Die Bibel für Eilige
der Erde
wenn du nur aufstehst
und es rückgängig machst
die erste falsche Antwort
auf die einzige Frage
auf die es ankommt steh auf
damit Kain sagt
damit er es sagen kann
Ich bin dein Hüter
Bruder
wie sollte ich nicht dein Hüter sein
Täglich steh auf
damit wir es vor uns haben
dies Ja ich bin hier
|70| ich
dein Bruder
Damit die Kinder Abels
sich nicht mehr fürchten
weil Kain nicht Kain wird
Ich schreibe dies
ich ein Kind Abels
und fürchte mich täglich
vor der Antwort
die Luft in meiner Lunge wird weniger
wie ich auf die Antwort warte
Abel steh auf
damit es anders anfängt
zwischen uns allen.
|71| Wenn einer sagen muss, was ist
Was die Propheten bewegt
Erich Fried setzt auf eindringliche Weise ins Bild, was ein Prophet ist:
Ein Prophet
Dieser Narr
erinnert sich
an die Zukunft
Mit seinem Auge
das verfinstert ist
vor der Nacht
Mit seinem Ohr
das nichts mehr hört
vor dem Schweigen
Mit seinem Hirn
das verbrennt
vor dem Feuer
Mit seinem Schrei
Die großen biblischen Propheten leiden an dem, was sie wissen, spüren, ahnen. Sie leiden an der Verweigerung von Einsicht
– Einsicht in das, was lebensbedrohlich und in das, was lebensfreundlich ist.
Das Volk und seine Oberen
wollen
nichts wissen; schließlich |72| sind sie so verblendet, dass sie nichts mehr erkennen. Die Selbstverdummung, die Denkverweigerung, die Hörunfähigkeit wird
zum Gericht. »Verstockungsbotschaft« nennt man das, und das hört sich so an:
Starret hin und werdet bestürzt,
seid verblendet und werdet blind!
Seid trunken, doch nicht vom Wein,
taumelt, doch nicht von starkem Getränk!
Denn der HERR hat über euch
einen Geist des tiefen Schlafs ausgegossen
und eure Augen – die Propheten – zugetan,
und eure Häupter – die Seher – hat er verhüllt.
Darum sind euch alle Offenbarungen wie die Worte eines versiegelten Buches, das man einem gibt, der lesen kann, und spricht:
Lies doch das! und er spricht: »Ich kann nicht, denn es ist versiegelt«; oder das man einem gibt, der nicht lesen kann, und
spricht: Lies doch das! Und er spricht: »Ich kann nicht lesen.«
Und der Herr sprach:
Weil dies Volk mir naht mit seinem Munde
und mit seinen Lippen mich ehrt,
aber ihr Herz fern von mir ist
und sie mich fürchten nur nach Menschengeboten,
die man sie lehrt,
darum will ich auch hinfort mit diesem Volk
wunderlich umgehen,
aufs wunderlichste und seltsamste,
dass die Weisheit seiner Weisen vergehe
und der Verstand seiner Klugen sich verbergen müsse.
Weh denen, die mit ihrem Plan
verborgen sein wollen vor dem HERRN
|73| und mit ihrem Tun im Finstern bleiben
und sprechen: Wer sieht uns, und wer kennt uns?
Wie kehrt ihr alles um!
Als ob der Ton dem Töpfer gleich wäre,
dass das Werk spräche von seinem Meister:
Er hat mich nicht gemacht!
und ein Bildwerk spräche von seinem Bildner:
Er versteht nichts!
Wohlan, es ist noch eine kleine Weile,
so soll der Libanon fruchtbares Land werden,
und was jetzt fruchtbares Land ist,
soll wie ein Wald werden.
Zu der Zeit werden die Tauben hören die Worte
des Buches,
und die Augen der Blinden werden aus
Dunkel und Finsternis sehen;
und die Elenden werden wieder Freude haben
am HERRN,
und die Ärmsten unter den Menschen werden
fröhlich sein in dem Heiligen Israels.
Denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen
und mit den Spöttern aus sein,
und es werden vertilgt werden alle, die darauf
aus sind, Unheil anzurichten,
welche die Leute schuldig sprechen vor Gericht
und stellen dem nach, der sie zurechtweist im Tor,
und beugen durch Lügen das Recht des
Unschuldigen.
Darum spricht der HERR, der Abraham erlöst hat, zum
Hause Jakob:
Jakob soll nicht mehr beschämt dastehen,
und sein Antlitz soll nicht mehr erblassen.
Denn wenn sie sehen werden die Werke meiner
|74| Hände – seine Kinder – in ihrer Mitte,
werden sie meinen Namen heiligen;
sie werden den Heiligen Jakobs heiligen
und den Gott Israels fürchten.
Und die, welche irren in ihrem Geist,
werden Verstand annehmen,
und die, welche murren,
werden sich belehren lassen.
(Jesaja 29,9–24)
Propheten verbrennen sich nicht ihre Zunge – das Wort selbst brennt auf ihrer Zunge. Sie beißen sich nicht auf die Lippen.
Sie lassen ihr Wort zu Worte kommen. Propheten brennen. Und sie brennen aus. Was sie sehen, zerreißt sie selbst. Sie sehen
mehr, und sie sehen weiter, und sie sehen tiefer. Sie spitzen zu – aber
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