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Die Bibel für Eilige

Titel: Die Bibel für Eilige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schorlemmer
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Bekehrung, wie es die Apostelgeschichte 9 erzählt, entspricht die Dramatik des Streites mit den Jerusalemer
     Juden-Christen, die meinten, auch die Christen müssten erst Juden werden durch Beschneidung, ehe sie Christen werden könnten,
     und müssten sich dem Gesetz Moses auch äußerlich unterwerfen. Paulus geht es nicht um äußere Zeichen, sondern um innere Veränderung.
     Er spricht gar von der »Beschneidung der Herzen«. Dann kommt es zum ersten Konzil – oder sagen wir: »Parteitag«, der mit einem
     Kompromiss endet. Sie entschließen sich, dass die gleiche Botschaft in unterschiedlicher Weise, also adressatenbezogen, weitergetragen
     wird. Man muss nicht über den Umweg eines gesetzestreuen Juden, der sogar deren Speisegebote einhält, zum Christen werden.
    Die Eintracht trügt; man geht sich aus dem Wege – man geht verschiedene Wege. Aber man weiß wenigstens, dass |192| man denselben Christus verkündigt, der
größer
ist als die Unterschiede der Gemeindetradition oder Kirchen.
    Paulus bleibt der Hinzugekommene, der Jesus, den Meister der zwölf Jünger, nicht leiblich erlebt hat und vielleicht gar keine
     Geschichte von ihm kennt. Aber das Leben Jesu interessiert ihn nicht; ihn interessiert der lebendige Christus, der zum befreienden
     Herrn für das Leben wird. Und so geht es ihm auch nicht um Imitatio Christi, nicht darum, so zu sein oder so zu leben wie
     dieser großartige Mensch, der Wanderprediger aus Nazareth, Wundertäter, Geschichtenerzähler, friedfertiger Mensch durch und
     durch, sondern darum,
in
ihm zu sein,
von
ihm bestimmt zu sein – befreit und verpflichtet, nicht verpflichtet und verängstigt!
    Lebenslang wehrt er sich gegen zwei Missverständnisse: erstens gegen das moralische. Christ würde man durch die Einhaltung
     einer bestimmten Summe moralischer Vorschriften, die mit einem abrechenbaren Ergebnis zu einem gnädigen göttlichen Richterspruch
     führt. Dagegen hält er: Der Mensch ist
vor
allem in seinem Tun ein ›Begnadeter‹ und soll als ›Begnadeter‹ nun handeln, aber: mit einer freien Sicht auf die Dinge, wissend,
     dass er nicht schuldlos leben kann, aber Schuld abladen kann, sich nicht rechtfertigen muss.
    Und das zweite Missverständnis ist das religiöse, gegen das er sich wehrt. Der Mensch könne durch Riten, durch das Befolgen
     diverser religiöser Vorschriften – wie Beschneidung, Speisegebote oder irgendwelche Opfer – Gott nahe kommen. Ihm geht es
     um den Existenzwechsel, um die Veränderung, ja die Erneuerung des Denkens, um eine Befreiung der ganzen Person und nicht um
     religiöse Verengung oder Überhöhung des Religiösen.
    Er hält konsequent am Monotheismus fest: Das Subjekt ist Gott, der seinen Sohn gesandt hat, der
in
ihm und
durch
ihn wirkt,
in
der Kraft seines Geistes weiterwirkt. Dieser |193| Geist ist der von Christus bestimmte Geist, der Menschen kräftigt, gründet, ergreift, erfüllt, verwandelt.
    Es scheint, als ob er aus Konflikten überhaupt nicht herauskommt: ob um seine eigene Person, ob im fortgesetzten Rangstreit
     der Jünger, der besonders vom Petrus-Kreis in Jerusalem ausgeht, ob um die Frage nach der jüdischen Abkunft (ob also die Christengemeinde
     nur eine Spielart des
Judentums
ist, oder ob in Christus nicht
alle Völker
erlöst werden – also in Christus der kosmische Erlösungswillen Gottes begegnet). Er hat zu kämpfen mit den Dionysoskulten,
     mit den Gnostikern (wir würden heute sagen: Esoterikern), mit den Geistverzückten (vergleichbar den Pfingstlern), mit den
     Traditionalisten (wir würden sagen: Nostalgikern und jeglichen Verklärern der Vergangenheit). Und er ist ein Unruhestifter,
     der der römischen Administration stets ein Dorn im Auge ist.
    Verpetzt von den Juden an die Römer, wird ihm der Prozess gemacht, jahrelang.
    Seine Person muss eine hohe Faszinationskraft gehabt haben, die gar dazu führt, dass ein Gelähmter wieder gehen kann und die
     Leute nun sogleich ihn und seinen Gefährten Barnabas als »Merkur und Jupiter« anbeten wollen. (Wie viele sind in solchen Fällen
     davor gefeit, solches Ansinnen anzunehmen? Wer ist schon bereit, wenn er Macht ausüben und ausbauen kann, Huldigungen und
     Schmeicheleien zurückzuweisen?)
    Und als er eine Frau von einem Wahrsagegeist befreit, macht er sich sofort diejenigen zu Feinden, die an dem Wahrsagegeist
     einer besessenen Frau ihr Geld verdienen. Er und seine Begleiter werden sofort denunziert: Sie würden Aufruhr in die Stadt
     bringen, also die

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