Die Bibel für Eilige
uns selbst zugute. Der andere Weg hat sich totgelaufen
und eröffnet kein neues Leben.
|238| Was Gott mit uns angefangen hat, dürfen wir getrost und mutig fortsetzen.
Gewinn und Verlust
»Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?«
(Matthäus 16,26)
Mit jungen Leuten aus Leuna habe ich diesen Satz vor 25 Jahren durchbuchstabiert. Jeder sollte heute bedenken, was für ihn
Schaden an der Seele bedeutet und was trügerischer Gewinn.
Was nützt dir ein berufliches Weiterkommen,
wenn du als Mensch nicht weiterkommst?
Was nützt dir dein Studium,
wenn du darüber versäumst, dich selber zu studieren?
Was nützen dir viele Kumpels,
wenn du keinen Freund hast?
Was nützt dir alles Wissen,
wenn du dabei ein kalter Mensch geworden?
Was nützt dir alle Schönheit,
wenn nur deine Schönheit bewundert wird?
Was nützt dir aller Reichtum,
wenn du nicht mehr staunen kannst?
Was nützt es dir,
wenn deine Eltern dich mit allem versorgen, aber kein Verständnis und keine Zeit für dich haben?
Was nützt uns ein gigantisches Chemiewerk,
wenn ringsum Welt und Menschen grau sind?
Was nützen uns komfortable Wohnungen,
wenn wir unseren Nachbarn nicht mehr kennen?
Was nützen uns große Neubaugebiete,
wenn sie ohne Poesie sind?
|239| Was nützen uns renovierte Kirchen,
wenn wir dort nicht Geborgenheit und Gemeinschaft finden können?
Was nützen uns unsere Glaubensüberzeugungen,
wenn sie uns und andere nicht frei machen?
Was nützen uns alle klugen Gedanken der Welt,
wenn wir nicht den Mut und die Kraft haben, sie durchzusetzen?
Was nützt uns alles Wissen über Gott und die Menschen,
wenn wir nicht LIEBE haben? 18
|240| Texte
Einschärfen, worauf es ankommt
Deuteronomium 4,1–2.9–13
Immer wieder, immer neu die Einschärfung auf die Grundorientierung des Lebens, die ER dem Volk gegeben hat. Was gelehrt wird,
annehmen
und
tun
, um im ererbten Land
leben
zu können. Gottes Weisungen sind lebensdienliche Orientierungen. An den Grundlagen dieser Weisung soll nichts geändert, nichts
hinzugefügt und nichts gestrichen werden. (Das soll gewissermaßen so gelten wie Artikel 1–20 des Grundgesetzes!) Die Weisungen
dienen dazu, das Land in einer glückenden Ordnung und in einem geordneten Glück zu besiedeln. Keine Klauseln sollen eingefügt
werden. Es soll nichts korrigiert und nichts addiert, nichts verschärft und nichts relativiert, nichts verkürzt und nichts
ausgeweitet werden. Was gilt, soll auch gelten. Das Bewährte ist das Bewahrenswerte – und das erweist sich als das Nützliche.
Und die Geschichte soll erzählt werden, aus der heraus solche Weisung gekommen ist: die Erinnerung wach halten, die Seele
vor dem Vergessen bewahren. Die Geschichten, die die Seele stärken und weiten, verinnerlichen. Geschichte und Geschichten
weitererzählen. Das ist Traditionspflege um der Zukunft willen. Durchs Erzählen wird Kindern und Kindeskindern vermittelt,
was einmal war, damit es in der jeweiligen Gegenwart lebendig, »vergegenwär tigt « wird. So kommt es zum Zusammenfallen der Zeit in der »Vergegenkunft«. So kann sich ein Volk böse Erfahrungen ersparen, indem
es durchlebt und durchleidet, was einmal geschehen ist; Erinnerung als Immunisierung gegenüber neuer Verfehlung. Traditionsvermittlung
wird selber |241| ein Grundgebot: mündliches Erzählen, Aug in Auge, als Einschärfung.
»Vor versammelter Mannschaft« soll gesagt werden, worauf es ankommt: auf Worte, die über den Tag hinaus gelten. Worte, die
ein für alle mal und für alle gelten, die in jeder Lage etwas Orientierendes sagen: wo man sie auf ihre lebensförderliche
Grundsubstanz abhört, wo sich das Allgemeine im Konkreten bewahrheitet und bewährt. Es ist die Erinnerung an den aus dem Feuer
redenden Gott, der das Menschenantlitz erleuchtet, alle erstrahlen lässt, die im Dunkeln stehen und sich im Feuer spiegeln.
Aus dem Feuer kommt DAS WORT; aus bedrohlichem Dunkel heraus erscheinen Licht und Wahrheit, wird hörbar die Stimme des unsichtbaren
Gottes. ER hat keine Bilder und braucht keine Bilder. Die »Zehn-Wort-Rede« (Martin Buber) ist geschrieben auf steinerner Tafel
– Symbol für das Unauslöschliche. Aber nicht die Steine sind das Fundament, sondern die Worte, die in Stein gemeißelt sind,
Worte, die fortan eingemeißelt werden in die Herzen der Menschen. Nicht mit den Augen, sondern mit den Ohren wird geglaubt:
SEIN Wort
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