenommen, als Arabella selbst erschien. Dieser Besuch nötigte Miss Crowle, ihre Herrin mit Hirschhornsalz zu beleben und Pastillen zu verbrennen, denn ein Nervenschock von alarmierendem Ausmaß stand zu befürchten. Lady Bridlington war sich jetzt darüber im klaren, daß man von ihr nicht nur erwartete, sie sollte einen aus der Gosse aufgelesenen Knaben ins Haus nehmen, sondern überdies den früheren Meister dieses Knaben gerichtlich belangen. Arabella sprach vom Gesetz, von Behörden; sie zählte Grausamkeiten auf, die es Lady Bridlington fast unmöglich machten, den Kaffee zu sich zu nehmen; und sie äußerte, was Papa wohl in einem solchen Fall tun würde. Lady Bridlington gähnte und sagte mit schwacher Stimme: »Das kannst du doch nicht tun! Der Junge muß seinem Meister zurückgegeben werden. Du verstehst nichts von solchen Dingen.«
    »Kann ich nicht?« Arabellas Augen brannten. »Ich kann nicht? Ich bitte um Vergebung, aber in diesem Fall sind Sie es, die nichts von dieser Sache versteht! Wenn Sie die entsetzlichen Striemen auf dem Rücken des Kleinen gesehen hätten – und die Rippen, die fast durch die Haut stechen –, dann würden Sie nicht so sprechen.«
    »Gott behüte, Arabella!« wehrte die Patin ab. »Bring ihn mir nicht hierher! Wo ist Frederick? Meine Liebe, natürlich ist das, alles ganz schrecklich, und wir werden sehen, was sich tun läßt, aber warte doch, bitte, bis ich angekleidet bin. Clara, wo ist Seine Lordschaft?«
    »Seine Lordschaft, Mylady«, erwiderte Clara befriedigt, »hat das Frühstück eingenommen und ist in den Park geritten, wie es seine Gepflogenheit ist. Als der Kammerdiener Seiner Lordschaft die Bemerkung einfließen ließ, die Miss habe einen Kaminfegerjungen im Zimmer, hat Seine Lordschaft Anweisung gegeben, den Knaben sofort zu entfernen.«
    »Nun, das wird nicht geschehen«, sagte Arabella, die nun vor nichts mehr zurückschreckte.
    Das sah nun Frederick wieder ähnlich, auf solche Weise Befehle zu erteilen und andere dafür sorgen zu lassen, daß sie ausgeführt wurden! Lady Bridlington entschloß sich, alle weitere Diskussion aufzuschieben, bis er wieder zugegen wäre. Sie überredete Arabella wegzugehen, warf einen angewiderten Blick auf ihr Frühstückstablett und verlangte mit versagender Stimme nach ihrem Riechfläschchen.
    Als Lord Bridlington von seinem Morgenritt zurückkam, erfuhr er zu seinem Mißbehagen, daß mit dem Kaminfegerjungen weiter nichts geschehen war, davon abgesehen, daß die Miss eines der Stubenmädchen fortgeschickt hatte, um Kleider für den Burschen zu besorgen. Darüber sann er noch stirnrunzelnd nach, als Mama die Treppe herunterkam und ihm fast um den Hals fiel. »Gott sei Dank, daß du da bist!« ächzte sie. »Was hat dich nur dazu gebracht, mitten in diesem Trubel fortzugehen? Ich bin fassungslos. Jetzt will sie, daß ich den Buben als Page behalte.«
    Frederick geleitete sie in den Parterresalon und schloß dem interessiert lauschenden Kammerdiener die Tür vor der Nase zu. Nun wollte er eine Erklärung für den Vorfall, den er noch nicht begriff. Die Mutter war gerade dabei, ihm Bericht zu erstatten, als Arabella, den frisch gewaschenen und neu eingekleideten Jimmy an der Hand führend, eintrat.
    »Guten Morgen, Lord Bridlington. Ich bin so froh, daß Sie wieder da sind, denn Sie werden natürlich am besten entscheiden können, was ich mit dem Jimmy da anfange.«
    »Nun, das kann ich gewiß, Miss Tallant. Der Junge muß natürlich dorthin, wohin er gehört. Es war höchst unpassend, wenn Sie mir diese Bemerkung erlauben, zwischen ihn und seinen Meister zu treten.«
    Er begegnete einem Blick, der ihn aus der Fassung brachte. »Ich erlaube niemandem, Lord Bridlington, mir zu sagen, daß es unpassend ist, ein hilfloses Kind vor der Brutalität eines Scheusals zu beschützen.«
    »Nein, Liebstes, gewiß nicht«, beeilte sich Lady Bridlington zu vermitteln. »Frederick wollte nicht sagen – versteh doch, in diesen traurigen Fällen ist wirklich nichts zu tun. Das heißt… natürlich wird Frederick mit dem Mann sprechen, wird ihm gehörig die Leviten lesen.«
    »Wahrhaftig, Mama…«
    »Und Jimmy?« fragte Arabella. »Was soll aus ihm werden?«
    Seine Lordschaft betrachtete den Kandidaten für seine Protektion mit Widerwillen. Jimmy war gehörig geschrubbt worden, aber auch Wasser und Seife hatten

Weitere Kostenlose Bücher